Was haben Beinschmerzen mit dem Herzen zu tun? Im ersten Moment denkt man: Gar nichts. Ganz so ist es allerdings nicht. Beinschmerzen aufgrund von Durchblutungsstörungen in den Arterien können nämlich auch auf eine Herzerkrankung und ein erhöhtes Infarktrisiko hindeuten. Sie sollten die hier aufgeführten Beschwerden daher ernst nehmen und ärztlich abklären lassen.
Schmerzen in Waden und in Zehen können auf eine Gefäßerkrankung hindeuten
Typisch für Beinschmerzen, die durch Durchblutungsstörungen hervorgerufen werden, ist, dass sie beim Gehen in den Waden auftreten und beim Stehenbleiben wieder nachlassen. Die schmerzfreie Gehstrecke verringert sich im Verlauf deutlich, in höheren Erkrankungsstadien unter 200 Meter. Außerdem kann es im Liegen zu Schmerzen in der Zehengegend kommen, die sich beim Aufstehen wieder abschwächen. Dennoch sollte man sich nicht vollkommen auf diese Schmerzbeschreibung verlassen. Die Symptome können auch in anderen Beinabschnitten auftreten; zum Beispiel in den Oberschenkeln oder im Gesäß. Ursache dafür ist meist eine Arteriosklerose, die umgangssprachlich auch Gefäßverkalkung genannt wird. Bei dieser Erkrankung bilden sich Ablagerungen in den Blutgefäßen, die dann zu den chronischen Durchblutungsstörungen führen können. Die Erkrankung kann überall im Körper auftreten. Wenn sie die Beine betrifft, nennt man das die „periphere arterielle Verschlusskrankheit“ (pAVK). Sie gehört zu den häufigsten Erkrankungen des höheren Lebensalters. Etwa 3 % der Bevölkerung sind in Deutschland von Durchblutungsstörungen in den Beinen betroffen, im höheren Alter ab 70 Jahren schätzungsweise sogar 15-20 Prozent. Im Volksmund wird sie gerne auch „Schaufensterkrankheit“ genannt – Betroffene müssen wegen der Beschwerden beim Gehen oft Pausen einlegen und tun dies offenbar häufig vor einem Schaufenster, um das Problem zu kaschieren.
Bei Beinschmerzen immer auch das Herz untersuchen lassen
Die Arteriosklerose ist eine sogenannte Systemerkrankung. Das bedeutet, sie erfasst den gesamten Organismus und bleibt nicht auf eine Stelle beschränkt. Die Beine sind in der Regel relativ spät betroffen. Meistens besteht dann auch schon eine deutliche Verengung der Herzkranzgefäße. Diese Erkrankung nennt sich koronare Herzkrankheit (KHK) und kann extrem gefährlich werden: Die Ablagerungen in den Herzkranzgefäßen und die dadurch entstehenden Verengungen können dafür sorgen, dass der Herzmuskel nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird – häufige Folgen sind Herzinfarkte, Herzrhythmusstörungen oder Herzschwäche. Da eine Arteriosklerose in den Beinen also häufig mit der koronaren Herzkrankheit einhergeht, sollte man Beinschmerzen nicht auf die leichte Schulter nehmen und immer auch das Herz untersuchen lassen. Wie bedeutungsvoll das ist, beweist auch die Statistik: Bei 40-60 % der Patienten, die von der Durchblutungsstörung in den Beinen betroffen sind, bestehen auch Hinweise für einen Herzkranzgefäßerkrankung. Häufig liegt bei Patienten mit pAVK auch Herzschwäche vor.
Sie leiden unter Beinschmerzen? Das ist jetzt zu tun
Neben den genannten Schmerzen in den Beinen gib es noch weitere Symptome, die auf die Verschlusskrankheit pAVK hindeuten:
- Blässe des betroffenen Beins besonders nach Gehbelastung oder bei Hochlagerung
- spontane Rötung des Beins, wenn es wieder nach unten gehalten wird
- Das betroffene Bein ist kühler als das andere. Die Venen sind nicht gefüllt.
- Haarverlust am betroffenen Bein
- Beinhaut wird dünn, schuppig und ist leicht verletzlich.
- gelblich verfärbte Nägel, häufig mit Nagelpilz
- Bei fortgeschrittener Durchblutungsstörung: Einrisse in der Haut (Rhagaden), die äußerst schmerzhaft sind.
Erste Anlaufstelle bei Beinschmerzen und weiteren Symptomen ist der Hausarzt oder die Hausärztin. Denn schon mit ein paar einfachen Untersuchungen lässt sich einschätzen, ob die Beinschmerzen wirklich auf eine Durchblutungsstörung zurückgehen. Ein Gefäßspezialist (Angiologe) kann bei Bedarf den Verdacht auf eine PAVK und das Ausmaß der Durchblutungsstörung durch eine Ultraschalluntersuchung (Duplexsonografie) und andere Verfahren erhärten.
Welche Therapien gibt es?
In den letzten Jahren haben sich die Kathetertechniken sehr entwickelt, und viele Verschlüsse und Verengungen in den Beinarterien können behoben werden, ohne dass eine Operation erforderlich wird. Darüber hinaus hat die Bewegungstherapie (strukturiertes Gefäßtraining) einen sehr wichtigen Stellenwert. Auch medikamentöse Ansätze sind sehr wichtig; insbesondere die Behandlung der Risikofaktoren steht im Vordergrund. .
Schutz vor Arteriosklerose in den Beinen
1
Ausreichend bewegen
2
Aufs Rauchen verzichten
3
Auf gesunde Ernährung achten
4
Blutdruck senken
5
Medikamente korrekt einnehmen
6
Medikamente nicht selbständig absetzen
Experte
Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung e.V., Ärztlicher Direktor des Agaplesion Bethanien-Krankenhauses Frankfurt a. M. und Mitglied im Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) Frankfurt a. M. Zu den Schwerpunkten des Herzspezialisten zählen u. a. die interventionelle Kardiologie und nichtinvasive Bildgebung.
Unser Informationsmaterial
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Leben mit Herzrhythmusstörungen (2021)
PDF: 1,54 MB -
Koronare Herzkrankheit und Herzinfarkt (2020)
PDF: 8,62 MB -
Das schwache Herz (2019)
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