Ein 51-jähriger Mann erleidet eine transitorische ischämische Attacke. Die transösophageale Echokardiographie ergibt, dass er ein Loch in der Herzscheidewand (PFO) hat. Er fragt nach den Verschlussmöglichkeiten des PFOs. Unser Experte erläutert ihm die unterschiedlichen Verschluss-Schirme und erklärt, wieso es bei einem PFO häufiger zu einer TIA bzw. einem Schlaganfall kommen kann.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut
Ich bin ein 51 Jahre alt, wiege 120 Kilo, bin 1,90 Meter groß und dachte bisher, dass ich kerngesund bin. Vor zwei Monaten hatte ich eine TIA, eine transitorische ischämische Attacke. Ich habe über viele Jahre hinweg täglich ein bis zwei Liter Milch getrunken, dies aber rund eine Woche vor dem Ereignis geändert, sprich ich habe von einem Tag auf den anderen die Milch komplett aus meiner Ernährung gestrichen. Im Zuge dessen habe ich fast nichts mehr getrunken, war am Tag der TIA zuvor mit meiner Tochter mit dem Fahrrad im Wald unterwegs und hatte wegen der Ernährungsumstellung dann ein Abführmittel eingenommen, um meinen Darm zu reinigen. Ich war offenbar massiv dehydriert, die Adern schauten aus meinen Unterarmen heraus, was mir bis dahin noch nie aufgefallen war, und ich hatte circa eine halbe Stunde nach Einnahme des Abführmittels für etwa fünf Minuten Sprach- und Sehstörungen. In diesem Zustand habe ich meiner Tochter das Wort Schlaganfall aufschreiben wollen, was mir aber nicht ganz gelungen ist. Der Notarzt hat mir dann einen Zugang gelegt, in der Armbeuge. Was dort herauskam, sah dunkelbraun und dickflüssig aus! Da wurde mir klar, was ich fabriziert hatte.
Ich war fünf Tage in der Schlaganfall-Abteilung (Stroke Unit) und habe sehr viele Untersuchungen absolviert. Meine Halsschlagadern sind frei (Ultraschall). Doch bei einer Schluckultraschalluntersuchung wurde festgestellt, dass ich ein Loch in der Herzscheidewand habe und dass 28 sogenannte Bubbles übertreten, was mir von der Menge her gar nichts sagt. Leider konnte mir niemand ableiten, wie groß das Loch in Millimetern ist. Eine Herzkatheteruntersuchung hat keine Auffälligkeiten ergeben, die Adern sind auch frei. Ich nehme morgens je eine ASS 100 Milligramm und eine Bisoprolol 2,5 Milligramm. In Kürze ist meine PFO-Verschluss-Operation per Katheter angedacht. Ich möchte im Prinzip wissen, welches Schirmchen in meinem Fall am besten ist, bezogen auf die Materialbeschaffenheit. Gibt es überhaupt verschiedene Schirmchen? Gibt es auch welche, die sich auflösen? Auf was muss ich achten? Durch meinen Beruf kenne ich mich mit Materialkunde aus und würde in das Vorgespräch mit den Ärzten gerne mit etwas Wissen gehen. (Andreas R., Neustadt)
Antwort des Experten
Lassen Sie mich zu Ihrer Frage etwas ausholen: Ein Foramen ovale ist eine aus dem Leben vor der Geburt verbliebene Verbindung zwischen den beiden Herzvorhöfen, die beim Ungeborenen wichtig für eine gesunde Fetalentwicklung ist und die sich nach der Geburt bei etwa drei Viertel der Menschen spontan verschließt. Bei einem Viertel aber bleibt diese Verbindung ventilartig offen und erlaubt in besonderen Situationen einen Übertritt von Blut aus dem rechten in den linken Vorhof. Es ist nachgewiesen, dass bei Menschen mit einem offenen Foramen ovale (PFO = persistierendes Foramen ovale) häufiger Schlaganfälle und TIAs auftreten als bei Menschen ohne PFO. In einigen Fällen konnte man nachweisen, dass diese durch Blutgerinnsel verursacht wurden, die über das PFO aus den Körpervenen (Blutadern) und dem rechten Vorhof in den linken Vorhof und von dort in die Körperschlagadern gelangt waren.
