Angeborene Herzfehler (AHF) sind die häufigste angeborene Organfehlbildung. Etwa jedes 100ste Neugeborene ist betroffen. Heute erreichen von den jährlich ca. 8.500 Kindern, die in Deutschland mit einem Herzfehler zur Welt kommen, mehr als 90 % das Erwachsenenalter. Die Zahl der erwachsenen Patienten mit einem angeborenen Herzfehler (EMAH) beträgt über 350.000. Das verdanken diese Patienten vor allem den medizinischen Fortschritten in der Kinderkardiologie und Kinderherzchirurgie, die das Überlebensalter und die Lebensqualität der jungen Patienten in den vergangenen Jahrzehnten in eindrucksvoller Weise verbessert haben. Dass angeborene Herzfehler inzwischen so gut behandelt werden können, ist im Wesentlichen der Forschungsförderung zu verdanken. Doch noch immer gibt es viele Fragen, die es zu beantworten gilt, um die Lebensqualität der kleinen und großen Patienten mit angeborenem Herzfehler dauerhaft zu verbessern.
Über eine halbe Million Euro für Forschungsvorhaben im Bereich der angeborenen Herzfehler
Die Forschung auf dem Gebiet der angeborenen Herzfehler ist essenziell, um die Lebensqualität von Menschen mit angeborenen Herzfehlern weiter zu verbessern. Deshalb hat die Herzstiftung 2023 eine Sonderforschungsförderung für den Bereich „Angeborene Herzfehler“ vergeben und unterstützt so innovative Projekte, die Fortschritte in der Kinder- und EMAH-Kardiologie versprechen. Aus über 60 Bewerbungen wurden nach intensiver Begutachtung Zusagen für neun Forschungsprojekte mit einem Gesamtvolumen von über 550.000 Euro erteilt. Die geförderten Forschungsprojekte finden Sie unten.
Aktuelle Ausschreibung
geförderte Forschungsprojekte im Überblick
- Projektleiter: Dr. med. Ailís Ceara Haney et al., Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie, Universitätsklinikum Heidelberg
- Projektbeschreibung: Eine der häufigsten Langzeitkomplikationen bei Patient:innen mit angeborenem Herzfehler ist das Auftreten einer Herzschwäche. Diese entwickelt sich oft langsam und schleichend. Eine frühe Erkennung und Behandlung ist für das Langzeitüberleben bedeutsam. Nur so können die Patient:innen rechtzeitig mit Medikamenten, Katheteruntersuchungen oder gar Operationen behandelt und das Herz entlastet werden. In der Studie wird eine spezielle Untersuchung des Herzens im Magnetresonanztomographen (MRT) getestet - das sogenannte Fast Strain-Encoded Imaging (fSENC). Die Wissenschaftler:innen wollen diese neue Methode mit etablierten verwendeten Techniken zur Früherkennung einer Herzschwäche vergleichen. Dabei wollen sie feststellen, ob eine sich entwickelnde Herzschwäche mit fSENC besser und früher zu erkennen ist und somit das Überleben der Patient:innen verbessert werden kann.
- Originaltitel: Quantifizierung der systolischen Funktion des systemischen rechten Ventrikels bei kongenital korrigierter Transposition der großen Arterien mittels Fast Strain-Encoded Imaging (fSENC) in der kardialen Magnetresonanztomographie
- Fördersumme: € 67.847,00
- Projektleiter: PD Dr. med. Anja Tengler et al., Abteilung Kinderkardiologie und Pädiatrische Intensivmedizin, LMU Klinikum
- Projektbeschreibung: Werden Kinder mit einem einkammrigen Herzen geboren, benötigen sie eine sogenannte Fontan-Operation - und danach eine lebenslange spezialisierte Nachsorge. In einer groß angelegten Online-Umfrage wollen die Forschenden herausfinden, nach welchen Standards die deutschen Kinderkardiologen diese Kontrolluntersuchungen durchführen. Außerdem interessiert sie, ob und wie die Patienten und ihre Familien ärztliche Empfehlungen verstehen und umsetzen, die während dieser Untersuchungen gegeben werden. Auf der Basis dieser Daten sollen langfristig detaillierte und bundesweit einheitliche Empfehlungen für die Nachsorge nach einer Fontan-Operation ausgearbeitet werden.
