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Therapie bei Vorhofflimmern: Mit Medikamenten zurück in den Takt

Moderne Vorhofflimmern-Behandlung stellt individuelle Bedürfnisse der Patienten in den Vordergrund

Vorhofflimmern ist eine häufige und leider auch häufig wiederkehrende Rhythmusstörung. Daher ist die Behandlung auch immer längerfristig ausgerichtet. Heute bietet die Medizin individuell zugeschnittene Lösungen, um schweren Folgen dieser Herzrhythmusstörung vorzubeugen und zu verhindern, dass Vorhofflimmern zu einem Dauerproblem wird. Man spricht dann von einem persistierenden oder chronischen Vorhofflimmern. Eine Behandlungsoption sind dabei Medikamente, die den Puls entschleunigen und den Herzschlag wieder in den normalen Takt bringen, die sogenannten Antiarrhythmika. Sie helfen, die mit dem Vorhofflimmern verbundenen Symptome und Beschwerden zu minimieren, wozu auch die oft eingeschränkte Leistungsfähigkeit gehört.

Behandlung der Grunderkrankung

Ein Großteil der Patienten mit Vorhofflimmern hat gleichzeitig Bluthochdruck oder es besteht bereits eine andere Herzerkrankung. Die erste Maßnahme bei Vorhofflimmern ist daher die konsequente Behandlung von bestehenden Grunderkrankungen. So sollte der Blutdruck auf normale Werte gesenkt werden und zum Beispiel eine koronare Herzerkrankung, eine Schilddrüsenüberfunktion oder ein Diabetes mellitus abgeklärt und gut behandelt werden. Zwar verschwindet das Vorhofflimmern dadurch meist nicht vollständig, aber die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung durch spezifische Medikamente steigen.

Welche Herzmedikamente helfen gegen Vorhofflimmern?

Die Symptome, mit denen sich Vorhofflimmern äußert, können sehr unterschiedlich sein. Die Bandbreite reicht von beschwerdefreien (asymptomatischen) Verlaufsformen über ein als unangenehm empfundenes Herzstolpern bis hin zu ausgeprägten Symptomen mit Panikzuständen, Beklemmungen oder Luftnot.  Zur Kontrolle der Symptome und zur Besserung der meist ebenfalls eingeschränkten Leistungsfähigkeit dienen grundsätzlich zwei medikamentöse Therapieansätze: die „Rhythmuskontrolle“ und/oder die „Frequenzkontrolle“.

Medikamente zur Herzfrequenzkontrolle (Senkung)

Hierzu stehen insbesondere die folgenden Substanzgruppen zur Verfügung:

  • Betablocker
  • Calciumantagonisten
  • Herzglykoside

Die Frequenzkontrolle zielt darauf ab, die schnelle Schlagfolge (Frequenz) des Herzens zu bremsen, sodass die Herzfrequenz bei körperlicher Ruhe möglichst unter 90 Schlägen pro Minute liegt (normal sind in Ruhe 60 bis 80 Schläge pro Minute). In der Regel erfolgt die Frequenzkontrolle mit Medikamenten, die den schnellen Herzschlag verlangsamen, beispielsweise Betablocker wie Bisoprolol und Metoprolol oder Kalziumkanalblocker wie Verapamil und Herzglykoside (Digoxin, Digitoxin). Die bei Vorhofflimmern grundsätzliche Unregelmäßigkeit des Herzschlags bleibt bei der Frequenzkontrolle bestehen.

Medikamente zur Rhythmuskontrolle (Stabilisierung)

Hierzu stehen insbesondere die folgenden Antiarrhythmika zur Verfügung:

  • Flecainid
  • Propafenon
  • Amiodaron
  • Dronedaron

Die Rhythmuskontrolle zielt darauf, den „Sinusrhythmus“, den normalen Herzrhythmus, wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten. Hier reichen Betablocker alleine nicht aus. Sie werden oft mit Wirkstoffen wie Flecainid und Propafenon (Klasse-I-Antiarrhythmika) und im Verlauf auch Amiodaron (Klasse-III-Antiarrhythmikum) kombiniert. Lange Zeit galten hierbei Rhythmus- und Frequenzkontrolle als gleichwertige Therapiestrategien. In jüngster Zeit zeichnet sich aber für manche Patienten ein Vorteil einer frühen Rhythmuskontrolle ab.

Wann werden Antiarrhythmika eingesetzt?

Antiarrhythmika werden bei Vorhofflimmern eingesetzt, um das Herz wieder in den normalen Herzrhythmus zu versetzen, den Sinusrhythmus. Bei dieser sogenannten medikamentösen Kardioversion wird ein Antiarrhythmikum unter ärztlicher Aufsicht als Tablette oder Infusion verabreicht. Je nachdem, wie lange das Vorhofflimmern bereits bestanden hat, kann damit bei vielen Patienten innerhalb von Minuten bis Stunden ein „Umspringen“ des Vorhofflimmerns in den normalen Herzrhythmus erreicht werden.

Eine Sonderform der medikamentösen Kardioversion ist die „Pill-in-the-Pocket“-Strategie. Hier nehmen Patienten, die nur gelegentlich, wenige Male im Jahr, an symptomatischem Vorhofflimmern leiden, ein Antiarrhythmikum selbstständig und ohne ärztliche Aufsicht ein, sobald Beschwerden auftreten.

