(Frankfurt a. M./Tübingen, 20. Juli 2020) Die Corona-Pandemie betrifft nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Sportgroßereignisse wie die Olympischen Spiele und die Fußball-EM wurden bereits verschoben. Vorübergehend war der Trainings- und Wettkampfbetrieb nahezu vollständig zum Erliegen gekommen, ehe in den letzten Wochen unter strengen Auflagen wieder Training und teilweise auch Wettkämpfe (z. B. die Fußball-Bundesliga) aufgenommen wurden. Als gesichert gilt, dass im Rahmen von Covid-19 auch das Herz in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Vor allem von Personen mit einem schwerwiegenden Krankheitsverlauf weiß man, dass eine Schädigung des Herzens mit einer schlechten Prognose einhergeht.
Wann wird Covid-19 auch bei sportlich fitten Menschen bedrohlich?
Dass auch Leistungssportler einen schwerwiegenden Krankheitsverlauf einer Coronavirus-Infektion erleiden können, zeigt etwa der Fall des italienischen Mittelstreckenläufers Edoardo Melloni, der wegen Covid-19 in die Notaufnahme musste. Sportlerinnen und Sportlern, die eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht haben und aufgrund ihres Alters und ihrer körperlichen Fitness nicht zur Risikogruppe für einen schweren Covid-19-Verlauf zählen, drohen womöglich ernste Herz-Kreislauf-Komplikationen, wenn sie zu früh wieder mit dem Training beginnen. Bisher ungeklärt ist, ob auch mildere Verläufe, wie sie etwa vor allem bei jungen Sporttreibenden auftreten – zu Komplikationen am Herzen führen können. „Möglicherweise könnte ein zu früher Wiedereinstieg ins Training nach Covid-19 mit einem höheren Risiko für eine Herzmuskelentzündung oder gefährliche Herzrhythmusstörungen einhergehen“, sagt der Kardiologe und Sportmediziner Prof. Dr. med. Christof Burgstahler, Leitender Oberarzt an der Medizinischen Klinik V: Sportmedizin des Universitätsklinikums Tübingen. Der Arzt und Forscher geht in einem von der Deutschen Herzstiftung mit 10.000 Euro unterstützten Forschungsvorhaben mit dem Titel „Covid-19-Infektionen im Sport – eine Online-Erhebung“ unter anderem der Frage nach, ob Leistungssportler nach einer Covid-19-Erkrankung auch mit Symptomen einer Herzbeteiligung zu tun hatten und wann sie nach der Coronavirus-Infektion ihr Training wieder aufgenommen haben. Ein Video-Clip zum Forschungsvorhaben ist abrufbar unter www.youtube.com/watch?v=4ABorsO9hwg
Wie sollen sich Sporttreibende nach einer Covid-19-Erkrankung verhalten?
Burgstahler und seine Forscherkollegen haben daher einen Online-Fragebogen entwickelt und an Leistungssportlerinnen und -sportler geschickt. „Insgesamt zehn spezifische Fragen umfasst der Online-Fragebogen, so dass wir eine hohe Bereitschaft zur Teilnahme an der Umfrage erwarten“, betont Burgstahler. Bereits über 1.200 Rückmeldungen liegen vor, darunter „auch ein gewisser Prozentsatz mit der Schilderung kardialer Symptome nach einer Covid-19-Erkrankung“, wie der Arzt und Forscher berichtet. Die Erhebung erfolgt über einen Online-Fragebogen. Dieser beinhaltet neben der Abfrage demographischer Daten spezifische Fragen u. a. zu
- Symptomen einer Herzbeteiligung und nicht-kardialen Symptomen
- Symptomdauer
- durchgeführten Tests
- Dauer der Trainingspause
- Auftreten einer Infektion im Umfeld der Sporttreibenden
Der Fragebogen soll einen Überblick über die aktuelle Situation der Sporttreibenden geben und Rückschlüsse für medizinische Empfehlungen ermöglichen, wie sie sich nach einer Covid-19-Erkrankung verhalten sollen: Welche körperlichen Aktivitäten sind bei milderen Krankheitsverläufen ratsam, welche sind zu vermeiden?
Nach mehreren Monaten soll der Fragebogen nochmals ausgefüllt werden. Davon versprechen sich die Tübinger Forscher Informationen darüber, welche Symptome einer möglichen Herzbeteiligung (z. B. Herzstolpern, Herzrasen oder Luftnot unter Belastung) bei Sporttreibenden vorliegen, die eine Infektion durchgemacht haben. Auch soll die erneute Abfrage es den Medizinern erlauben, eine Änderung der Lage erfassen zu können. Zunächst sollen Leistungssportlerinnen und -sportler befragt werden, im weiteren Verlauf ist eine Ausweitung auf Freizeit- und Breitensportler möglich. „Dank der Kürze des Fragebogens erwarten wir eine hohe Bereitschaft an der Umfrage teilzunehmen“, gibt sich der Tübinger Mediziner zuversichtlich.
Covid-19-Forschungsförderung der Deutschen Herzstiftung
Die Pandemie durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 ist für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und angeborenen Herzfehlern mit hohen Risiken verbunden. Für viele Covid-19-Erkrankte sind die Folgen für Herz und andere Organe gravierend bis hin zu langfristigen Beeinträchtigungen der Herz- und Lungenfunktion. Mit dem Ziel, möglichst rasch zur Klärung der dringlichsten Fragestellungen zum neuartigen Coronavirus im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und angeborenen Herzfehlern beizutragen, hat die Deutsche Herzstiftung in einer Ad-hoc-Initiative eine Million Euro für die Forschungsförderung im Kampf gegen SARS-CoV-2 bereitgestellt. Von insgesamt 60 Forschungsanträgen wurden 14 Forschungsvorhaben für eine Projektförderung mit einem Gesamtfördervolumen von über 940.000 Euro bestimmt.
„In einer Extremsituation wie der Pandemie durch das neuartige Coronavirus sind neue Forschungsergebnisse äußerst wichtig, um Prävention und Behandlung zu verbessern“, betont der Notfallmediziner und Kardiologe Prof. Dr. med. Dietrich Andresen, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung. Sein Stellvertreter im Herzstiftungs-Vorstand Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer fügt hinzu „Wir wollen mit der Förderung möglichst rasch auf dem Boden hochkarätiger Forschung verlässliche Erkenntnisse in Diagnostik und Therapie gewinnen, die helfen, Herz-Kreislauf-Patienten vor den Folgen einer Covid-19-Erkrankung zu schützen.“
Infos zu den Forschungsprojekten finden Sie hier.
Ein Video-Clip „Covid-19 im Leistungssport: Wie gefährdet sind die jungen Herzen?“ mit dem Tübinger Forscher Prof. Christof Burgstahler ist abrufbar unter: www.youtube.com/watch?v=4ABorsO9hwg
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