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Vorhofflimmern – Störfelder operativ ausschalten

Die Herzrhythmusstörung kann auch operativ behandelt werden – mittlerweile sogar mit der Schlüssellochtechnik.

Ärztin opreriert Patienten der an Vorhofflimmern erkrankt ist
iStock - Georgiy Datsenko Die Herzstiftung hat im vergangenen Jahr für Forschungsvorhaben zu Vorhofflimmern, eine Million Euro ausgelobt.

Die Therapie des Vorhofflimmerns beginnt im Regelfall damit, die Risikofaktoren – wie vor allem Bluthochdruck – ordentlich zu behandeln und zu schauen, ob auch die Lebensgewohnheiten ausgewogen sind. Neben der medikamentösen Therapie ist dann die Katheterablation ein effektives Verfahren, um die Herzrhythmusstörung gerade in ihren Anfängen mit sehr guten Erfolgsaussichten zu behandeln. Erweisen sich jedoch alle diese Maßnahmen als nicht erfolgreich oder leiden Patienten schon lange an Vorhofflimmern, besteht auch die Möglichkeit zur Operation.

Wann sollte operiert werden?

Ein chirurgischer Eingriff kommt infrage, wenn sich das Vorhofflimmern weder mit Medikamenten noch mit einer elektrischen Kardioversion oder einer Katheterablation in den Griff bekommen lässt und bei den Patienten aufgrund der Rhythmusstörung weiterhin ein hoher Leidensdruck besteht. Auch bei jungen Menschen, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben oder an einer Pumpschwäche der linken Herzkammer erkrankt sind, wird ein chirurgischer Eingriff zum Beheben des Vorhofflimmerns empfohlen.

Sinnvoll ist die Operation zudem immer dann, wenn bei einem Vorhofflimmernpatienten ohnehin ein herzchirurgischer Eingriff vonnöten ist, etwa eine Bypass- oder Herzklappenoperation. Dann kann das Vorhofflimmern gleich mitbehandelt werden. Das zusätzliche Risiko ist heutzutage sehr niedrig.

Wie wird operiert?

Ziel des operativen Eingriffes ist es, die Ausbreitung der elektrischen Flimmerwellen auszubremsen, indem die Lungenvenen (Pulmonalvenen) isoliert werden. Denn in dem Bereich, wo die Lungenvenen in den Vorhof münden, liegen die “falschen Zündkerzen”, die für das Vorhofflimmern ursächlich sind. Dies geschieht mittels Ablation, dem „Veröden“ krankhafter Erregungsherde oder Leitungsbahnen. Anders als bei der Katheterablation erfolgt hier jedoch der Zugang nicht über die Leistenvene per Katheter, sondern über den Brustkorb. Das Verfahren ist heute in der Regel minimalinvasiv, die Schnitte, die für die „Schlüssellochchirurgie“ gesetzt werden müssen, sind einen Zentimeter klein – je drei auf der rechten und linken Seite des Brustkorbes.

Das innovative Verfahren zur minimalinvasiven chirurgischen Therapie von Vorhofflimmern wurde erstmals im Jahr 2009 in Deutschland angewandt, die ursprünglichen Ansätze kommen aus den USA. Heute ist die minimalinvasive Technik europaweit etabliert und erfolgt in vielen Zentren mit einer hohen Erfolgs- und niedrigen Komplikationsrate. Die Operation dauert je nach Art des Eingriffs ein bis zwei Stunden und erfolgt in Vollnarkose. Wird „nur“ das Vorhofflimmern operiert, ist meist keine Herz-Lungen-Maschine nötig. Bei der Rhythmuschirurgie mit zusätzlichem herzchirurgischem Eingriff wird hingegen meist eine Herz-Lungen-Maschine eingesetzt.

Warum die Kombination mit einem Vorhofohrverschluss Sinn macht

Beim chirurgischen Vorgehen wird in der Regel auch gleich das linke Vorhofohr geschlossen. Denn gerade dort können sich bei Vorhofflimmern Blutgerinnsel bilden, die dann zu einem Schlaganfall oder eine Embolie an einer anderen Stelle im Körper führen können. 80 – 90 Prozent aller durch ein Blutgerinnsel verursachten Schlaganfälle haben ihren Ursprung im Vorhofohr.

