Bei der Herzmuskelentzündung (Myokarditis) treten meist keine charakteristischen Beschwerden aus. Deshalb arbeiten Ärztinnen und Ärzte mit bildgebenden Untersuchungsverfahren. Auch das EKG und Blutwerte liefern Hinweise.
Myokarditis: Nur unspezifische Beschwerden
Herzmuskelentzündungen sind oft eine Folge von Infektionen mit Viren. Und genau hier liegt ein Problem: Betroffene führen Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Kurzatmigkeit auf den Infekt zurück, ohne an eine Beteiligung des Herzens zu denken. Schmerzen hinter dem Brustbein und Herzrasen (Herzrhythmusstörungen) können, müssen aber keineswegs auftreten. Und bei Kindern fehlen kardiale Symptome oft gänzlich.
Herz-Tipp:
Zieht sich ein grippaler Infekt oder ein Magen-Darm-Infekt in die Länge, ohne richtig abzuheilen, sollten Sie sich umgehend untersuchen lassen. Unspezifische Beschwerden können auf eine Myokarditis hindeuten.
Myokarditis-Diagnostik: EKG und weitere bildgebende Verfahren
Haben Ihre Ärztin oder Ihr Arzt den Verdacht, dass es sich um eine Myokarditis handeln könnte, folgen weitere Untersuchungen. Denn: Aus den Beschwerden allein lassen sich keine klaren Rückschlüsse auf eine Herzmuskelentzündung ziehen.
Im Elektrokardiogramm (EKG) lässt sich feststellen, ob der Herzschlag zwar normal ausgelöst, aber zu schnell ist (Sinustachykardie). Während der Myokarditis können je nach Person Veränderungen in der Form der EKG-Kurven, aber auch Herzrhythmusstörungen unterschiedlicher Art auftreten, bei denen die Herzaktion an nicht hierfür vorgesehenen Stellen (z.B. der Herzkammer) ausgelöst werden – sie können zur Gefahr werden. Ein plötzlicher Herztod ist allerdings extrem selten. Andererseits schließt ein unauffälliges EKG nicht aus, dass sich der Herzmuskel entzündet hat. Hierfür ist die Aussagekraft des EKG zu ungenau.
Eine hohe Aussagekraft bieten Ultraschalluntersuchungen des Herzens (Echokardiographien), die meist von Kardiologinnen oder Kardiologen durchgeführt werden. In der Echokardiographie kann die Pumpleistung des Herzens beurteilt werden, die bei einer Myokarditis eingeschränkt sein kann. So pumpen die Herzkammern bei Myokarditis oft deutlich weniger Blut in den Körper als bei gesunden Menschen. Je nach Schweregrad der Myokarditis können die Herzkammern sich auch erweitern und die Herzwände dünner werden. Nicht zuletzt hilft die Untersuchung, andere Erkrankungen des Herzens auszuschließen oder abzugrenzen.
Auch bei anderen Herzerkrankungen kann die Herzleistung in der Echokardiographie reduziert sein. Eine genaue Betrachtung des Pumpverhaltens einzelner Abschnitte des Herzmuskels kann hier Hinweise geben, ob eine Myokarditis oder eine andere Erkrankung vorliegt.
Diagnose: Ein Puzzle aus mehreren Informationen und Untersuchungen
Die Echokardiographie gibt somit einen wichtigen Hinweis auf eine Myokarditis, stellt aber nicht alleine die Diagnose. Die Diagnose Myokarditis stellen Ärztin oder Arzt in der Zusammenschau mehrerer Informationen, wozu das EKG und die Echokardiographie gehören. Er benötigt aber auch weitere Informationen wie den Zeitpunkt des Beginns und den Verlauf der Beschwerden, die gesundheitliche Vorgeschichte des Patienten hinsichtlich Herzerkrankungen sowie Laboruntersuchungen. Oftmals sind dann nochmals genauere bildgebende Untersuchungen notwendig, die entweder alternative Erkrankungen ausschließen oder noch besser eine Entzündung des Herzmuskels darstellen können.
Blutwerte zum Nachweis einer Herzmuskelentzündung
Es gibt keinen einzelnen Blutwert, um eine Myokarditis nachzuweisen oder deren Verlauf zu bestimmen. Meistens ist es nicht erfolgsversprechend zu versuchen, die Viren direkt im Blut nachzuweisen. Die Ärztinnen und Ärzte arbeiten deshalb mit einer Kombination verschiedener Messgrößen, den sogenannten Biomarkern, die eine Herzschädigung anzeigen, um über diesen Weg eine Myokarditis festzustellen. Das C-reaktive Protein (CRP) und das große Blutbild geben zum Beispiel Hinweise auf eine Entzündung im Körper. Ob der Herzmuskel betroffen ist, lässt sich daraus nicht ableiten.
