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Diastolische Herzschwäche ist weit verbreitet

Alter, Bluthochdruck und verengte Herzkranzgefäße begünstigen diastolische Herzschwäche. Im Fokus der Therapie stehen die Begleiterkrankungen

Aktualisiert: 09.05.2023

Im Alter verlieren nicht nur die Körpermuskeln an Kraft und Elastizität – auch unser Herzmuskel ist davor nicht geschützt. Kommen Faktoren wie Diabetes, Hypertonie und Adipositas dazu, kann es dazu kommen, dass das Herz dann entweder nicht mehr kräftig pumpt. Oder es pumpt zwar noch gut, aber die Herzkammern können sich nicht mehr ausreichend dehnen und das Blut staut sich zurück in die Lunge. Gerade diese letztere Form der Herzschwäche, die diastolische Herzinsuffizienz, wurde lange Zeit unterschätzt. Erst in jüngster Zeit haben sich zudem neue Möglichkeiten einer gezielten Therapie ergeben. In diesem Beitrag erfahren Sie, was eine diastolische Herzinsuffizienz genau kennzeichnet, was es Neues zur Therapie gibt und ob sich diese Form der Herzschwäche auch wieder zurückbilden kann. 

Was ist eine diastolische Herzinsuffizienz? 

Die Arbeit des Herzens läuft in zwei Phasen ab: In der Füllungsphase (Diastole) entspannt sich der Herzmuskel und die Herzkammern füllen sich mit Blut. In der Auswurfphase (Systole) zieht sich der Herzmuskel dann wieder kräftig zusammen und das Blut wird von der linken Kammer aus in den Körper- und von der rechten Kammer in den Lungenkreislauf gepumpt. Häufig ist beispielsweise durch einen Herzinfarkt der Herzmuskel so geschwächt, dass seine Pumpkraft und damit die Blutauswurfmenge verringert ist. Man spricht dann von einer systolischen Herzschwäche.  
 
Bei der diastolischen Herzschwäche ist die Pumpkraft des Herzens hingegen erhalten, sie entspricht oft sogar der eines noch gesunden Herzens. Dafür ist jedoch das Herzmuskelgewebe nicht mehr imstande, sich ausreichend zu entspannen und auszudehnen. Das Blut staut sich vor dem Herzen zurück in die Lunge und stört somit die Sauerstoffaufsättigung des Blutes.
 
Knackpunkt bei der diastolischen Herzschwäche ist somit die fehlende Elastizität des Herzmuskels bei (weitgehend) erhaltener Pumpkraft. Aus diesem Grund wird die diastolische Herzschwäche auch als „Herzinsuffizienz mit erhaltener Auswurfleistung“ bezeichnet – medizinisch abgekürzt HFpEF (entsprechend dem englischen “heart failure with preserved ejection fraction”.

Was sind Risikofaktoren für eine diastolische Herzschwäche?

Mit zunehmendem Alter tritt die diastolische Herzinsuffizienz immer häufiger auf und wird zur dominanten Form der Herzschwäche. Mehr Frauen als Männer sind davon betroffen. Warum das so ist, ist noch unklar. Fast alle Betroffenen leiden zudem an weiteren Erkrankungen. Sie sind nicht nur als Begleiterkrankungen von Bedeutung. Sondern sie sind auch mitverantwortlich, dass die diastolische Herzschwäche überhaupt entsteht. Und sie entscheiden mit darüber, wie die Herzschwäche weiter verläuft. Die Behandlung der Begleiterkrankungen ist daher ein wichtiger Aspekt bei Patienten mit diastolischer Herzschwäche.  

Das sind die häufigsten unliebsamen Begleiter:  

