Immer häufiger werden im Internet und teilweise auch von Lebensmittelgeschäften so genannte halbautomatische Defibrillatoren zum Schutz vor dem plötzlichen Herztod als angeblich sinnvolle Anschaffung für die eigene Wohnung angepriesen. Ob eine solche Geldausgabe tatsächlich zu empfehlen ist, beantwortet die Deutsche Herzstiftung aktuell in ihrer regelmäßig stattfindenden Sprechstunde.
Experten-Antwort:
Für den plötzlichen Herztod ist am häufigsten Kammerflimmern verantwortlich, das nur durch einen Elektroschock gestoppt werden kann. Da der Elektroschock allerdings sofort und ohne Zeitverlust erfolgen muss, kommt der Notarzt fast immer zu spät. Aus diesem Grund existieren in Deutschland bereits mehrere Frühdefibrillationsprojekte, bei denen Einrichtungen wie zum Beispiel der Frankfurter Flughafen flächendeckend mit halbautomatischen Defibrillatoren ausgestattet wurden und Mitarbeiter vor Ort eine Schulung sowohl im Umgang mit den Geräten als auch in Erste-Hilfe-Maßnahmen erhalten haben.
Dass sich mit diesem Konzept tatsächlich Menschen vor dem plötzlichen Herztod erfolgreich schützen lassen, wurde schon vor mehreren Jahren in Studien nachgewiesen. Allerdings gilt dies nur für Orte, an denen sich viele Menschen mit einem erhöhten Risiko für einen plötzlichen Herztod gleichzeitig aufhalten, wie zum Beispiel auf Flughäfen oder in Spielkasinos
Keine Empfehlung ohne ausreichende Studienlage
Ob solche Geräte auch für zu Hause eine sinnvolle Anschaffung darstellen, ist dagegen völlig offen. Unklar ist zum Beispiel, ob die Defibrillatoren bei einem drohenden plötzlichen Herztod in der privaten Wohnung nicht eher dazu beitragen, dass es zu Verzögerungen bei der Notarztalarmierung kommt oder die Herzdruckmassage und Beatmung vernachlässigt werden, die bei solch einem Notfall ebenfalls enorm wichtig sind.
Solange diese Fragen nicht ausreichend in Studien beantwortet sind, kann die private Anschaffung eines solchen Defibrillators nicht generell empfohlen werden. Wer dennoch glaubt, ein solches Gerät für zu Hause kaufen zu müssen, sollte vorher mit seinem Arzt bzw. Kardiologen Rücksprache halten, ob diese Geldausgabe in der jeweiligen Situation tatsächlich sinnvoll ist.
Experte
Prof. Dr. med. Hans-Jürgen Becker, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V. und Ehrenmitglied des Vorstands der Deutschen Herzstiftung e. V.
Für jemanden, der/die ein hohes Risiko haben, ist ein Defi zu Hause evtl. sinnvoll. Ich habe einen Defi implantiert - mit dem fühle ich mich sehr viel sicherer.
In Deutschland sind die öffentlich zugänglichen Gefibrillatoren schlecht gekennzeichnet.
In anderen Ländern gibt es an jeder Straßenkreuzung grüne Hinweisschilder, welche zum nächsten Defi zeigen. Ich habe in einer Stadt gelebt, in der ca. 30 Defi`s vorhanden sind, aber höchstens 3 waren wenigen Menschen bekannt - schlechtes Bild für Deutschland.
Vielleicht wäre es sinnvoll alle vorhandenen Defis in einer Internetseite zu listen.
Damit könnte jeder der internetzugriff, auch unterwegs, schnell zum nächsgelegenen Gerät gelangen.
Wir stehen uns ja meistens selbst mit unserem Datenschutz im Wege!
Wenn z.B. ein Defi verkauft wird, könnte der Händler gleich den Standort in eine Karte eingeben, wenn es ihm der Käufer erlaubt. (Datenschutz, i know)
LG
Klaus Pemöller
Es gilt die Grundregel: "phone first", d.h. der Notarzt wird auf jeden Fall zuerst alarmiert werden müssen. Dabei ist es gleichgültig, ob ein AED im Haus ist oder nicht. Daher ist bei bestimmten Patientengruppen die Bereitstellung eines Defibrillators mindestens so sinnvoll, wie die Bereitstellung eines Feuerlöschers im Haus oder eines Verbandkastens im Auto.
