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Psyche und Stress: So schützen Sie Ihr Herz!

Bei psychischen Belastungen kann unser Blutdruck gefährlich ansteigen – lesen Sie hier, wie Sie in Balance bleiben

Aktualisiert: 11.03.2024

Mann lehnt sich an die Pinnwand
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Stress wird häufig als harmlose Alltagserscheinung hingenommen. Dabei ist er einer der größten vermeidbaren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Herz und Stress: Wenn der seelische Druck zu groß wird

„Ich habe solchen Stress“ – fast jeder von uns hat diesen Satz schon einmal gesagt. Heutzutage stehen die meisten Menschen unter enormem Druck. Ob verstopfte U-Bahnen am Morgen, das lärmende Verkehrschaos, Ärger am Arbeitsplatz oder belastende Situationen in der Familie – psychischer Stress wird häufig als harmlose Alltagserscheinung hingenommen. Dabei ist er einer der größten vermeidbaren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Denn belastender Stress sorgt dafür, dass unser Blutdruck ansteigt. Im schlimmsten Fall kann das – bei Dauerstress – zu einem Herzinfarkt, einer Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder Herzversagen führen.

Stress? Was ist das eigentlich?

Um zu verstehen, warum Stress unserem Herzen schaden kann, müssen wir verstehen, was psychische Anspannung in uns auslöst: Stress ist die Anpassungsreaktion des Körpers auf belastende Umweltreize. Wenn wir Druck ausgesetzt sind, mobilisiert der Stress unsere Energie und bringt unser Nervensystem auf Hochtouren: Die Aufmerksamkeit wird geschärft, das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt, es werden Insulin und andere Hormone ausgeschüttet. Diese Reaktionen stammen noch aus der menschlichen Vorgeschichte: Stand ein Jäger plötzlich vor einem großen gefährlichen Tier, erlaubten ihm die Stressreaktionen des Körpers, blitzartig Energie bereitzustellen und schneller zu fliehen oder sich dem Kampf zu stellen. Um im Gefecht zugezogene Blutungen rasch zu stillen, wurde zudem die Blutgerinnung aktiviert. Darüber hinaus rief der Organismus die Abwehrzellen des Immunsystems auf den Plan für den Fall, dass sich eine Wunde infizierte.  

Wie beeinflusst Stress die Herzgesundheit? 

Stress ist also etwas ganz Natürliches. Wir brauchen ihn, um die Anforderungen, die an uns gestellt werden, zu bewältigen. Doch unsere Psyche und unser Körper sind auch darauf angewiesen, dass auf Anspannung stets eine Phase der Entspannung folgt. Bleibt die Entspannung aus, entsteht Dauerstress. Unser Blutdruck ist dann dauerhaft zu hoch, die anhaltend veränderte Blutgerinnung begünstigt Verengungen und Verstopfungen der Blutgefäße, und das ständig ausgeschüttete Insulin kann zu Diabetes führen. Oft kommt es zu Schlafstörungen. Es drohen zudem Herzkrankheiten und eine Schwächung des Immunsystems.  

Hinzu kommt, dass wir bei Dauerstress oft gesundheitsschädliche Verhaltensweisen annehmen, beispielsweise Rauchen, Frustessen oder zu viel Alkohol. Unter Stress vernachlässigen einige Menschen auch Arztbesuche und haben Mühe, notwendige Medikamente regelmäßig einzunehmen. Das alles trägt dazu bei, dass Stress heute als bedeutsamer Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall angesehen wird.

Nicht alle sind gleich anfällig für Stress  

Bei dem Gefühl, unter Stress zu stehen, spielt die subjektive Bewertung eine große Rolle. Während manche Menschen eine hohe Widerstandskraft aufweisen, sind andere überdurchschnittlich stressempfindlich. Eine wichtige Arbeit unter Zeitdruck zu Ende bringen zu müssen, ist zum Beispiel für den einen eine motivierende Herausforderung, für den anderen jedoch eine große Belastung.

Diese Unterschiede sind teilweise genetisch bedingt, oft beruhen sie aber auf der individuellen Lebensgeschichte. Vor allem traumatische Erlebnisse in Kindes- und Jugendjahren können die Ursache für eine hohe Stressanfälligkeit sein. Aufgrund ihrer Erfahrungen sind die Betroffenen ständig in Flucht- oder Kampfbereitschaft. Eine von der amerikanischen Kardiologenvereinigung im Jahr 2018 veröffentlichte wissenschaftliche Stellungnahme geht davon aus, dass belastende oder traumatische Erlebnisse in Kindheit und Jugend zu einer erhöhten Krankheitsanfälligkeit des Herz-Kreislauf-Systems führen können.

Wie wirkt Stress auf das Immunsystem? 

Wer sich stark im Stress fühlt, hat oft auch das Gefühl, in dieser Zeit leichter einen Erkältungsinfekt oder einen Lippenherpes zu bekommen. Aber ist das wirklich so? Tatsächlich ist nicht nur die Psyche, sondern auch unser Immunsystem auf ausreichende Erholungsphasen angewiesen.

