Bei hohen LDL-Cholesterinwerten sollten Patienten an erster Stelle versuchen, ihren Lebensstil zu verändern mit mehr Bewegung, bewusster gesünderer Ernährung und Rauchverzicht. Doch häufig reicht das bei hohen Cholesterinwerten nicht aus. Dann kommen Medikamente zum Senken der LDL-Werte ins Spiel.
Wann verschreibt der Arzt Cholesterinsenker?
Alle Fachgesellschaften raten, bei hohen LDL-Cholesterinwerten an erster Stelle den Lebensstil anzupassen. Dazu gehört neben einer gesunden Kalorien-angepassten Ernährung – mit Schwerpunkten auf Obst, Gemüse und Fisch (oft als Mittelmeerküche bezeichnet) – ausreichend Bewegung (mindestens 30 Minuten pro Tag), Rauchstopp sowie das Vermeiden und gegebenenfalls die Reduktion von Übergewicht. Diese Maßnahmen dienen in erster Linie der Gesundheit insgesamt. Gerade bei höheren Cholesterinwerten reichen diese Maßnahmen oft nicht, um die LDL-Cholesterin-Werte ausreichend stark zu senken. Dann wird der Arzt empfehlen, Cholesterinsenker einzunehmen. Hier gibt es eine Vielzahl von cholesterinsenkenden Wirkstoffen, die an die individuellen Patientenbedürfnisse angepasst werden können.
Statine: So wirken die Cholesterinsenker
Statine sind bei einem zu hohen LDL-Cholesterinspiegel Cholesterinsenker der ersten Wahl. Statine hemmen die körpereigene Bildung von Cholesterin, indem sie das Enzym HMG-CoA-Reduktase hemmen, das im Körper für die Bildung von Cholesterin zuständig ist. Die Enzymhemmung sorgt nun dafür, dass Leberzellen (Hepatozyten) kompensatorisch mehr LDL-Rezeptoren bilden, die dann wiederum mehr LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Zelle aufnehmen können. Die Folge: Die Cholesterinmenge im Blut sinkt und damit auch der Cholesterinwert. Eingesetzte Wirkstoffe sind unter anderem Atorvastatin, Simvastatin und Rosuvastatin. Statine senken nicht nur den Cholesterinspiegel, sie wirken auch entzündungshemmend und können gefährliche Ablagerungen (Plaques) stabilisieren.
Einfluss der LDL-Cholesterinsenkung durch Statine auf Krankheitsereignisse
Die Statine senken aber nicht nur die LDL-Cholesterinspiegel, sondern – viel wichtiger – sie vermindern das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Die Analyse von über 170.000 in randomisierten Statin-Studien eingeschlossenen Personen ergab, dass pro mmol/L oder ca. 40 mg/dl (genauer: pro 38,6 mg/dl) Absenkung des LDL-Cholesterins im Blut das Risiko für schwerwiegende Herzkreislaufereignisse um ca. 25% pro Jahr reduziert wurden: hierzu gehören Herzinfarkt, Tod durch koronare Herzerkrankung, das Risiko für Schlaganfall oder die Notwendigkeit einer Bypass-Operation oder einen Gefäß-Stent. Es gab keine negativen Aspekte, insbesondere kein erhöhtes Krebs-Risikos.
In einer der ersten großen Statin-Studien mit einer Nachbeobachtungszeit von 19 Jahren nach Behandlung mit Pravastatin zeigte sich, dass im weiteren Verlauf über die Studienzeit von fünf Jahren hinaus der Nutzen der Statinbehandlung im Vergleich zur Kontrollgruppe noch weiter deutlich zunahm. Ihre Einnahme gilt auch über viele Jahre hinweg als sicher. Seltene Nebenwirkungen sind Muskelschmerzen. Diese gehen nach Absetzen des Medikaments – immer in Absprache mit dem Arzt! – in der Regel nach 2- 4 Tagen zurück.
„Erhöhte LDL-Werte reichen schon allein aus, dass Plaques in unseren Gefäßen entstehen. Sie sind der kausale Faktor dafür. Andere Risikofaktoren wirken dann noch verstärkend. Das Gute: Wir können den LDL-Wert sehr gut therapeutisch angehen“, erklärt Herzspezialist Univ.-Prof. Dr. med. Ulrich Laufs vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e.V.“
Welche Cholesterinsenker gibt es noch?
