Janine Lamboys Leben verlief noch nie nach Plan A. Seit ihrer Geburt leidet sie unter einem angeborenen Herzfehler. Zwei schwere Herzoperationen hat die 38-Jährige aus Geldern in Nordrhein-Westfalen hinter sich und lebt heute mit einer künstlichen Herzklappe. Der Weg dahin war schwer. Aber eins stand immer fest: Ob Plan B, C oder D – Aufgeben ist keine Option! Heute ist Janine Lamboy erfolgreiche Dressurreiterin und Botschafterin der Deutschen Herzstiftung. Sie möchte vor allem eins: anderen Mut machen.
Ein Moment beim Kinderarzt verändert das Leben
Es beginnt mit diesem einen Moment beim Kinderarzt. Janine Lamboy ist gerade mal einige Wochen alt, eine Routineuntersuchung steht an. Beim Abhören des Herzens ist da plötzlich dieses Geräusch, das dort nicht sein sollte. Die Diagnose steht bald fest: Aortenvitium. Die Aortenklappe des Babys ist undicht. Sie öffnet und schließt nicht richtig – Janine hat einen angeborenen Herzfehler. Noch hat das kleine Mädchen keinerlei Einschränkungen, aber eins ist jetzt schon klar: Ihr Herz kann die Belastung durch den Fehler nicht ein Leben lang aushalten. Eine Herz-OP wird auf sie zukommen. Irgendwann.
„Ich konnte nie so unbeschwert sein wie andere Kinder“
Von nun an gehören regelmäßige Besuche im Münchner Herzzentrum zum Leben von Janine Lamboy. Ihr Herz – das weiß sie von klein auf – macht einfach nicht das, was es soll. „Ich hatte zwar keine gesundheitlichen Probleme als Kind, konnte aber nie so unbeschwert sein wie andere“, erinnert sie sich. „Ich wusste immer, dass da etwas auf mich zukommt, und davor habe ich mich gefürchtet.“ Je älter Janine wird, desto stärker spürt sie, dass sie anders ist. „Im Sportunterricht musste ich mehr aufpassen als meine Klassenkameraden. Auch Leistungssport war für mich nicht drin.“ Für Janine Lamboy ist das aber kein Grund, sich zurückzuziehen. Sie hat ein Ziel. Sie möchte reiten! Und das tut sie auch: Mit sechs Jahren sitzt sie zum ersten Mal auf einem Pferd – und ist sofort verliebt. Die Liebe zu den Pferden hält bis heute an: Janine Lamboy reitet trotz Herzfehler mit ihrem Pferd Stürmchen erfolgreich Turniere. In der höchsten Klasse des Reitsports, der Klasse S.
„Ich fühle mich diesen Tieren so stark verbunden. Sie haben mich regelrecht durch alle Tiefen in meinem Leben getragen.“
Mit 24 Jahren ist die Operation nicht mehr vermeidbar
Diese Tiefen spürt Janine Lamboy zum ersten Mal mit 24 Jahren. Sie ist mittlerweile Pferde-Osteopathin, steht mitten im Leben, hat Pläne für die Zukunft – doch plötzlich geht es ihr nicht gut. „Ich fühlte mich nur noch erschlagen und war trotz 12 Stunden Schlaf immer müde“, erinnert sie sich. Nach einigen Arztbesuchen steht fest: Es ist soweit. Ihr Herz schafft es nicht mehr. Es wird schwächer und kann den Fehler an der Aortenklappe nicht mehr kompensieren. Die Operation ist nicht mehr vermeidbar.
Tipp für Betroffene: Über Ängste reden und sich austauschen
Für Janine Lamboy beginnt die Zeit des Wartens auf die OP. „Das war für mich das Schlimmste“, erinnert sie sich. Ihre Ängste vor der Operation werden übergroß, obwohl sie weiß, dass die Erfolgschancen beeindruckend gut sind. „Wenn ich heute zurückschaue, ist mir klar, dass ich mehr über meine Ängste hätte reden müssen“, sagt sie. „Ich habe damals vieles mit mir selbst ausgemacht, das war ein Fehler.“ Auch das ist ein Grund, warum Janine Lamboy heute Botschafterin der Deutschen Herzstiftung ist. „Ich wünsche mir, dass Betroffene sich austauschen und gut informiert sind, damit so viele Sorgen wie möglich von ihnen abfallen.“
„Ich spüre meinen Herzschlag und fühle, wann etwas zu viel für mich wird“
Die Operation verläuft gut. Janine Lamboys Herzklappe kann aus dem Gewebe ihres Herzbeutels rekonstruiert werden. Direkt nach dem Aufwachen fragt sie den Arzt: „Hat Plan A funktioniert?“ Der Arzt bestätigt und sagt: „Sie haben jetzt eine sexy Herzklappe“. Janine kann heute noch darüber lachen; so viel Last fiel ihr mit diesem Satz von den Schultern. Nun hätte alles gut sein können – doch kurze Zeit später versagt Plan A. Nach einem Dreivierteljahr bekommt Janine Schmerzen in den Beinen. Die Diagnose: Embolien. In Janines Beinen haben sich Arterien verschlossen. Von diesem Moment an steht fest: Sie muss Marcumar nehmen. Vor dem Gerinnungshemmer hat sich Janine Lamboy stets gefürchtet. Gerade sie als Dressurreiterin ist schließlich immer einem gewissen Verletzungsrisiko ausgesetzt – und mit Marcumar kann es schnell zu starken Blutungen kommen. „Ich hatte große Angst zu verbluten“, sagt Janine Lamboy. Diese Furcht ist mittlerweile nicht mehr so präsent. „Ich weiß um die Gefahren und kann damit umgehen“, sagt sie.
