Ein Herznotfall kann jederzeit völlig unerwartet eintreten – zu Hause, bei der Arbeit oder beim Sport. Im Notfall können Minuten über Leben oder Tod entscheiden. Deshalb ist es wichtig, dass Zeuginnen und Zeugen sofort eingreifen und handeln. Damit Sie wissen, was im Notfall zu tun ist, erläutern wir Ihnen, wie Sie einen Herzinfarkt und Herzstillstand erkennen und welche Maßnahmen zu ergreifen sind. Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 65.000 Menschen am plötzlichen Herztod, über 49.000 sterben am Herzinfarkt. Helfen Sie mit, Leben zu retten!
So erkennen Sie einen Herzinfarkt
- Anhaltende (über 5 Minuten) drückende oder brennende Schmerzen hinter dem Brustbein
- Engegefühl bzw. Druck im gesamten Brustkorb
- Die Brustschmerzen können in die Arme oder Schulterblätter ausstrahlen, auch in den Hals oder Unterkiefer
- Eher selten sind Rückenschmerzen oder Schmerzen im Oberbauch ("Magenschmerzen")
Die Symptome eines Herzinfarktes können vielfältig sein. Sind sie zu Beginn nicht so stark, ist es mitunter schwierig, den Herzinfarkt rechtzeitig zu erkennen. Das kann dazu führen, dass Herzinfarktpatientinnen und -patienten zunächst harmlos erscheinende Symptome wie Schulter- oder Rückenschmerzen missdeuten und sich irrtümlicherweise an ihren Hausarzt oder einen Orthopäden wenden oder - noch schlimmer - gar nichts tun und einfach abwarten. Nähere Informationen zum Thema Herzinfarkt und seinen Anzeichen finden Sie auf folgender Seite Herzinfarkt-Anzeichen.
Herzinfarkt: Komplikation Kammerflimmern
Ein Herzinfarkt kann unmittelbar zum Tod führen. Ursächlich hierfür ist die Rhythmusstörung Kammerflimmern. Diese entsteht an der Grenze des vom Infarkt betroffenen Teil des Herzmuskels und des gesunden Teil des Herzmuskel. In der Folge kommt es zu ungeordneten Erregungen des Herzmuskels, sodass keine geordnete Herzmuskelaktion erfolgt, das Herz steht mechanisch still. Nach 10 bis 15 Sekunden verliert der Patient das Bewusstsein und und nach wenigen Minuten tritt der Tod ein. Ärzte sprechen hier vom plötzlichen Herztod. Tritt diese Komplikation ein, müssen unmittelbar Wiederbelebungsmaßnahmen eingeleitet werden. Die Wiederbelebungsmaßnahmen haben wir Ihnen weiter unten im Artikel aufgeführt.
Herzinfarkt: Anfangs überlebt aber zu spät behandelt!
Bei einem Herzinfarkt werden Teile des Herzmuskels nicht mehr ausreichend versorgt. Ursache hierfür ist der Verschluss eines Herzkranzgefäßes, dessen Aufgabe es ist, die Blut- und Sauerstoffzufuhr des Herzens zu gewährleisten. Wird das hinter dem Verschluss liegende Herzmuskelareal nicht mehr versorgt, kann dieses Areal des Herzmuskels an der Pumpleistung des Herzens nicht mehr teilnehmen. Wenn es sich um einen großen Infarkt handelt, tritt ein kardiogener Schock auf. Die Folge: Das Blut kann nicht ausreichend durch die Lunge gepumpt werden, die Niere kann den Körper nicht mehr entgiften und die Leberfunktion kann kritisch eingeschränkt sein. Der Patient bzw. die Patientin kann innerhalb einiger Stunden oder Tage an einem Versagen der Organe sterben.
Wie wird ein Herzinfarkt behandelt?
Patientinnen und Patienten mit einem Herzinfarkt müssen so schnell wie möglich in ein Krankenhaus gebracht werden, in dem 24/7 ein Herzkatheterlabor betrieben wird und in dem fachkundiges Personal und speziell ausgebildete Kardiologen arbeiten. Das verschlossenen Herzkranzgefäß wird mittels Herzkathetertechnik wiedereröffnet und mit Stents versorgt. Je schneller das Gefäß wieder eröffnet und damit der Muskel wieder durchblutet wird, umso geringer ist der Schaden, den der Herzmuskel erleidet („Time is muscle“). Umso geringer sind dann auch die Komplikationen und umso größer ist die Chance der Patientin oder des Patienten, den Herzinfarkt zu überleben.
Wie muss ich mich als Patient bzw. Angehöriger verhalten?
