Bei einem Patienten war es nach Verschreibung eines zweiten Blutdruckmedikaments zur bestehenden Therapie zu einer deutlichen Senkung des systolischen Blutdrucks mit Müdigkeits- und Schwächegefühlen gekommen. Ob deshalb der Blutdruck in diesem Fall weniger tief gesenkt werden sollte, beantwortet die Sprechstunden Frage der Deutschen Herzstiftung.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Nach einem Klinikaufenthalt vor vier Wochen wegen eines Schlaganfalls nehme ich zur Blutdrucksenkung zu meinem Sartan 5 mg zusätzlich das Diuretikum Xipamid ein. Dabei verringerten sich die systolischen Blutdruckwerte von früher ca. 140 auf 110 mmHg. Zu niedrig für meine 84! Seitdem leide ich unter schwer erträglicher Müdigkeit, rascher Erschöpfung und Schwäche. Auch nach Verringerung der Dosis der anderen Blutdruckmedikamente ist das im Wesentlichen so geblieben. Bei Emotionen steigt der Blutdruck im Gegensatz zu früher weniger an. Ich habe bisher nicht gewagt, das Xipamid wegzulassen. Ist eine derartig massive Wirkung von Xipamid bekannt? Oder könnte man sich in meinem Fall auch andere Ursachen vorstellen? (Ich trinke genug!) (Georg U., Merseburg)
Experten-Antwort:
Die Wirkung von blutdrucksenkenden Medikamenten wird durch ein Diuretikum (Entwässerungsmittel), zu denen Xipamid gehört, deutlich verstärkt. So ist die von Ihnen beobachtete Blutdrucksenkung erklärbar. Systolische Blutdruckwerte um 110 mmHg werden von älteren Menschen oft schlecht toleriert, und es treten Beschwerden wie die von Ihnen beschriebenen auf.
Häufig wird zudem beobachtet, dass unter Diuretika wie Xipamid bei Älteren der Blutdruck im Stehen stark abfällt. Prüfen Sie Ihren Blutdruck im Sitzen und sofort nach dem Aufstehen. Sinkt der systolische Blutdruck um mehr als 15 mmHg ab, liegt eine sogenannte Orthostase vor, ein Blutdruckabfall im Stehen, der ebenfalls die von Ihnen beobachteten Beschwerden erklärt.
Allerdings gibt es Blutdruckabfälle im Stehen bei älteren Personen auch ohne Medikamente. Sie sind durch eine Störung der Blutdruckregulation bedingt, die beim Älteren infolge Störung an den Blutdruck zügelnden Nerven in den Halsschlagadern oder im Gehirn auftreten kann.
Xipamid ganz absetzen?
Die Gesamtsituation des Patienten, die sich aus seinem Blutdruck, seinen Risikofaktoren und seinen Organschäden ergibt, bestimmt das Vorgehen in der Therapie. Die ESC-Leitlinien von 2024 empfehlen bei einer Therapie (mit Medikamenten und/oder Lebensstiländerung) derzeit einen systolischen Blutdruck-Zielwerte unter 130 mmHg. Diastolisch sollte ein Wert unter 80 mmHg erreicht werden. Ältere Patienten sowie Patienten, die unter Nebenwirkungen leiden, dürfen auch weniger stringent eingestellt werden. So können bei Personen mit symptomatischer orthostatischer Hypotonie mildere Blutdruckziele in Betracht gezogen werden, ebenso bei Patienten ab einem Alter von 85 Jahren oder Senioren mit mittelschwerer bis schwerer Gebrechlichkeit.
Bei Ihren Vorerkrankungen, insbesondere im Hinblick auf den durchgemachten Schlaganfall, würde ich raten, das Xipamid ganz abzusetzen. Ruheblutdruckwerte um 140/90 mmHg sind für Sie optimal.
Experte
Prof. Dr. med. Martin Brück ist Chefarzt der Lahn-Dill-Kliniken und Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie. Darüber hinaus engagiert er sich als Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung.
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