„Auch mit Marcumar kann man ein freies Leben führen, wenn man sich verantwortungsvoll verhält.“
Das Reiten hat sie auch mit Einnahme des Blutverdünners nicht aufgegeben, sie geht aber nie über ihre Grenzen. „Das wäre unvernünftig und gefährlich. Ich als erfahrene Reiterin kann das Risiko gut abschätzen. Ich spüre meinen Herzschlag sehr gut und kann genau fühlen, wenn etwas zu viel für mich wird. Anderen in meiner Lage würde ich niemals empfehlen, ohne Erfahrung zu reiten.“
Zweite Herz-OP und künstliche Herzklappe
Die Behandlung der Beine verbessert Janine Lamboys Lage jedoch nicht. Es geht ihr weiter schlecht. Panikattacken überfallen sie, sie entwickelt eine Depression. Sieben Jahre quält sie sich, nimmt 30 Kilogramm zu und weiß nicht, was mit ihr los ist. Dann das zweite Tief: „Mitten bei der Behandlung eines Pferdes bekam ich eine Panikattacke und schlimme Herzrhythmusstörungen“, erinnert sie sich. Sie quält sich zum Hausarzt, der direkt den Rettungswagen ruft. Im Krankenhaus steht fest: Die rekonstruierte Herzklappe ist wieder undicht geworden. Janine Lamboys Herzleistung liegt gerade mal bei 25 Prozent, ihr Herz ist massiv geschwächt. Die Herzschwäche erklärt auch ihre Gewichtszunahme, die durch Wasserablagerungen entstand. Nun geht alles ganz schnell. Janine Lamboy wird ein zweites Mal operiert und erhält eine künstliche Herzklappe.
„Betroffene brauchen noch mehr Unterstützung“
Endlich geht es bergauf. Nach zwei Wochen Krankenhausaufenthalt darf Janine Lamboy nach Hause – ihr Weg führt sie direkt in den Stall. „Die Pferde geben mir weiterhin so viel Kraft“, sagt Janine Lamboy. „Sie tun einfach meiner Seele gut.“ Heute hat sich Janine Lamboys Herzleistung verbessert und sie kann ihr Leben genießen. Wenn sie zurückblickt, bedauert sie nur eins: „Ich hatte damals zu wenig Unterstützung und fühlte mich allein gelassen.“ Während Kinder mit angeborenen Herzfehlern medizinisch gut versorgt sind, klafft bei Erwachsenen mit dieser Erkrankung – den sogenannten EMAH – noch ein Betreuungsloch. Das hat den Hintergrund, dass viele Kinder früher das Erwachsenenalter gar nicht erreicht haben. Dank weiterentwickelter Behandlungsmöglichkeiten ist das glücklicherweise heute anders. Jedoch fehlt vielen erwachsen gewordenen Betroffenen immer noch der Zugang zu Informationen und psychologischer Betreuung.
Botschafterin der Herzstiftung
„Ich bin immer wieder erschreckt, wie wenig einige Patientinnen und Patienten über ihre eigene Krankheit wissen“, sagt Janine Lamboy. Als Botschafterin der Deutschen Herzstiftung möchte Janine Lamboy dabei helfen, Menschen mit angeborenen Herzfehlern besser zu unterstützen. Eines ihrer vielen Ziele: herzkranke Menschen aus der Region Niederrhein miteinander zu verbinden und Austausch zu schaffen. Auch in den sozialen Medien ist Janine Lamboy vertreten. Auf ihrem Instagram-Account „mein_herz_schlaegt_stuermchen“ zeigt sie sich und ihr Leben mit den Pferden.
„Ich wünsche mir, dass Herzkranke an ihren Träumen festhalten und sie verwirklichen können – so wie ich. Meine Botschaft lautet: Ihr seid nicht allein!“
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