Was ist ein angeborener Herzfehler?
Ein Herzfehler ist eine angeborene (kongenitale) Fehlbildung des Herzens bzw. seiner Gefäße. Dazu gehören vor allem Defekte der Herzscheidewand, Erkrankungen von Herzklappen oder fehlerhafte Gefäßverbindungen. Herzfehler sind die häufigsten angeborenen Organfehlbildungen des Menschen, deren Erscheinungsformen sich stark voneinander unterscheiden, nicht nur von der Art der Fehlbildung, sondern auch vom Schweregrad.
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Wie funktioniert das Herz?
Das Herz besteht aus vier Hauptkammern: den Vorhöfen (Atrien) und den Herzkammern (Ventrikeln). Die Vorhöfe sammeln Blut aus dem Körper- und Lungenkreislauf. Die Hohlvenen transportieren sauerstoffarmes Blut zum rechten Vorhof, während sauerstoffreiches Blut aus den Lungenvenen in den linken Vorhof gelangt. Die Vorhöfe fungieren als Sammelbecken und leiten das Blut in die Herzkammern weiter. Der rechte Vorhof führt sauerstoffarmes Blut in die rechte Herzkammer, der linke Vorhof sauerstoffreiches Blut in die linke Herzkammer. Rhythmische Kontraktionen des Herzens pumpen das Blut aus den Herzkammern in den Körper- und Lungenkreislauf. Dieser Kreislauf verteilt Sauerstoff und Nährstoffe im gesamten Körper. Mehr Infos zum Herz finden Sie hier.
Wird bei einem Kind ein Herzfehler diagnostiziert, fragen sich gerade Eltern oft, wie es dazu kommen konnte. Eine Antwort auf diese Frage kann in den meisten Fällen nicht eindeutig gegeben werden. Dies liegt unter anderem daran, dass ein Faktor zu unterschiedlichen Herzfehlern führen kann oder ein Herzfehler verschiedene Ursachen haben kann. Bei der embryonalen Herzentwicklung kann es zu verschiedenen Störungen kommen. So können mögliche Gründe für eine Herzfehlbildung in der Embryonalzeit beispielsweise Einzelgendefekte, abweichende Anzahl der Chromosomen, Veränderungen des Blutflusses durch das Herz hindurch oder Veränderungen der Fruchtwasserbewegungen um das Herz herum sein. Hinzu kommen mütterliche Ursachen wie beispielsweise chronische Krankheiten, akute Krankheiten während der Schwangerschaft, Medikamenten- oder Alkohol- und Drogenkonsum sowie genetische Prädispositionen.
Die Prävalenz (Häufigkeit) angeborener Herzfehler liegt bei etwa 1,1 % der Lebendgeborenen (1) und gehört damit zu den häufigsten angeborenen Organfehlbildungen. Somit sind 2021 Schätzungen zufolge etwa 8.750 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt gekommen. Das sind etwa 24 Kinder pro Tag. Heute erreichen etwa 95 % der Kinder mit einem angeborenen Herzfehler das Erwachsenenalter, sodass derzeit über 350.000 Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler in Deutschland leben.
(1) Lindinger, A. (2013). Prävalenz angeborener Herzfehler bei Neugeborenen in Deutschland: PAN-Studie. Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie, 1-5.
Da die Herzfehler in allen Phasen der Herzentwicklung auftreten können, unterscheiden sie sich stark in den auftretenden Symptomen, Erscheinungsformen und Häufigkeiten. Zu beachten ist, dass es auch Herzfehler gibt, die vorerst keine Symptome zeigen und erst im Laufe des Lebens erkannt werden. Die meisten Herzfehlbildungen äußern sich jedoch direkt nach der Geburt mit Symptomen wie Atembeschwerden (Dyspnoe), Wachstumsstörung, pulmonaler Hypertonie (Lungenhochdruck) oder Herzrhythmusstörungen. Zudem lassen sich angeborene Herzfehler grob in zyanotische und azyanotische Herzfehler unterteilen.
Bei azyanotischen Herzfehlern und einem damit einhergehenden Links-Rechts-Shunt vermischt sich sauerstoffreiches Blut aus dem linken Vorhof, der linken Kammer oder der Aorta durch ein Defekt mit sauerstoffarmen Blut der rechten Herzhälfte. Daraus ergibt sich eine Volumenüberlastung des rechten Vorhofs, der rechten Herzkammer und der Lungenstrombahn. Der Anteil des Blutes aus dem linken Vorhof, der in den rechten Vorhof übertritt, würde demnach der linken Herzkammer, der Hauptschlagader und dem Körperkreislauf fehlen. Um dies zu vermeiden, wird jedoch der gesamte Blutfluss durch das Herz gegenüber der Norm gesteigert. Langfristig kann hieraus ein Lungenhochdruck entstehen.
