Ein plötzlicher Herzstillstand kann Personen jeden Alters und jeden Geschlechts treffen – auch Personen, die völlig gesund erscheinen. Jedes Jahr fallen ca. 65.000 Menschen in Deutschland dem plötzlichen Herztod zum Opfer. Wie es zum plötzlichen Herztod kommt und welche Untersuchungen bei der Ursachenforschung helfen, beantwortet Prof. Jochem Stockinger in folgender Sprechstundenfrage.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Ich (45) habe einen Herzstillstand beim Sport überlebt. Seit vielen Jahren laufe ich regelmäßig über 10 km in der Woche. Auch am Tag des Herzstillstands, bin ich so eine lange Strecke gelaufen und habe mich gut gefühlt. Die Untersuchungen im Krankenhaus (Katheter, MRT, EKG) haben keine Schädigung am Herzen ergeben. Zum Schutz wurde mir jedoch ein ICD implementiert. Dennoch würde ich gerne, die Ursache für den Herzstillstand verstehen. Gibt es weitere Untersuchungen, die ich durchführen lassen kann? (Peter L., Dortmund)
Experten-Antwort
In der Tat ist es sehr ungewöhnlich, dass eine Person in Ihrem Alter ohne nachweisbare Herzproblematik einen „plötzlichen Herztod“ erleidet. Die häufigste Ursache - eine koronare Herzerkrankung/Akuter Infarkt/akute Durchblutungsstörung konnte bei Ihnen durch eine offensichtlich unauffällige Koronarangiographie - ausgeschlossen werden.
Bei Sportlern, die plötzlich bei aktivem Sport versterben, ist nach der koronaren Herzerkrankung, besonders bei jüngeren Personen (Sie gehören da gerade noch dazu) eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) die Ursache. Diese kann manchmal schwer zu diagnostizieren sein. Bei Ihnen hat man wohl deshalb eine Kernspinuntersuchung (MRT) durchgeführt. Auch mit dieser Technik ist die Frage nach Herzmuskelentzündung nicht immer zu beantworten. Sichern kann man die Diagnose mit einer Biopsie des Herzmuskels(Gewebeprobe). Das hat man bei Ihnen wohl nicht durchgeführt, weil der Eingriff ein gewisses Risiko birgt und häufig keine Behandlungsstrategie daraus gezogen werden kann.
Jetzt bleibt nur noch übrig, dass eine Störung der Spurenelemente mit Natrium/Kalium/Magnesium/Calcium vorgelegen haben könnte und dadurch eine elektrische Störung ausgelöst wurde. Hier gibt es oft nur diskrete Hinweise im EKG ob eine „Veranlagung“ für eine Rhythmusstörung vorliegt. Manchmal helfen Provokationstest weiter die allerdings primär in spezialisierten Kliniken durchgeführt werden sollten. Die Frage nach Rechtsventrikulärer Dysplasie, Long QT-Syndrom, Brugada-Syndrom und andere angeborene Elektrolytkanalveränderungen können oft nur mit spezialisierten Untersuchungen beurteilt werden. Auch genetische Untersuchungen können nötig sein, wenn man eine weitere Ursachensuche betreiben möchte.
Es bleibt übrig, dass das Risiko eines erneuten „Plötzlichen Herztodes“ bei einmal erlittenem „Ereignis“ sicherlich höher ist als bei der Normalbevölkerung und daher haben Sie zur Absicherung einen Defibrillator erhalten. Auch wenn man in Einzelfällen keine klare Ursache finden kann, ist die Defibrillator-Implantation die Konsequenz, die man ergreifen kann.
Bei entsprechender Veranlagung können auch vegetative Einflüsse (Unbewusstes Nervensystem) als Auslöser einer Rhythmusstörung verantwortlich sein. Dabei können die Flugreisen mit Zeit- und Klima-Umstellungen eine Rolle spielen.
Zusammenfassend kann man sagen:
Es ist soweit alles richtig gemacht worden - eine Vorstellung bei einer Kardiologie mit Spezialisierung für Elektrophysiologie (Herzrhythmusstörungen) sollte noch erfolgen zur Klärung der oben bereits genannten Möglichkeiten. In der Hoffnung, dass wir mit dieser Auskunft einerseits beruhigen und auch informieren konnten, wünschen wir Ihnen, dass ein guter Weg gefunden wird in der weiteren Betreuung und Verabfolgung.
Experte
Dr. med. Jochen Stockinger, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V., Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie an der Klinik für Kardiologie und Angiologie II Bad Krozingen.