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Neue Präventions-Studie: Fußball als Bewegungsmotor für Herzkranke

Trotz Herzerkrankung sollten Betroffene aktiv bleiben. Ein Forschungsprojekt zu Gesundheitsfußball soll Herzpatienten zu Freude am Sport verhelfen.

Aktualisiert: 27.06.2024

Gruppe von Fußballern
stock.adone.com

Regelmäßige Bewegung zählt zur besten Medizin – sowohl um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen als auch zur Therapie bei Herzerkrankung. Mit Ausdauerbewegung lassen sich nahezu alle wichtigen Risikofaktoren für Herzinfarkt und Schlaganfall wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen (hohes LDL-Cholesterin) und Adipositas bessern. Dennoch schafft es ein Großteil der Bevölkerung nicht, sich wenigstens 2,5 Stunden pro Woche mit mäßiger Intensität zu bewegen, wie von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlen.

Gerade Herzpatienten haben im Zuge ihrer chronischen Krankheit häufig den „Drive“ verloren, sich regelmäßig zu bewegen. Manche waren etwa vor ihrer Erkrankung in einer Ballsportart aktiv, trauen sich das aber im höheren Alter und wegen ihrer Herzkrankheit nicht mehr zu. Für sie sind deshalb niederschwellige Bewegungskonzepte gefragt, die Sport mit Spaß verbinden.

Neues Bewegungskonzept für Herzpatienten

Um speziell Menschen mit verengten Herzkranzgefäßen, der sogenannten koronaren Herzkrankheit (KHK), oder nach einem Herzinfarkt zu mehr körperlicher Aktivität anzuspornen, hat die Deutsche Herzstiftung das Forschungsprojekt die „MY-3F-Studie: Fit und Fun mit Fußball nach Myokardinfarkt oder koronarer Herzerkrankung“ mit 70.000 Euro gefördert. Weitere finanzielle Unterstützung erhielt das Projekt vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur.

Denn Studien belegen, dass Patienten mit bestehender KHK oder nach einem Herzinfarkt nicht ausreichend Medikamente erhalten, die sich gegen ihre kardiovaskulären Risikofaktoren richten. Und auch lebensstilfördernde Maßnahmen wie Bewegung, gesunde Ernährung und Rauchverzicht werden nicht ausreichend umgesetzt. Dabei ist die Verbesserung der körperlichen Aktivität auch bei diesen Patienten ein Kernelement, um das Fortschreiten der Herzerkrankung oder einen neuen Herzinfarkt zu verhindern. „Mit der MY-3F-Studie haben wir am Beispiel Fußball untersucht, inwiefern sich mit diesem Sport besonders auch lange inaktive Personen mit Risikokrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder einer Herzerkrankung für körperliche Aktivität gewinnen lassen. Denn das ist bei dieser Personengruppe meistens besonders schwierig“, berichtet der Internist und Studienleiter Prof. Dr. Joachim Schrader, Institut für Klinische Forschung in Cloppenburg.

Warum Fußball?

Fußball ist die mit Abstand populärste Sportart Deutschlands. Die Verbreitung in sämtlichen Regionen und die starke Infrastruktur sind von Vorteil, wenn es darum geht, mehr Menschen mit Risikofaktoren oder bestehender Herzerkrankung zu körperlicher Aktivität zu ermutigen. Allerdings hat Fußball als Präventions- oder Gesundheitssportart derzeit praktisch keine Bedeutung. Dies liegt den Projektleitern zufolge einerseits an der fehlenden wissenschaftlichen Datenlage zur Verbesserung bestimmter Gesundheitsparameter durch Fußball.

„Neben dem typischen auf Wettkampf ausgerichteten Fußball gibt es kaum Angebote für ausschließlich auf Gesundheitsaspekte angelegtes Fußballspielen“, sagt Schrader, selbst ein begeisterter Fußballer. Dies gilt insbesondere für ältere Personen mit Risikofaktoren oder bereits bestehender KHK. Der wettkampforientierte Fußball wird dem Internisten zufolge den speziellen Bedürfnissen von inaktiven Personen mit Risikofaktoren oder Herzerkrankungen „nicht gerecht – auch wegen der Verletzungsgefahr“.