Vor allem gilt es, die Symptome ernst zu nehmen. Dies ist sehr leicht, wenn die Beschwerden sehr heftig sind und Todesangst besteht. Manche Infarkte rufen jedoch nicht so ausgeprägte Beschwerden hervor und werden daher nicht selten fehlgedeutet (vielleicht will man es im Unterbewusstsein auch nicht wahrhaben, einen Herzinfarkt zu haben). Doch genau in dieser Verzögerung liegt die große Gefahr für die Patientinnen und Patienten. Zögern kann dazu führen, dass ein größerer Teil des Herzmuskels definitiv zerstört wird und die Betroffenen dadurch akut oder auch langfristig eine Herzschwäche entwickeln. Ebenso besteht das Risiko plötzlich Kammerflimmern zu bekommen, ohnmächtig zu werden und unmittelbar am „plötzlichen Herztod“ zu sterben.
Deshalb zögern Sie bzw. Ihr Angehöriger nicht, den Rettungsdienst anzurufen (Notrufnummer 112). Haben Sie keine Angst vor falschem Alarm. Rufen Sie an, auch wenn Sie sich unsicher sind, ob es wirklich ein Herzinfarkt ist.
- Nennen Sie Ihren Namen, Ihre Adresse und die Beschwerden des Betroffenen.
- Vergessen Sie nicht, auch das Stockwerk anzugeben und welcher Name an der Klingel steht!
Ganz egal, wo Sie sich befinden: Beenden Sie trotz Ihrer Aufregung das Gespräch mit dem Rettungsdienst erst, wenn Sie alle Rückfragen der Rettungsleitstelle beantwortet haben!
Was tun bei einem Herzinfarkt? Notfall erkennen und handeln!
- Die betroffene Person soll so bequem wie möglich gelagert werden. Der Oberkörper sollte möglichst erhöht sein.
- Öffnen Sie beengende Kleidungsstücke, um dem Patienten die Atmung zu erleichtern.
- Öffnen Sie das Fenster.
- Versuchen Sie, so ruhig wie möglich zu bleiben. Als Angehöriger sollten Sie beruhigend auf die betroffene Person einwirken.
- Lassen Sie die Patientin oder den Patienten nicht allein. Das Risiko ist zu groß, dass sie oder er plötzlich einen Herz-Kreislauf-Stillstand erleidet und so die Wiederbelebungsmaßnahmen (Reanimation) erst verzögert eingeleitet werden.
Was tun bei Herzstillstand
Verliert der Patient bei einem Herzinfarkt plötzlich das Bewusstsein, besteht in den meisten Fällen Kammerflimmern. Es liegt ein Herzstillstand vor. Nur wenn Anwesende jetzt unmittelbar handeln, hat der Patient bzw. die Patientin die Chance, diesen Notfall zu überleben. Denn mit jeder Minute ohne Wiederbelebungsmaßnahme (etwa durch eine Herzdruckmassage) sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um zehn Prozent. Hintergrund ist, dass das Gehirn sehr sensibel auf Sauerstoffmangel reagiert. Wird der Kreislauf durch die Wiederbelebung nicht minimal aufrechterhalten und somit das Gehirn weiterhin mit Sauerstoff versorgt, kommt es bereits nach drei bis fünf Minuten zu unwiderruflichen Hirnschäden.
So geht die Herzdruckmassage
1. Prüfen: Bewusstlosigkeit und Atmung
Zunächst wird geprüft, ob die ohnmächtig gewordene Person tatsächlich bewusstlos ist. Sprechen Sie die Person laut an (z.B.: „Hallo, hallo, wie heißen Sie, was ist passiert?“). Wenn die Person nicht reagiert und sich der Brustkorb nicht bewegt, liegt mit großer Wahrscheinlichkeit ein Herzstillstand vor.
ACHTUNG: Schnappatmung oder Röcheln ist keine normale Atmung.
2. Rufen
Nach Feststellen der Bewusstlosigkeit ist es wichtig, schnell Hilfe zu rufen. Wählen Sie den Notruf (112). Im Gespräch mit der Notrufzentrale sind folgende Fragen wichtig:
- Wer bin ich?
- Wo bin ich?
- Was ist passiert?
Beenden Sie das Gespräch mit der Rettungsleitstelle erst, wenn Sie alle Rückfragen beantwortet haben! Wenn Sie in der Öffentlichkeit sind, versuchen Sie auf sich aufmerksam zu machen. Bitten Sie andere Personen, Sie zu unterstützen.