  • Bluthochdruck: Neun von zehn Patienten mit diastolischer Herzschwäche haben auch einen hohen Blutdruck – oft schon Jahre bevor die Herzschwäche so richtig in Erscheinung tritt. Umgekehrt ist bekannt, dass eine Normalisierung des Blutdrucks die Herzschwäche bessern kann.  
  • Verengte Herzkranzgefäße: Mehr als die Hälfte der Patienten mit diastolischer Herzschwäche leiden an der koronaren Herzerkrankung (KHK). Ihnen hilft, wenn die Durchblutung der verengten Herzkranzgefäße (Koronarien) zum Beispiel durch Medikamente oder eine Gefäßstütze (Stent) bzw. eine Bypass-Operation wieder verbessert wird.  
  • Vorhofflimmern: Ebenfalls bei etwa 50 Prozent der Herzschwächepatienten tritt Vorhofflimmern begleitend auf – manchmal als Vorläufer, manchmal erst nach Entstehen der Herzinsuffizienz. Das Fatale: Die Herzrhythmusstörung schränkt die Leistungskraft des Herzens um ca. 15 % zusätzlich ein und ist zudem häufig Ursache eines Schlaganfalls. Es gibt erste Hinweise, dass Patienten mit diastolischer Herzschwäche in besonderem Maß von einer Katheterablation profitieren könnten.   
  • Diabetes: Bei etwa einem Drittel der Patienten wird auch ein Diabetes mellitus Typ II diagnostiziert. Diese Stoffwechselerkrankung verschlechtert die Prognose erheblich, denn zu viel Zucker im Blut schädigt ebenfalls die großen und kleinen Gefäße und den Herzmuskel selbst. Das Risiko für Krankenhauseinweisungen aufgrund der diastolischen Herzschwäche nimmt zu.  
  • Nierenschwäche: Etwa jeder vierte Patient ist zudem nierenkrank. Auch hier besteht die ungünstige Situation, dass die Nierenschwäche die Herzinsuffizienz verschlimmert und die Herzschwäche wiederum die Funktion der Nieren beeinträchtigt.  

Weitere "Mittäter" sind: nächtliche Schlafaussetzer (Schlafapnoe), Bewegungsmangel sowie starkes Übergewicht, hohe Blutfettwerte und Lungenerkrankungen wie eine pulmonale Hypertonie oder eine COPD. 

Überaktive Herzmuskelzellen als Ursache  

 Eine weitere, ganz eigene Ursache für eine diastolische Herzinsuffizienz ist ein krankhaft verdickter Herzmuskel. Etwa zwei von 1000 Menschen sind in Deutschland von einer solchen hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) betroffen, bei 40 bis 60 Prozent von ihnen ist die Erkrankung genetisch bedingt. Die Veränderungen im Erbgut führt dazu, dass sich die Sarkomere – kleinste Baueinheiten einer Herzmuskelzelle – nicht korrekt ausbilden und dadurch dazu neigen, sich überaktiv zusammenzuziehen.  
 
Auf Dauer führt diese übermäßige Kontraktilität zu einer deutlichen Zunahme der Muskelmasse, vor allem der linken Herzkammer. Der dicke Herzmuskel arbeitet dann aber nicht stärker, sondern verliert an Elastizität, was dann die diastolische Herzschwäche begründet. Bei der besonders schwerwiegenden Form der hypertrophen obstruktiven Kardiomyopathie (HOCM) ist auch die Herzscheidewand verdickt und das Blut kann dann durch diese Verengung (Obstruktion) noch schlechter ausströmen. 

Proteinablagerungen als Ursache der diastolischen Herzschwäche   

Eine andere seltene spezifische Ursache – schätzungsweise bei fünf Prozent der Patienten einer diastolischen Herzschwäche – ist die kardiale Amyloidose. Die Schwäche des Herzens entsteht hier durch Ablagerung funktionsuntüchtiger Proteine im Herzmuskel. Dadurch versteift der Herzmuskel und die Kammern können sich nicht mehr richtig füllen.   

Die Krankheit verläuft oft über viele Jahre beschwerdefrei, so dass sich bei Betroffenen erst spät, wenn sich bereits viel Eiweiß abgelagert hat, Atemnot und Einschränkungen der Belastbarkeit bemerkbar machen. Da ein Teil der Amyloidosen durch einen Gendefekt ausgelöst wird, findet man in den Familien der Patienten häufig auch noch weitere Betroffene.

Symptome der diastolischen Herzschwäche

Die Symptome einer diastolischen Herzschwäche sind die gleichen wie bei einer systolischen Herzinsuffizienz:

  • Es kommt zu Atemnot bei Belastung, manchmal auch in Ruhe.
  • Die körperliche Leistungsfähigkeit ist vermindert.
  • Es bilden sich Wasseransammlungen (Ödeme) in den Beinen oder an den Knöcheln.

Auch eine Gewichtszunahme innerhalb kurzer Zeit kann auf Wassereinlagerungen im Körper hindeuten. Staut sich das Wasser in die Lungen zurück, kann es zum Lungenödem mit plötzlich einsetzender Luftnot kommen.

Wie wird die diastolische Herzschwäche diagnostiziert?

Eine sichere Differenzierung zwischen systolischer und diastolischer Herzschwäche ist in der Regel mit einer Ultraschalluntersuchung (Echokardiographie) des Herzens möglich. Damit können auch innerhalb der diastolischen Herzinsuffizienz noch verschiedene Untergruppen gut erkannt werden. Unter den bildgebenden Verfahren werden zudem zur sicheren Abgrenzung der verschiedenen Herzschwächeformen ebenso die Computer (CT)- und Magnetresonanztomographie (MRT) eingesetzt.