Gesundheitsfußball gut fürs Herz-Kreislauf-System

Das Trainingsformat der MY-3F-Studie ist daher auf die Verbesserung von Fitness, Spaß und Gesundheit durch Fußball ohne wesentliches Verletzungsrisiko ausgerichtet. Dieses Konzept „Gesundheitsfußball“ wurde von der Studiengruppe entwickelt und beinhaltet den Verzicht auf direkte Zweikämpfe und gefährliche Kontaktaktionen. Der Schwerpunkt liegt auf einem zielgruppenorientierten Pass- und Laufspiel. Vier kleine Tore ziehen die Spielfläche für dieses Trainingskonzept in die Breite. Das unterstützt die Balleroberung über das Laufen statt Tacklings. Hinzu kommen eine Unterbrechung des Trainings mit Dehnübungen zur Vorbeugung von Muskelverletzungen und der vermehrte Einbau von Koordinations- und Kognitionsübungen. Jeder Teilnehmer hat unabhängig von seinen fußballerischen Fähigkeiten gleich viele Ballkontakte. Zu einem derartigen Programm gehören auch leichtere Bälle.

Mit der MY-3F-Studie haben die Ärzte und Forscher auf die erste „3F-Studie: Fit und Fun mit Fußball“ aufgebaut (1). Dieses Programm für „Gesundheitsfußball“ wurde bereits bei noch gesunden Teilnehmern mit Risikofaktoren für Herzkreislauferkrankungen erfolgreich eingesetzt. Die primären Ziele (Blutdrucksenkung, Gewichtsabnahme, Reduktion von Medikamenten) wurden erreicht, ohne dass es zu wesentlichen Verletzungen kam.

Ziel der Studie: Gesundheitsfußball landesweit etablieren

Ziel der zweiten MY-3F-Studie war es, das erfolgreiche 3F-Trainingskonzept „Gesundheitsfußball“ in einer Studie bei Patientinnen und Patienten mit bestehender KHK oder nach Myokardinfarkt im Vergleich zu einer Kontrollgruppe einzusetzen und so den Gesundheitsfußball auch in der Sekundärprävention zu etablieren. Körperlich inaktive Patientinnen und Patienten mit Herzerkrankungen trainierten dabei über ein Jahr einmal die Woche für 90 Minuten unter einem für Gesundheitsfußball DFB-lizenzierten Trainer. Auch hier zeigte sich bei der Vorstellung der Daten im Mai 2024, dass nicht nur Blutdruck und Körpergewicht erheblich gebessert werden konnten. Ebenso wurden Stress und Depressionen verringert. Die Furcht vor Verletzungen ist zudem unbegründet. Vielmehr war bei den älteren Teilnehmenden das Risiko durch Stürze im Alltag sogar geringer geworden. Und: Viele Teilnehmer konnte sogar mit weniger Herzmedikamenten auskommen als zuvor. Die Studiendaten sollen nun offiziell publiziert werden. 

Das Konzept von Gesundheitsfußball soll langfristig nun landesweit etabliert werden. Um ein solches Präventionsangebot zu schaffen, wurden bereits Vereine eingebunden und eine Zusatzqualifikation von Trainern speziell für „Gesundheitsfußball“ vom DFB geschaffen. 

Sie wollen mitmachen?

Interessierte Teilnehmer zwischen 40-70 Jahren und mit Wohnort in Oldenburg, Cloppenburg und Umgebung mit KHK oder Zustand nach Herzinfarkt, die langjährig körperlich inaktiv waren, können sich unter kardiologie-my3f@uni-oldenburg.de melden. Infos gibt es auch unter https://fitkickliga.de

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(1) Schrader B., Schrader J. et al., Football beats hypertension: results of the 3F (Fit&Fun with Football) study Journal of Hypertension 2021, DOI:10.1097/HJH.0000000000002935