Hinweise auf eine Herzschwäche liefern auch Eiweiß-Moleküle, die bei einer Schädigung des Herzmuskels in das Blut abgegeben werden und dort nachweisbar sind. Hierzu gehört der BNP-Spiegel oder auch dessen Vorstufe NT-pro-BNP. BNP (B-natriuretisches Peptid) ist ein Eiweiß mit hormonellen Eigenschaften. Ist der Wert erhöht, deutet dies auf eine Herzschwäche, aber nicht zwangsläufig auf eine Myokarditis, hin.
Auch Troponin-T, ein anderes Eiweiß, eignet sich als Biomarker. Es entsteht bei der Zerstörung von Herzmuskelzellen und wird bei Erwachsenen häufig zur Diagnostik eines Herzinfarkts eingesetzt. Vor allem bei Kindern, hier kann ein Herzinfarkt nahezu ausgeschlossen werden, liefert Troponin-T Anhaltspunkte für eine Herzmuskelentzündung. Bei Erwachsenen muss im Puzzle mit den übrigen erhobenen Befunden beurteilt werden, ob die erhöhten Biomarker Folge einer Myokarditis oder einer anderen Herzerkrankung (z. B. Herzinfarkt) sind.
Röntgen, CT und Kardio-MRT
Klassische Röntgenuntersuchungen sind wenig spezifisch, sie zeigen Veränderungen des Herzens nur sehr grob. Gelegentlich entscheiden sich Ärztinnen und Ärzte, den Brustkorb in Schichten zu röntgen (sog. Low-Dose-CT). Meist dient die Untersuchung dazu, andere Ursachen der Beschwerden und Laborbefunde (z.B. Lungenembolie) auszuschließen. Die Myokarditis selbst kann im CT nicht so gut beurteilt werden.
Die besten Anhaltspunkte für krankhafte Vorgänge im Herzmuskel liefert die Kernspinuntersuchung. Ärztinnen und Ärzte sprechen von einer kardialen Magnetresonanztomographie, kurz Kardio-MRT. Man findet örtlich im Herzmuskel Schwellungen, Gewebszerstörungen oder Vernarbungen. Patientinnen und Patienten erhalten über eine Vene eine kleine Menge des Kontrastmittels Gadolinium. Dessen Verteilung im Herzmuskel erlaubt es, die Schäden zu beurteilen.
Da beim Kardio-MRT keine Röntgenstrahlung zum Einsatz kommt, eignet sich das Verfahren auch zur Verlaufskontrolle bei der Behandlung. So kann mittels MRT nach drei Monaten untersucht werden, inwieweit noch Hinweise für eine akute Entzündung bestehen. Mit dieser Informationen kann dann individuell entschieden werden, wie körperliche Belastungen wieder aufgenommen werden sollen.
Myokarditis-Diagnostik: Herzkatheter und Biopsie des Herzmuskels
Wenn die Beschwerden, EKG- und Laborveränderungen Ähnlichkeiten zu einem Herzinfarkt aufweisen oder wenn die Herzleistung stark reduziert ist, wird die Ärztin oder der Arzt einen Linksherzkatheter empfehlen, um eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße oder andere Herzerkrankungen auszuschließen, was wiederum die Diagnose einer Myokarditis erhärtet. Beim Linksherzkatheter wird über eine Punktion der Arterie am Handgelenk oder in der Leiste ein Katheter zum Herzen vorgeschoben, über den die Herzkranzgefäße dargestellt werden können.
Dank der Kardio-MRT ist eine Entnahme von Gewebe des Herzmuskels (Endomyokardbiopsie) nur noch bei speziellen Fragestellungen erforderlich. Dabei führen Ärztinnen und Ärzte über die Halsvene oder eine Beinvene einen Draht mit einer kleinen Zange in die rechte Herzkammer. Sie entnehmen mehrere Proben, die im Labor auf Erreger und in der feingeweblichen Untersuchung auf Abwehrreaktionen des Körpers (Autoimmunreaktionen) hin untersucht wird.
Beide Verfahren (Herzkatheter, Biopsie) sind Eingriffe, bei denen es zu Komplikationen kommen kann, wenngleich bei problemlosem Verlauf die Verfahren kaum belastend sind. Sie erhalten eine örtliche Betäubung an der Einstichstelle und eventuell noch ein Beruhigungsmittel, aber keine Vollnarkose. Die Ärztin oder der Arzt stellt die Indikation für einen Herzkatheter oder Myokardbiopsie sorgsam in Abwägung des Nutzens und Erkenntnisgewinns sowie des individuellen Risikos.
Behandlung einer Herzmuskelentzündung
Experte
Prof. Dr. med. Volker Schächinger, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V., Klinikdirektor der Medizinischen Klinik 1 des Klinikums Fulda.