Vor einiger Zeit tauchte in der medizinischen Sprechstunde der Deutschen Herzstiftung die Frage auf, wie sich Alkohol auf den Blutdruck auswirkt. Hier die ausführliche Antwort des Herzspezialisten Prof. Dr. med. Dieter Klaus vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.
Die Sprechstunden-Frage im Wortlaut:
In medizinischen und ernährungswissenschaftlichen Fachbüchern lese ich, dass Alkohol den Blutdruck erhöht. An anderer Stelle ist wiederum zu lesen, dass Alkohol die Gefäße erweitert (daher Hitzegefühle). Wenn die Gefäße erweitert werden, sinkt der Blutdruck. Das habe ich als Krankenschwester gelernt. Was stimmt denn nun? Können Sie erklären, auf welchem Weg Alkohol den Blutdruck erhöht? (Simona S., Sachsen-Anhalt)
Experten-Antwort:
Kurzfristig erweitert Alkohol in der Tat die Blutgefäße, wobei vorwiegend die Gefäße der Gesichtshaut betroffen sind, was die Rötung des Gesichts (Flush) beim Trinken von Alkohol erklärt. Wie sich Alkohol bei einem Menschen auf den Blutdruck auswirkt, hängt allerdings von verschiedenen Faktoren ab:
Beobachtungen zeigen, dass z. B. bei seelischer Erregung (Ärger usw.) und gleichzeitigem Trinken von Alkohol der Blutdruck mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ansteigt, ebenso wenn zum Alkohol geraucht wird. In solchen Situationen übertreffen die blutdruckerhöhenden Effekte des Alkohols (siehe unten) dessen blutdrucksenkende Effekte, die durch die Erweiterung von Hautgefäßen zustande kommen.
Alkohol: Ab welcher Menge steigt der Blutdruck?
Auch die Menge des konsumierten Alkohols spielt eine Rolle. Beim Mann steigt der Blutdruck meist ab etwa 30 g Alkohol an und bei Frauen bereits ab ca. 20 g Alkohol.
Wie stark steigt der Blutdruck beim Trinken von Alkohol?
Das Ausmaß des Blutdruckanstiegs beim Trinken von Alkohol ist individuell unterschiedlich. Teilweise handelt es sich um eine Zunahme von bis zu 7 mmHg des oberen Wertes (systolisch) und 5 mmHg des unteren Wertes (diastolisch). Beim Mann sind die Anstiege des Blutdrucks stärker als bei der Frau und bei Rauchern stärker als bei Nichtrauchern.
Was ist die Ursache des Blutdruck-Anstiegs unter Alkohol?
Als Ursache für den Blutdruckanstieg durch Alkohol werden verschiedene, noch nicht ganz genau geklärte Mechanismen verantwortlich gemacht. Wesentlich ist eine über das Zwischenhirn ausgelöste Steigerung der so genannten Sympathikus-Aktivität, die zu einer erhöhten Ausschüttung blutdrucksteigernder Hormone führt, was z. B. eine Erhöhung der Herzfrequenz zur Folge haben kann.
Bei regelmäßigem Konsum überhöhter Alkoholmengen über einen längeren Zeitraum kommen zusätzlich weitere Mechanismen in Betracht – z. B. eine Gewichtszunahme durch die erhöhte Kalorienzufuhr (Gewichtszunahme erhöht den Blutdruck) und eine damit oft verbundene gesteigerte Kochsalzaufnahme.
Wie viel Alkohol ist erlaubt?
Der regelmäßige Konsum von großen Mengen Alkohol erhöht langfristig das Risiko für die Entwicklung eines dauerhaften Bluthochdrucks, weshalb die Reduktion des Alkoholkonsums zu den wichtigen Lebensstilmaßnahmen bei Bluthochdruck gehört. Da es keine risikofreie oder risikoarme Alkoholmenge gibt, ist es am gesündesten, gar keinen Alkohol zu trinken. Wer dennoch auf Alkohol nicht gänzlich verzichten mag, sollte ihn zumindest selten (wenigstens zwei Tage ohne) und nur in kleinen Mengen (z.B. ein Glas Wein) konsumieren. Rauschtrinken sollte generell vermieden werden.
Wichtig:
Bei Menschen mit einem Bluthochdruck wird wegen der Möglichkeit ungünstiger Effekte auf den Blutdruck und auf andere Organe (Leber, Bauchspeicheldrüse) bzw. auf die Karzinomentstehung von regelmäßigem Alkoholkonsum abgeraten. Das gilt übrigens auch trotz älterer Beobachtungen, wonach kleine Mengen Alkohol das Risiko für die koronare Herzkrankheit bzw. für Herzinfarkte herabsetzt. Diese werden inzwischen angezweifelt, im Vordergrund steht die Erkenntnis, dass schon kleine Mengen Alkohol Zellen und Organe schädigen können.
Experte
Prof. Dr. med. Dieter Klaus, Herzspezialist und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Zu seinen medizinischen Schwerpunkten zählt u. a. das Thema Bluthochdruck und Herzerkrankungen.