Verschluss des PFO mit einem Schirmchen
Deshalb verschließt man das PFO mit einem Schirmchen, wenn die Wahrscheinlichkeit dafür hoch ist, dass ein solches Geschehen aufgetreten ist. Aus Ihrer Schilderung kann ich nicht abschätzen, wie hoch diese Wahrscheinlichkeit ist, da sollten Sie Ihren behandelnden Ärzten vertrauen, die alle Einzelheiten kennen. Die Größe des PFO ermittelt man durch eine transösophageale Echokardiographie (TEE, Schluckecho), bei der ähnlich einer Magenspiegelung eine Ultraschallsonde in die Speiseröhre eingeführt und damit das Herz untersucht und dargestellt wird. Auch der Verschluss des PFO wird mit einer solchen TEE-Untersuchung kombiniert, weil man die Position des Schirmchens so am besten steuern und überwachen kann. Problematisch bei der ganzen Sache ist, dass man meist nicht hundertprozentig weiß, ob das PFO schuld war, und man so zwar eine verringerte Wahrscheinlichkeit, aber keine Sicherheit dagegen hat, dass erneut eine TIA oder ein Schlaganfall auftreten.
Unterschiedliche Verschluss-Schirme
Zu Ihren Fragen: Ja, es gibt zahlreiche verschiedene Verschluss-Schirme und diese in unterschiedlichen Größen. Jeder zugelassene Schirm ist in entsprechenden Studien geprüft und sicher. Fast alle sind sogenannte Doppelschirme, bei denen sich zwei Scheiben in beiden Vorhöfen befinden, die miteinander durch das Loch hindurch durch eine „Nabe“ verbunden sind und die Wände des PFO „nietenähnlich“ zusammenhalten. Man unterscheidet die Gruppe der Amplatzer-artigen Schirme von anderen: Erstere sind nach ihrem Erfinder, dem österreichisch-amerikanischen Kurt Amplatz benannt. Sie bestehen aus einer Vielzahl von Nitinol-Drähten (Nickel-Titan-Legierung mit Memory-Effekt bei 37 Grad) und aus zwischen ihnen liegenden dünnen Gewebeflächen (Polyester und andere). Sie werden heute von verschiedenen Firmen (Abbott-Amplatzer, Occlutech-Figulla, Lifetech-CeraFlex etc.) hergestellt und unterscheiden sich nur in Details, die man unterschiedlich betonen kann. Ein anderes Prinzip haben die Schirmchen der Firma Gore, die aus einem einzelnen Nitinol-Draht bestehen, der eine spiralförmige Goretex-Membran trägt, die sich im Herzen zu zwei Scheiben konfiguriert.
Schirme, die sich auflösen, gibt es zurzeit nicht, sie haben sich nicht bewährt. Bei manchen kam es im Rahmen der Auflösung zu heftigen Entzündungsreaktionen, bei anderen war am Ende auch das Loch wieder da. Derzeit gibt es einen Schirm der Firma Carag, bei dem sich die Haltedrahtfilamente langfristig auflösen, die Verschlussmembranen jedoch nicht. Alle heute üblichen Schirme sind MRT-kompatibel, führen aber zu Bildstörungen, wenn das Herz selbst mit MRT untersucht wird. Auch bei der Auswahl des Verschluss-Systems sollten Sie Ihren behandelnden Ärzten vertrauen.
Worauf kommt es bei der Wahl an?
Wichtig ist, dass der Schirm in Art und Größe zu Ihrem Herzen, besser in Ihr Herz, passt und das Loch verschließt. Wichtig ist außerdem, dass die implantierenden Ärztinnen und Ärzte mit der Handhabung genau dieses Schirms schon viel Erfahrung haben.
Was müssen Sie beachten? In den ersten sechs Monaten nach der Implantation sollten Sie die von Ihren Ärzten empfohlenen Kontrollen wahrnehmen, die Ihnen verordneten Medikamente zur Blutverdünnung (meist ASS und Clopidogrel) gewissenhaft einnehmen und bei bestimmten notwendigen medizinischen und zahnärztlichen Eingriffen prophylaktisch ein Antibiotikum einnehmen. Danach ist nichts Besonderes mehr zu beachten, was man nicht sowieso bei einer bewusst gesunden Lebensweise zu beachten hätte. Alles Gute für Sie und Ihre Entscheidungen.
Experte
Direktor der Universitätsklinik für Kinderkardiologie und Leiter des Überregionalen EMAH-Zentrums am Herzzentrum Leipzig