Neben der Echokardiographie hilft auch die Bestimmung bestimmter Blutparameter. Dabei werden vor allem die Eiweißstoffe BNP (Brain natriuretic Petide) und NT-pro-BNP (eine Vorstufe von BNP) gemessen. 

Lebenserwartung bei diastolischer Herzschwäche  

Die diastolische Herzschwäche macht nicht nur Beschwerden, sondern reduziert auch die Lebenserwartung. Insgesamt gehen Ärzte derzeit davon aus, dass die Prognose von Patienten mit diastolischer Herzschwäche etwas besser ist als die mit systolischer Herzschwäche. Für beide gilt: Je mehr Begleiterkrankungen vorliegen, desto ungünstiger ist der weitere Verlauf. 

So ist bekannt, dass Vorhofflimmern ein relativ häufiger Begleiter der diastolischen Herzschwäche ist. Das gemeinsame Vorliegen lässt das Risiko für Krankenhausaufenthalte und Todesfälle exponentiell ansteigen, denn unter beiden Bedingungen wird der linke Vorhof fortschreitend geschädigt.   

Tipp: Eine kalorienreduzierte Ernährung bei Übergewicht und ein regelmäßiges Ausdauertraining sind effektive Therapiemaßnahmen. Damit lassen sich körperliche Leistungsfähigkeit und Lebensqualität nachweislich verbessern. Zwar lassen sich die krankmachenden Umbauprozesse im Herzen nicht rückgängig machen, aber sie können doch merklich verlangsamt werden.   

Welche Therapien gibt es bei diastolischer Herzinsuffizienz?

Ein wesentlicher Grundpfeiler bei jeglicher Form von Herzschwäche – so auch bei der diastolischen – ist daher auch eine möglichst optimale Behandlung der Begleiterkrankungen, etwa eines Bluthochdrucks oder eines Diabetes mellitus. 

Für die spezifische Behandlung der systolischen Herzschwäche hat sich bereits ein sehr gutes medikamentöses Therapieschema etabliert – heute auch gerne als “die fantastischen vier” bezeichnet –, mit denen sich die Lebensqualität, körperliche Leistungsfähigkeit und Prognose eindeutig verbessern lassen. Dazu gehören ACE-Hemmer/Sartane, bzw. die Kombination Vasartan/Sacubitril (ARNI), Betablocker, MRA und die sogenannten SGLT-2-Hemmer. Bei Bedarf kommen Diuretika und Herzglykoside dazu. Das fehlte lange Zeit bei Patienten mit diastolischer Herzschwäche. Hier lag der Fokus lange nur auf den Begleiterkrankungen und auf Bewegungsprogrammen mit einem regelmäßigen Ausdauertraining, um Lebensqualität und Überleben zu bessern.  

Erst seit wenigen Jahren zeichnen sich nun auch für Patienten mit dieser Herzschwächeform gezielte therapeutische Möglichkeiten mit Arzneimitteln ab. Seit 2021 stehen zur Behandlung der diastolischen Herzschwäche erstmals die beiden Substanzen Empagliflozin und Dapagliflozin zur Verfügung. Beide Wirkstoffe gehören zur Gruppe der Gliflozine. Diese hemmen ein spezifisches Protein – Sodium Glucose Transporter 2 (SGLT-2) –, das sich in der Niere befindet und die Aufgabe hat, Glucose (Zucker) aus dem Primärharn zurückzugewinnen. SGLT-2-Hemmer sorgen dafür, dass dieser Rücktransport gehemmt wird und mehr Zucker dann mit dem Urin ausgeschieden wird. Ursprünglich wurden diese Substanzen daher zur Therapie bei Diabetes mellitus Typ 2 (Zuckerkrankheit) entwickelt, bis man den Nutzen auch bei anderen Erkrankungen wie der Herzschwäche oder auch einer Nierenerkrankung entdeckt hat.   
 
In großen Studien konnte bei Einnahme eines SGLT-2-Hemmers für Patienten mit diastolischer Herzschwäche sowohl eine Verbesserung von Lebensqualität und körperliche Belastbarkeit als auch eine verlängerte Lebenserwartung belegt werden verglichen mit einer Scheintherapie. Inzwischen wird daher fast allen Patienten mit diastolischer Herzschwäche (und auch systolischer) – selbst wenn keine Zuckerkrankheit vorliegt – eine Behandlung mit Dapagliflozin oder Empagliflozin zusätzlich zu den bisherigen Maßnahmen empfohlen. 

Experte

Prof. Dr. med. Gerd Hasenfuß
Portrait von Prof. Gerd Hasenfuß

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