Sehr geehrter Herr Prof. Frank,
wir bauen in DE seit rund 40 Jahren Defibrillatoren. Zur Zeit stellt sich die Frage, ob ein AED mit Video-Internetanschluss im Heimgebrauch Sinn macht. Bei einem Notfall wäre visuell und life der professionelle Helfer 24/7 online bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes hilfeleistend an der Seite des Helfers. Der Helfer sieht den Zertralisten und das könnte die Rettungsleitstelle leisten aus unserer Sicht. Hier kommt für Risikopatienten der Home-AED auf Rezept erstmalig in sinnvoller technischer Ausstattung aus unserer Sicht. Mir wäre an Ihrer Meinung zu diesem Thema gelegen. Mit freundlichen Grüßen, Gerd Lerbinger
Hallo Herr Gerd Lerbinger und Hallo Dr. Frank,
wir freuen uns über Ihre Kommentare zu diesem wichtigen Thema und unterstützen einen Austausch. Leider können wir an dieser Stelle keine Kontaktdaten veröffentlichen. Gerne leite ich bei Interesse die Kontaktdaten per E-Mail weiter. Bitte melden Sie sich doch einfach bei online@herzstiftung.de.
Viele Grüße
Ihre Deutsche Herzstiftung
Wenn man Ratschläge gibt,dann sollten diese schon umfassender sein.Es ist doch sinnvoll so ein Gerät zu Hause zu haben.z.B.wenn man auf dem Lande wohnt,wo der Arzt oder Notdienst in der Regel schon 20-30Minuten benötigt um Anwesend zu sein!Aber mit dem Gerät sollte automatisch auch eine Erste Hilfe Schulung verpflichtend sein--vom Anbieter!
Selbst in Ballungszentren benötigt der Notarzt mindestens 10 Min. Bei Kammerflimmern schon zu spät.
Meine Frau hatte einen Herzinfarkt. Ausgelöst wurde dieser durch ihre KHK. Werde mit dem Arzt im Krankenhaus und mit meinem Hausarzt über die Anschaffung eines Defibrillators sprechen.
Der Hinweis auf die sofortige Alarmierung des Rettungsdienstes und der sofortige Beginn der Reanimation ist die Wirkungsvollste Maßnahme gegen den plötzlichen Herztod. Daher halte ich die Schulung und Förderung der breiten Masse für vorrangig. Zudem sollten sich gut ausgebildete Laien als auch medizinisch vorgebildete Personen in Projekten wie mobile Retter einbringen um die therapiefreie Zeit so kurz wie möglich zu halten. Ich selbst halte in meiner Praxis einen AED vor und führe regelmäßig Schulungen für die Mitarbeiter durch. Damit sinkt die Angst vor einem plötzlichen Notfall und die Zeit bis zum Handeln. Was häufig nicht bedacht wird ist die regelmäßige Wartung der AED Geräte (Batterie und Elektroden). Denn nur ein funktionierender Defi kann Leben retten.
Wer sich vor dem Risoko des plötzlichen Herztods zuhause schützen möchte, der kann und muss einen Defi erwerben und es ausprobieren. Hat er keinen zuhause, wenn er ihn braucht, hat schon verloren. Hat er einen Defi vor Ort und ist nicht alleine(!), so wird die Überlebenschance deutlich höher sein (75%?). Statistisch gesehen ist das Geld schlecht angelegt, denn bei jedem von uns Zuhause sind extrem wenige Menschen mit Risiko vorhanden, mehr sind auf Flughäfen und Bahnhöfen, das ist klar, aber zuhause bin erst mal ich(!) und egal welches statistische Risiko ich habe (und nicht kenne bis ich tot bin) - ich will nicht tot sein!!! Somit reduziere ich mein Risiko, hoffe darauf, dass jemand da ist, wenn ich ihn oder sie brauche und kaufe einen Defi für daheim. Sicher werden dadurch die Preise für Defis auch sinken, wenn es viele gleich tun.