Bleibt die Entspannung aus, entsteht Dauerstress und unser Immunsystem wird geschwächt. So aktiviert akuter Stress zunächst die Immunabwehr und auch die Wundheilung. Doch bei anhaltendem Stress kippt die Situation: Die Zahl der Immunzellen im Blut sinkt, natürliche Killerzellen (ein wichtiger Bestandteil der zellulären Abwehr) sind weniger aktiv und die T-Lymphozyten teilen sich weniger. Damit haben Bakterien und Viren es leichter, die Immunabwehr zu überwinden. Selbst Impfungen wirken dann etwas schlechter. 

Herpes – ein typisches Stress-Phänomen 

Die meisten von uns sind bereits Kindesalter mit Herpes-Viren in Kontakt gekommen. Die Herpes-Viren verbleiben ein Leben lang in unserem Körper. Normalerweise hat unser Immunsystem diese gut im Griff. In stressigen Zeiten jedoch, können diese wiederkehren. Die Herpes-Viren können bei Stress in Form eines Lippenherpes oder einer Gürtelrose (sogenannter Herpes Zoster) auftreten.  

Stress abbauen – aber wie?

Sie stehen im Stau und müssen pünktlich zu einem Termin? Dann versuchen Sie, die Situation einmal ganz bewusst von oben bzw. von außen zu betrachten. So schaffen Sie emotionale Distanz und werden schnell zu dem Ergebnis kommen, dass der Stau ein Tatbestand ist, den Sie nicht beeinflussen können. Wenn Sie sich aufregen, wird die Situation für Sie nur schlimmer. Dieser Wechsel in die Vogelperspektive ist eine der wirkungsvollsten Techniken, um Stress zu umgehen.

Bereits eine halbe Stunde Nordic Walking, Schwimmen oder Joggen kann Ihr Stress-Level enorm senken. Nehmen Sie sich Zeit dafür – auch wenn es nur ein möglichst flotter Abendspaziergang um die vier Ecken ist. Toller Nebeneffekt: Sport gehört gleichzeitig zu den besten Mitteln gegen Schlafprobleme. Wichtiger Tipp: Nicht abends direkt vor dem Schlafengehen trainieren, sondern tagsüber. Als Herzpatient sollten Sie sich beim Kardiologen informieren, welche Belastung für Sie optimal ist.

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Sie geraten immer wieder mit demselben Kollegen in Konflikte? Im Streit mit dem Partner oder der Partnerin geht es immer um dieselben Themen? Dann probieren Sie, diese Konfliktsituationen aufzulösen. Versuchen Sie zu verdeutlichen, dass Sie ein wohlwollendes Miteinander anstreben und geben Sie Ihrem Gegenüber auch genügend Raum für Argumente. Natürlich lassen sich so nicht alle Probleme aus der Welt schaffen. Bei großen Belastungen können Partner- oder Familientherapien helfen, bei beruflichen Problemen entsprechende Beratungsstellen. Wenn Ihre Herzbeschwerden Sie seelisch belasten, können Sie auch spezielle psychokardiologische Angebote in Anspruch nehmen.

Ob Yoga, progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder autogenes Training – Entspannungstechniken sind ein hervorragendes Mittel gegen Stress. Was am besten hilft? Das erfahren Sie nur durch Ausprobieren. Manche Menschen entspannen beispielsweise am besten allein und in völliger Ruhe. Andere fühlen sich in einer Gruppe am wohlsten. Wichtig ist es, die ausgewählte Technik regelmäßig zu üben, damit Sie sie in Stress-Situationen abrufen können.

Ein Hobby kann wahre Wunder bewirken. Sie treffen sich liebend gerne mit Freunden, singen im Chor oder spielen Handball? Prima! So lassen sich angespannte Büro-Situationen effektiv in den Hintergrund rücken – und Sie schaffen Platz für positive Energie.

Nach einem stressigen Tag wirken Couch und Fernseher natürlich verlockend. Allerdings sind wir beim Fernsehen passiv, was uns bei Stress-Abbau nicht weiterhilft. Suchen Sie sich lieber schöne Alternativen wie ein gemeinsames Abendessen mit der Familie. Wenn Ihnen der TV-Verzicht schwerfällt, dann könnte Ihnen ein Fernsehplan helfen. Halten Sie schriftlich fest, an welchen Tagen Sie fernsehen möchten und wann Sie bewusst eine Pause einlegen.

Zwar gibt es Medikamente, die beruhigend wirken und Stress-Gefühle mindern. Allerdings sollten solche Arzneimittel immer nur unter kritischer Kontrolle eines Arztes eingenommen und nicht einfach im Internet bestellt werden. Bestes Beispiel sind verschreibungspflichtige Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine, die für eine langfristige Stress-Bewältigung oft völlig ungeeignet sind, da sie schon nach wenigen Wochen zur Abhängigkeit führen können. Sie sind eher für extreme Krisensituationen und nur für kurze Zeit geeignet.

Wer viel Stress hat, achtet häufig nicht ausreichend auf einen gesunden Ernährungsstil. Oft vernachlässigen wir nicht nur die Auswahl hochwertiger Lebensmittel, wir essen auch zu viel und trinken vermehrt Alkohol. Kommt ein Bewegungsmangel hinzu, ist Übergewicht die typische Folge – was häufig Stress-Gefühle verstärkt. Achten Sie daher auch in schwierigen Lebensphasen unbedingt auf eine ausgewogene Ernährung.  

Experte

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Stress, Mobbing, Jobunsicherheit und Überforderung sind Risikofaktoren für Burnout wie auch für eine koronare Herzerkrankung. So beugen Sie vor.

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