- Originaltitel: FONTANorm-Studie: Erfassung der aktuellen Versorgungssituation und Etablierung bundesweit einheitlicher Follow-up Empfehlungen für Patienten und Patientinnen mit univentrikulärer Palliation
- Fördersumme: € 33.000,00
- Projektleiter: Dr. Jan Clausen et al., Deutsches Herzzentrum der Charite, Klinik für Angeborene Herzfehler
- Projektbeschreibung: Säuglinge und Kinder mit schweren angeborenen Herzfehlern müssen nach ihrer Herzoperation oft mehrere Tage maschinell beatmet werden. Dabei wird heutzutage meist eine moderne, lungenschonende Beatmung angewendet. Eine individuell angepasste Beatmungstherapie kann die Beatmungsdauer verkürzen und die Herz-Kreislauffunktion unterstützen. In der Studie werden 50 Kinder unter 5 Jahren, die nach ihrer Herzoperation eine Beatmung benötigen, im Rahmen der Routine-Verlaufskontrollen per Ultraschall und Lungenfunktionsmessung untersucht. Die Untersuchungen sind schmerzfrei und verlängern den Aufenthalt auf der Intensivstation nicht. Die gewonnenen Daten werden mit denen von 50 Kindern verglichen, die primär aufgrund einer Lungenerkrankung beatmet werden müssen, um mögliche Unterschiede zwischen den Gruppen zu erkennen. Ziel ist es herauszufinden, wie man sehr junge Patienten möglichst schonend beatmen und gleichzeitig die Herz-Kreislauffunktion unterstützen kann.
- Originaltitel: Influence of Positive End-Expiratory Pressure (PEEP) on Cardiac Output and Right-Ventricular Function in Mechanically Ventilated Children "IPCOM-Study"
- Fördersumme: € 130.000,00
- Projektleiter: Dr. med. Peter Kramer, Klinik für Angeborene Herzfehler, Deutsches Herzzentrum der Charité, Campus Virchow-Klinikum
- Projektbeschreibung: Wird ein Kind mit einem „Einkammer-Herzen“ geboren, muss der Blutfluss in seinem Herzen durch eine mehrschrittige Operation (Fontan-Operation) in einen Herz- und einen Lungenkreislauf aufgeteilt werden. Dabei können im Operationsgebiet Engstellen entstehen. Im Laufe der Jahre führen diese Hindernisse eventuell zu Komplikationen, etwa zu geschädigten Nieren. Im Rahmen der Studie errechnen die Forschenden aus CT- und MRT-Daten individueller Fontan-Patienten, wie das Blut durch das operierte Herz und über eventuell vorhandene Engstellen strömt. Dann simulieren sie eine Therapie der Engstellen. Sie setzen dem virtuellen Herzen zum Beispiel eine Gefäßstütze ein und errechnen, wie sich der Blutfluss dadurch verändert. Auf lange Sicht soll die Forschung ermöglichen, die Therapie von Engstellen im Fontan-Herzen auf dem Bildschirm vorzuplanen.
- Originaltitel: Computergestützte individuelle Therapieplanung bei Patienten mit univentrikulären Herzfehlern
- Fördersumme: € 51.472,00
- Projektleiter: Prof. Dr. Matthias Sigler (FESC) et al.
- Projektbeschreibung: Bei Patienten mit angeborenem Herzfehler muss oft bereits in jungen Jahren eine Herzklappe ersetzt werden. Hierfür werden verschiedene Ersatzklappen verwendet.Eine davon, die Melody-Klappe, betrachten die Wissenschaftler in der Studie genauer: Sie wurde speziell für Menschen mit angeborenem Herzfehler entwickelt und kann mittels Herzkatheter eingesetzt werden. Da sie wie alle biologischen Herzklappen nicht lebenslang hält, muss sie nach einiger Zeit allerdings bei einer Operation wieder durch eine neue Klappe ersetzt werden. Genau von diesen entfernten Herzklappen wollen die Wissenschaftler lernen, um die Gründe für die begrenzte Haltbarkeit besser zu verstehen. Etwa 80 Melody-Klappen werden genauestens mit dem Mikroskop untersucht. Mit speziellen biochemischen Methoden identifizieren sie verschiedene Typen von Immunzellen im Gewebe der Klappen. Ein weiteres Ziel der Untersuchung ist herauszufinden, warum es bei Melody-Klappen in manchen Fällen zu einer Entzündung (Endokarditis) kommt - und was man dagegen tun könnte.