Was ist eigentlich das Vorhofohr?

Das Vorhofohr ist eine Ausbuchtung des linken Herzvorhofes. Es hat, soweit man weiß, keine für das Herz notwendige Funktion. In ihm fließt das Blut bei Vorhofflimmern jedoch besonders langsam, was Gerinnungsstoffe aktiviert und das Blut schneller gerinnen lässt. Lösen sich die Gerinnsel und gelangen diese mit dem Blutstrom in ein hirnversorgendes Gefäß, droht ein Schlaganfall (ischämischer Insult). Das begründet auch die blutgerinnungshemmende Therapie bei Patienten mit Vorhofflimmern, die noch bestimmte weitere Risikofaktoren aufweisen.

Verschluss per Clip, Ballon oder Schirm

Das Vorhofohr kann entfernt bzw. per Clip ausgeschaltet werden – chirurgisch oder mithilfe eines Katheters. Dies kommt z.B. bei Patienten infrage, bei denen eine Kontraindikation gegen die Einnahme von Blutgerinnungshemmern besteht. Meist erfolgt der chirurgische Schritt, wenn sich ein Vorhofflimmernpatient ohnehin einer Herzoperation unterzieht. Ein anderer Weg ist der dauerhafte Verschluss mit einem sogenannten LAA-Okkluder, einem flexiblen, beschichteten Metallgerüst in Ballon- oder Schirmform. Die alleinige Implantation eines LAA-Okkluders erfolgt im Herzkatheterlabor und dauert 30 bis 45 Minuten während der Patient sich in Kurznarkose befindet.

Was passiert bei einer Hybridablation?

Eine besondere Möglichkeit der operativen Vorhofflimmern-Therapie ist es, die chirurgische Ablation mit einer Katheterablation zu kombinieren. Das hybride Vorgehen möchte die Vorteile beider Verfahren nutzen. Dazu wird gleichzeitig ein elektrophysiologisches Mapping erstellt – eine dreidimensionale “Landkarte”, die elektrische Störungen im Herzen genau anzeigt.  

Beispiel: Nach einer transvenösen Katheterablation können mithilfe des Mappings mögliche Ablationslücken erkannt und anschließend mittels chirurgischer Katheterablation gezielt und dauerhaft geschlossen werden. Allerdings sind für dieses Vorgehen zum Teil sehr lange Behandlungszeiten notwendig. Es muss darüber hinaus die Voraussetzung bestehen, beide Verfahren gleichzeitig in einem Operationssaal durchführen zu können. Das Verfahren kann vor allem Patienten mit besonders hartnäckigem Vorhofflimmern und zusätzlichen Risikofaktoren helfen.

Welche Erfolgsaussichten hat eine Vorhofflimmern-Operation?

Der chirurgische Eingriff ist sehr effektiv. Bei Patienten mit langanhaltendem Vorhofflimmern gelingt es mit der chirurgischen Technik in gut 80 Prozent der Fälle einen stabilen Sinusrhythmus herzustellen. Bei einer nicht-chirurgischen Katheterablation gelingt das bei diesen Patienten wesentlich seltener. Auch die Hybridablation erreicht bei langanhaltendem Vorhofflimmern Erfolgsraten von über 80 Prozent; ein Vergleich der alleinigen chirurgischen Ablation mit dem Hybridverfahren ergab sogar einen klaren Vorteil zugunsten des kombinierten Vorgehens.  

In Zentren, die einen operativen Eingriff bei Vorhofflimmern vornehmen, sollte generell eine enge Zusammenarbeit zwischen den Fachdisziplinen der Chirurgie und Elektrophysiologie bestehen, da sich so Sicherheit und Ergebnis der Versorgung von Patienten mit Vorhofflimmern optimieren lassen. 

Experte

Prof. Dr. Nicolas Doll
Bild von Prof. Doll

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