3. Drücken
Nachdem Sie den Notruf abgesetzt haben, beginnen Sie sofort mit der Herzdruckmassage. Die Patientin oder der Patient liegt auf dem Rücken. Sie knien neben der Person (egal ob rechts oder links). Legen Sie eine Hand auf die Mitte des Brustkorbes und die zweite auf den Handrücken der ersten. Mit gestreckten Armen das Brustbein tief (5 bis 6 cm) und schnell (100- bis 120-mal pro Minute) in Richtung Wirbelsäule drücken (z. B. im Takt des Hits „Stayin’ Alive” von den Bee Gees). Nach jedem Drücken vollständig entlasten, ohne den Kontakt zwischen Hand und Brustbein zu verlieren. Die Herzdruckmassage wird so lange fortgeführt, bis das Rettungsteam eintrifft.
Wichtig: Die Herzstiftung empfiehlt Laien ausdrücklich, keine Mund-zu-Mund-Beatmung durchzuführen.
4. Schocken
Der Automatisierte Externe Defibrillator (AED) kommt nur zur Anwendung, wenn mindestens zwei Helferinnen oder Helfer vor Ort sind und bekannt ist, wo in unmittelbarer Nähe ein AED installiert ist. So kann eine Person die Herzdruckmassage durchführen, während die andere den AED holt. Nachdem Sie den AED eingeschaltet haben, müssen Sie nur den Anweisungen des Sprachcomputers folgen. Diese sind einfach und gut verständlich.
Wichtig: Unterbrechen Sie die Druckmassage nur, wenn der Sprachcomputer Sie dazu auffordert.
Warum ein AED?
Durch eine Herzdruckmassage ist es zwar möglich, für eine gewisse Zeit einen künstlichen Blutfluss zum Gehirn aufrechtzuerhalten. Sofern aber Kammerflimmern vorliegt, kann dies nur durch den Einsatz des AED beseitigt werden.
Warum Herzdruckmassage ohne Mund-zu-Mund-Beatmung?
Häufiger Grund für das Nichtstun von Ersthelferinnen und Ersthelfern ist die zusätzliche Atemspende. Viele lähmt im Ausnahmezustand die Komplexität der Situation und der sehr nahe körperliche Kontakt bei der Atemspende. Diese Verunsicherung kann dazu führen, dass aus Angst etwas falsch zu machen, gar nichts unternommen wird.
Des Weiteren zeigen Daten wissenschaftlicher Studien, dass eine Unterbrechung der Herzdruckmassage z. B. durch eine Atemspende ungünstig ist. Nur durch kontinuierliche Thoraxkompressionen wird der Blutfluss im Körper aufrechterhalten. Das ist besonders wichtig, um Sauerstoff zum Gehirn zu transportieren. Auch bei alleiniger Herzdruckmassage ohne Beatmung ist ausreichend Sauerstoff im Blut. Durch die passive Lungenbewegung während der Herzdruckmassage kommt es zu einem minimalen Beatmungseffekt. So kann die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes ohne Beatmung überbrückt werden. Die Atemspende ist in der Erstversorgung durch Laien nicht erforderlich und sollte nur von regelmäßig medizinisch geschulten Personen, die die einzelnen Schritte sicher beherrschen, angewendet werden (z. B. Rettungssanitäter).
Tipp: So richten Sie Ihr Smartphone mit wichtigen Notfalldaten ein
Damit im Notfall der Rettungsdienst und Umstehende schnell an wichtige Gesundheitsdaten zu Ihrer Person kommen, selbst wenn Sie bewusstlos sind, können Sie im Smartphone den "Notfallpass" oder "Notfallinformationen" anpassen. Dieser ist auf jedem Smartphone in der Rubrik "Einrichtungen" zu finden. Bei iOS-Geräten findet sich der Bereich unter "Health". Wichtig hier: Aktivieren Sie "Zugriff im Notfall". Bei Android-Geräten geht das unter "Über das Telefon"/"Notfallinformationen".
Dort können Sie dann jeweils z.B. hinterlegen, welche Blutgruppe sie haben, welche Medikamente sie nehmen, ob sie Träger eines Herzschrittmachers sind oder ob Sie Organspender sind. Dann kann jeder, der das Handy bei Ihnen findet, Ihre Notfall-Daten und Notfall-Kontakte auch bei einem gesperrten Bildschirm aufrufen, wenn Sie selbst nicht in der Lage sind, Auskunft zu geben.
Bei iOS-Geräten lässt sich dann der Notfallpass durch längeres Drücken der Lautstärkentaste +Antaste aufrufen. Bei Android-Geräten einfach bei gesperrtem Display nach oben wischen und Notfall/Notfallinformationen tippen.
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung e.V., Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M. und Mitglied im Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) Frankfurt a. M. Zu den Schwerpunkten des Herzspezialisten zählen u. a. die interventionelle Kardiologie und nichtinvasive Bildgebung.
Unser Informationsmaterial
-
Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt (2020)
PDF: 8,62 MB -
Faltblatt: Was tun im Notfall (2020)
-
Herznotfall-Set
Videos zur Wiederbelebung
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