Bei zyanotischen Herzfehlern und einem damit einhergehenden Rechts-Links-Shunt vermischt sich sauerstoffarmes Blut aus dem rechten Vorhof, der rechten Kammer oder der Pulmonalarterie durch ein Defekt mit sauerstoffreichen Blut der linken Herzhälfte. Nun gelangt sauerstoffarmes Blut in den Körperkreislauf und führt dort zu einer Erniedrigung des Sauerstoffgehalts des arteriellen Blutes. Haut und Schleimhäute verfärben sich bläulich (Zyanose), die körperliche Belastbarkeit nimmt ab und die Sauerstoffversorgung lebenswichtiger Organe wird geringer, sodass Schwindel oder auch Ohnmachten auftreten können. Durch eine Fehlregulation des Körpers auf den Sauerstoffmangel nimmt die Zahl der roten Blutkörperchen ständig zu, und das Blut wird dadurch immer dicker und zähflüssiger. Hierdurch können gefährliche Thrombosen u. a. auch im Gehirn entstehen, die eine der häufigsten Todesursachen bei diesen heute glücklicherweise seltener auftretenden Fällen darstellen.
Sollte der Verdacht auf einen Herzfehler bestehen, stehen dem zuständigen Kinderkardiologen eine Reihe an Diagnostikmöglichkeiten zur Verfügung. Bei Verdacht auf einen angeborenen Herzfehler (pränatal) kann eine fetale Echokardiographie (Herzultraschall) Aufschluss über eine mögliche Fehlbildung geben. Nach der Geburt gehört die Auskultation (Abhören der Herzgeräusche), das Elektrokardiogramm (Aufzeichnung der Herzströme) und die Pulsoxymetrie (Messung der Sauerstoffsättigung) zur Routinediagnostik. Die transthorakale Echokardiographie (TTE), also die 2D- oder 3D-Darstellung der anatomischen Strukturen des Herzens mittels Ultraschallkopf, sowie die transösophageale Echokardiographie (TEE), welche auch „Schluckecho“ genannt wird und bei der mittels Ultraschallsonde über die Speiseröhre eine detaillierte Einsicht der Herzstrukturen möglich ist, ergänzen mögliche diagnostische Verfahren. Zusätzliche Computertomographien des Herzens (CT) und Magnetresonanztomographie-Untersuchungen (MRT/NMR) können erforderlich sein, um wichtige anatomische Details aufzuklären. Auch mit einer Herzkatheteruntersuchung können die Druckwerte in den verschiedenen Herzabschnitten und die Sauerstoffsättigung gemessen sowie die die Herzkranzgefäße und Herzkammern mittels Kontrastmittel dargestellt werden.
Das Ziel aller therapeutischen Verfahren ist es, eine bestmögliche Blutzirkulation und Sauerstoffversorgung zu erreichen. Bei kleineren und leichteren Formen angeborener Herzfehler ist häufig kein interventioneller Eingriff notwendig. Auch kann bei manchen Formen von angeborenen Herzfehlern eine medikamentöse Therapie ausreichen, um beispielsweise eine Gefäßverbindung (Ductus arteriosus botalli) zwischen Lungen- und Körperschlagader aufrechtzuhalten, die sich sonst nach der Geburt wieder verschließen würde. In den meisten anderen Fällen ist ein operativer Eingriff unumgänglich. Bei schweren Herzfehlern findet dieser nicht selten kurz nach der Geburt im Säuglingsalter statt. Außerdem sind bei einigen Herzfehlern mehrere Eingriffe erforderlich. Mit einem operativen Eingriff können Löcher durch Nähte oder Patches verschlossen werden, Verengungen geweitet und Blutgefäße umgeleitet oder versetzt werden. Durch eine Katheterintervention können bei bestimmten Herzfehlern mittlerweile einige operative Eingriffe umgangen werden. So kann katheterinterventionell beispielsweise ein Vorhofscheidewanddefekt mit einem Device („Schirmchen“) ohne Operation verschlossen werden oder Verengungen mittels Ballondilatation erweitert werden.
Welche Behandlungsmethode im Einzelfall sinnvoll und erforderlich ist, differiert von Herzfehler zu Herzfehler und hängt stark von den individuellen Gegebenheiten ab. Eine genaue Einschätzung kann der Kinderkardiologe geben. Sind Sie noch auf der Suche nach einem Arzt oder einer Klinik? Hier finden Sie verschiedene Anlaufstellen in Ihrer Nähe.
Es gibt viele verschiedene Arten von Herzfehlern. Manche treten einzeln auf und wiederum andere bestehen aus mehreren Herzfehlern. Die PAN-Studie(1) fand heraus, dass der häufigste angeborene Herzfehler der Ventrikelseptumdefekt (VSD) ist. Hier ein Überblick:
Häufigste angeborene Herzfehler |
Prävalenz |
Ventrikelseptumdefekt |
48,3 % |
Atriumseptumdefekt |
15,6 % |
Pulmonalstenose |
6,2 % |
Aortenisthmusstenose |
3,6 % |
Univentrikuläres Herz |
2,8 % |
Atrioventrikulärer Septumdefekt |
2,7 % |
Fallot’sche Tetralogie |
2,5 % |
Transposition der großen Arterien |
2,2 % |
Dies sind nur einige Beispiele für angeborene Herzfehler, und es gibt viele weitere Variationen und Kombinationen. Jeder Herzfehler erfordert eine individuelle Behandlung und Betreuung durch Fachärzte auf dem Gebiet der Kinderkardiologie.