Wenn Statine in ausreichender Dosis nicht vertragen werden oder damit keine ausreichende LDL-Senkung erreicht wird, besteht die Möglichkeit das Statin mit Ezetimib zu kombinieren. Ezetimib hemmt die Aufnahme von Cholesterin aus dem Darm und verstärkt die Wirkung von Statinen. Zur Reduktion der Tabletten-Zahl stehen Kombinations-Präparate zur Verfügung die Statin und Ezetimib enthalten.
Sollte es auch mit der Kombination Statin + Ezetimib nicht gelingen, das LDL-Cholesterin ausreichend zu senken, steht der neue Wirkstoff Bempedoinsäure zur Verfügung, der als Tablette eingenommen wird. Es handelt sich dabei um eine Substanz mit Statin-ähnlichem Wirkmechanismus, die erst in der Leber in die eigentlich wirksame Substanz verstoffwechselt wird. In Skelettmuskelzellen findet keine Verstoffwechselung statt. Daher wird dieses Medikament in der CLEAR Outcome-Studie gezielt bei Patienten mit Muskelschmerzen unter Statinen untersucht. Sinnvoll ist die Kombination von Bempedoinsäure mit Ezetimib als Kombinations-Tablette.
Für Patienten, die trotz optimaler lipidsenkender Therapie mit Cholesterin-senkenden Tabletten (orale Therapie) ihre LDL-Zielwerte nicht erreichen, gibt es noch eine weiter Option. Es handelt sich hierbei um Medikamente, die ein körpereigenes Enzym (PCSK9) hemmen, das an der Regulation von LDL-Rezeptoren beteiligt ist. Wird PCSK9 gehemmt, gibt es mehr LDL-Rezeptoren und dadurch kann mehr Cholesterin aus dem Blut aufgenommen werden. Die Medikamente Evolocumab und Alirocumab werden alle 2 - 4 Wochen unter die Haut (subcutan) gespritzt. Die Wirksamkeit dieser sogenannten vollhumanen Antikörper auf kardiovaskuläre Ereignisse wurde in zwei großen Studien bestätigt (FOURIER und ODYSSEY OUTCOME). Das neue Medikament Inclisiran, ein PSK9-Syntheseinhibitor, wird ab der zweiten Anwendung alle 6 Monate injiziert. Es handelt sich um einen RNA-Wirkstoff, dessen Wirkung auf Herzinfarkte aktuell in der ORION-4 Studie evaluiert wird. Alle drei Medikamente senken das LDL-Cholesterin zusätzlich zu anderen oralen Medikamenten um circa 50 - 60 %. Diese Medikamente kommen derzeit insbesondere für Patienten mit hohen LDL-Cholesterinwerten und hohem kardiovaskulärem Risiko infrage.
Weitere Medikamente wie Anionenaustauscherharze (Colesevelam, Colestyramin) und Fibrate (Bezafibrat, Fenofibrat) gelten wegen ihrer geringen Wirksamkeit auf das LDL-Cholesterin und der schwierigen Studien-Lage als Reservemedikamente, das heißt sie werden nur in Ausnahmefällen, wenn alle anderen Medikamente nicht wirken oder nicht vertragen werden, eingesetzt.
Herz-Tipp:
Die Entscheidung für eine cholesterinsenkende Therapie mit Medikamenten sollte von der Bestimmung des Gesamtrisikos abhängig gemacht werden. Um das Gesamtrisiko beurteilen zu können, ist eine Risikoeinschätzung mit einem Score-System notwendig. Ihr Arzt kann dazu die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, die neuen SCORE-Deutschland-Tabellen für die Primärprävention, das PROCAM-System oder für die zusätzliche genauere Beurteilung der Lebensstilfaktoren das CARRISMA-System nutzen.
Experte
Univ.-Prof. Dr. med. Ulrich Laufs ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Professur für Kardiologie an der Universität Leipzig und Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig.
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Hohes Cholesterin: Was tun? (2023)
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