Antiarrhythmika werden oft auch nach einer erfolgreichen Kardioversion weiter verordnet, um den normalen Herzrhythmus aufrecht zu erhalten. Gerade bei anfallsartigem Vorhofflimmern (paroxysmales Vorhofflimmern) werden sie genutzt, um erneutes Vorhofflimmern möglichst zu verhindern.

Was ist eine Kardioversion?

Die medizinische Maßnahme zur Überführung des Vorhofflimmerns in den normalen Herzrhythmus wird „Kardioversion“ genannt. Die Rückführung kann als sogenannte elektrische Kardioversion erfolgen, oder sie kann mit Medikamenten (Antiarrhythmika) erreicht werden. Zur elektrischen Kardioversion wird während einer kurzen Narkose ein Stromstoß durch das Herz geleitet. Damit lässt sich die unregelmäßige Aktivität der Herzmuskelzellen synchronisieren. Die elektrische Kardioversion kann das Vorhofflimmern meist schnell beenden.

Nebenwirkungen der Antiarrhythmika nicht unterschätzen

Dem günstigen Effekt von Antiarrhythmika auf den Erhalt des Sinusrhythmus stehen nicht häufige, aber teils gravierende Nebenwirkungen gegenüber, die es vielen Patienten und Patientinnen erschweren, die Medikamente dauerhaft einzunehmen. So kann es unter Flecainid und Propafenon (bei weniger als 1 % der Patienten) zu Vorhofflattern oder anhaltenden Kammertachykardien kommen. Unangenehm in der Dauertherapie sind zudem Nebenwirkungen wie Magenunverträglichkeit, Kopfschmerzen sowie Schlaflosigkeit und Unruhe.

Amiodaron, das wirksamste Antiarrhythmikum, hat (ähnlich wie Dronedaron) den Vorteil, dass es während einer Vorhofflimmernattacke zusätzlich die Herzfrequenz mindert. Die Substanz verstärkt auch nur selten andere Herzrhythmusstörungen. Dafür muss auf mögliche Sehstörungen oder Nebenwirkungen an Schilddrüse und Leber geachtet werden. Es kann zudem zu Schäden des peripheren Nervensystems kommen (Neuropathien) und – sehr selten – zu einer Lungenschädigung. Unangenehm ist, dass die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöht wird.

Die Einnahme von Antiarrhythmika sollte generell alle drei Monate durch den Arzt kontrolliert werden. Hauptproblem dieser Behandlungsstrategie ist, dass bei vielen Patienten mit der Zeit die Wirkung der Medikation abnimmt, die Vorhofflimmern-Episoden z.B. häufiger und anhaltender auftreten. Gleichzeitig nehmen oft die Nebenwirkungen zu. Spätestens wenn die ungünstigen Effekte den Nutzen zu überlagern drohen, wird der Arzt Behandlungsalternativen vorschlagen, etwa eine Katheterablation.

Ablation statt Antiarrhythmika?

Einen längerfristigen Erfolg zur Rhythmuskontrolle verspricht in vielen Fällen die Katheterablation, auch “Pulmonalvenen-Isolation” genannt. Viele Studien konnten in den vergangenen Jahren zeigen, dass dem Vorhofflimmern – vor allem in seinen Anfangsstadien – unkontrollierte elektrische Erregungen zugrunde liegen, die einem Bereich entstammen, wo die Lungenvenen direkt an den Herzvorhof anschließen. Die elektrischen Fehlreize lassen sich beenden, indem man die Erregungsleitung aus diesem Lungenvenenbereich vom Vorhof isoliert. Dazu führt der behandelnde Arzt meist über die Leistenvene einen millimeterdünnen Schlauch mit mehreren Sonden (Katheter) in das Herz ein und zerstört gezielt die Zellen, die das Vorhofflimmern auslösen. Dies geschieht meist mittels Hochfrequenzstrom oder Kälte.

Schlaganfall vorbeugen mit Gerinnungshemmer

Bei Vorhofflimmern ziehen sich die Vorhöfe nicht mehr koordiniert zusammen, daher fließt das Blut in den Vorhöfen langsamer. Es bilden sich dadurch leichter Blutgerinnsel. Viele Patienten erhalten daher zusätzlich zu den Antiarrhythmika Blutgerinnungshemmer (Antikoagulanzien) zum Schutz vor einem Schlaganfall, dem größten Risiko bei Vorhofflimmern.

Neues zu Vorhofflimmern

Eine zusätzliche Analyse der Studie EAST-AFNET-4, die auf dem Kongress der europäischen Kardiologen 2021 (ESC) vorgestellt wurde, hat ergeben, dass auch Patienten mit Vorhofflimmern, die keine Symptome haben, von einer frühen Rhythmustherapie (vorwiegend mit Medikamenten) profitieren. Eine rhythmuserhaltende Therapie wurde bislang nur für symptomatische Patienten als empfehlenswert erachtet. Außerdem bestätigten Daten der ACTIVE-AF-Studie, dass offenbar ein spezielles Sportprogramm – ähnlich wie bei Herzinsuffizienz – auch Patienten mit Vorhofflimmern so gut helfen kann, dass einige ihre Arrhythmie sogar allein durch körperliche Aktivität kontrollieren können, ohne dass Medikamente oder eine Ablation nötig sind.

Experte

Prof. Dr. Lars Eckardt
Bild von Prof. Lars Eckardt

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konstantin yuganov

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