(1) Lindinger, A. (2013). Prävalenz angeborener Herzfehler bei Neugeborenen in Deutschland: PAN-Studie. Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie, 1-5.
Angeborene Herzfehler können in einigen Fällen vererbbar sein. Die genaue Vererbungsmuster und Ursachen von angeborenen Herzfehlern sind jedoch komplex und variieren je nach Art des Herzfehlers. Hier sind einige wichtige Punkte zu beachten:
- Genetische Faktoren:
In einigen Fällen können angeborene Herzfehler auf genetische Veränderungen oder Mutationen zurückzuführen sein. Diese genetischen Veränderungen können von den Eltern auf das Kind übertragen werden. Es gibt bestimmte genetische Syndrome, bei denen angeborene Herzfehler häufig auftreten, wie z.B. das Down-Syndrom (Trisomie 21) oder das Marfan-Syndrom. - Familienanamnese:
Das Vorliegen eines angeborenen Herzfehlers in der Familie erhöht das Risiko, dass andere Familienmitglieder ebenfalls betroffen sein können. Es gibt jedoch auch Fälle, in denen ein Herzfehler sporadisch auftritt, ohne dass eine familiäre Vorbelastung besteht. - Umweltfaktoren:
Neben genetischen Faktoren können auch Umweltfaktoren eine Rolle bei der Entstehung von angeborenen Herzfehlern spielen. Bestimmte Infektionen oder Medikamente während der Schwangerschaft, exzessiver Alkoholkonsum oder Rauchen können das Risiko eines Herzfehlers beim Baby erhöhen.
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle angeborenen Herzfehler vererbbar sind. Viele Herzfehler entstehen aufgrund von kombinierten genetischen und Umweltfaktoren oder haben keine bekannte Ursache. Eine gründliche Untersuchung der Familienanamnese sowie genetische Beratung können helfen, das Risiko einer Vererbung von angeborenen Herzfehlern besser zu verstehen.
Ein angeborener Herzfehler kann verschiedene Auswirkungen auf den Alltag haben, abhängig von der Art und Schwere des Herzfehlers. Hier sind einige mögliche Auswirkungen:
- Körperliche Einschränkungen:
Ein angeborener Herzfehler kann die körperliche Belastbarkeit beeinflussen. Betroffene können schneller müde werden oder sich bei körperlicher Anstrengung schneller erschöpfen. - Einschränkungen bei sportlichen Aktivitäten:
Je nach Schweregrad des Herzfehlers können bestimmte sportliche Aktivitäten eingeschränkt oder sogar untersagt sein. Der behandelnde Arzt wird individuelle Empfehlungen dazu geben. Einen ersten Überblick hierzu finden Sie auf unserer Homepage. - Medikamente und Behandlungen:
Einige Menschen mit angeborenem Herzfehler müssen regelmäßig Medikamente einnehmen oder sich medizinischen Behandlungen unterziehen. Dies kann Auswirkungen auf den Tagesablauf haben, z. B. durch die Notwendigkeit regelmäßiger Arztbesuche oder das Einhalten von Medikamenteneinnahmeplänen. - Besondere Vorsichtsmaßnahmen:
Personen mit angeborenem Herzfehler müssen möglicherweise bestimmte Vorsichtsmaßnahmen treffen, um ihre Gesundheit zu schützen. Dazu gehören beispielsweise die Vermeidung von Infektionen, eine gesunde Ernährung oder das Einhalten von Hygienestandards. - Psychologische Auswirkungen:
Ein angeborener Herzfehler kann psychologische Auswirkungen haben, wie z. B. Ängste, Sorgen oder Stress. Es kann hilfreich sein, Unterstützung durch Fachleute, Selbsthilfegruppen oder psychologische Betreuung in Anspruch zu nehmen. - Familien- und soziales Umfeld:
Ein angeborener Herzfehler kann auch Auswirkungen auf das Familien- und soziale Umfeld haben. Es kann zusätzliche Unterstützung oder Anpassungen im Alltag erfordern, um den Bedürfnissen des Betroffenen gerecht zu werden.
Jeder angeborene Herzfehler ist einzigartig, und die Auswirkungen können von Person zu Person unterschiedlich sein. Es ist wichtig, regelmäßige ärztliche Kontrollen durchzuführen, sich an die empfohlenen Behandlungspläne zu halten und bei Bedarf Unterstützung und Beratung von Fachleuten in Anspruch zu nehmen, um den Alltag bestmöglich zu bewältigen.