- Originaltitel: Melody-Herzklappen: Histologische Analyse von Explantaten und klinische Konsequenzen
- Fördersumme: € 96.800,00
- Projektleiter: Prof. Dr. med. H. Hövels-Gürich et al., Klinik für Kinderkardiologie und Angeborene Herzfehler, Überregionales EMAH-Zentrum Uniklinik RWTH Aachen
- Projektbeschreibung: Bei Kindern mit einer „Transposition der großen Arterien“ (abgekürzt: TGA) ist der Ursprung der Lungenschlagader mit dem der Körperschlagader vertauscht. Dieser angeborene Herzfehler wird im Neugeborenenalter durch die sogenannte „arterielle Switch-Operation“ korrigiert. (Englisch to switch bedeutet „wechseln“). In der Studie untersuchen die Forschenden siebzig Patienten in ihren Dreißigern, die so eine Operation hinter sich haben. Dabei analysieren sie den Zustand des Herzens. Zusätzlich ermitteln sie die Lebensqualität, die psychische Verfassung und die körperliche Belastbarkeit. Die Studienteilnehmer wurden im Laufe ihres Lebens schon mehrmals untersucht. Die so gewonnenen Informationen helfen dabei, Patienten mit einer korrigierten TGA medizinisch zu betreuen und zu beraten - etwa in Bezug auf die Berufswahl
- Originaltitel: MRT, Echo und Spiroergometrie bei umfassender Längsschnittbeurteilung 35 Jahre nach arteriellem Switch bei Transposition der großen Gefäße (EMAH-TGA)
- Fördersumme: € 40.000,00
- Projektleiter: Dr. med Moritz B. Merbecks et al., Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinik für Kinderkardiologie und Angeborene Herzfehler, Universitätsklinikum Heidelberg
- Projektbeschreibung: Jährlich stehen in Deutschland rund 3000 Säuglinge vor einer herausfordernden Herzoperation. Ein Großteil dieser Eingriffe wird mit einer Herz-Lungen-Maschine durchgeführt, die oft eine starke Immunantwort auslöst. Solch eine Reaktion kann Organe, insbesondere Lungen und Nieren, erheblich beeinträchtigen. Am Universitätsklinikum Heidelberg sollen in einer Studie 30 teilnehmende Kinder unter zwei Jahren genauer untersucht werden. Im Zuge ihrer notwendigen Behandlung werden Proben wie Blut und Sekret der Luftwege gesammelt und analysiert. Ein Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf bestimmten weißen Blutkörperchen, den Monozyten. Erkenntnisse über deren Verhalten könnten frühzeitige Hinweise auf drohende Organschäden liefern und Ärzten ermöglichen, proaktiv zu handeln.
- Originaltitel: Bedeutung intermediärer Monozyten bei der organischen Dysfunktion nach Kinderherz-OP
- Fördersumme: € 32.320,00
- Projektleiter: Dr. med. Thibault Schaeffer et al., Klinik für Chirurgie angeborener Herzfehler und Kinderherzchirurgie, Deutsches Herzzentrum München
- Projektbeschreibung: Kinder, die mit einem Einkammer-Herzen geboren werden, müssen in den ersten Lebensjahren mehrmals operiert werden (Fontan-Operation). Dabei wird der Blutfluss in einen Herz- und einen Lungenkreislauf aufgeteilt. In der Studie werden 281 erwachsene Fontan-Patienten auf einer nutzerfreundlich gestalteten Online-Plattform ausführlich befragt. Sie geben den Forschenden Auskunft über Ihren Gesundheitszustand und darüber, wie sie ihre Lebensqualität empfinden. Solche Daten helfen Ärzten dabei, ihre Fontan-Patienten gezielt zu beraten und zu unterstützen. Mitunter lassen sich mit ihrer Hilfe auch Operationstechniken verbessern.
- Originaltitel: Long-term patient-reported outcomes in adults after Fontan or Fontan-like procedure
- Fördersumme: € 10.000,00
- Projektleiter: Dr. Theodor Uden et al., Klinik für Päd. Kardiologie und Intensivmedizin, Med. Hochschule Hannover
- Projektbeschreibung: Bei manchen Kindern mit angeborenem Herzfehler ist die Klappe der linken Herzkammer - die Aortenklappe - so verändert, dass sie ersetzt werden muss. Die Entscheidung, wann der Eingriff am besten erfolgt ist oft schwierig: Einerseits wollen die behandelnden Ärzte ihn nicht unnötig früh durchführen. Andererseits müssen sie aber so rechtzeitig eingreifen, dass die durch die Veränderung der Klappe belastete linke Herzkammer sich nach der Operation wieder gut erholen kann. In der Studie werden Ultraschallbilder und andere Daten zahlreicher junger Patienten, bei denen die Aortenklappe bereits ersetzt wurde, mit Hilfe künstlicher Intelligenz (KI) ausgewertet. Die Forschenden hoffen, dass die KI in den großen Informationsmengen Zusammenhänge aufspürt, die auch erfahrene Ärzteteams noch nicht kennen. Bestenfalls kann der Computer Mediziner irgendwann dabei unterstützen, den optimalen Zeitpunkt für einen Aortenklappenaustausch festzulegen.
- Originaltitel: KI-basiertes Modell zur Prädiktion der linksventrikulären Erholung nach Aortenklappenersatz im Kindesalter
- Fördersumme: € 98.197,56
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