Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Unser fünf Monate alter Sohn Björn hat eine Fallot’sche Tetralogie und nun steht die große Korrekturoperation an. Man hat uns gesagt, dass bei dem Eingriff möglicherweise auch fremdes Blut übertragen werden muss. Mein Mann und ich möchten das Blut gern selbst spenden, weil wir Björn die Übertragung von Blut unbekannter Spender ersparen möchten. Wir haben jedoch zur Antwort bekommen, dass Eltern nur in extremen Ausnahmefällen für ihre Kinder Blut spenden dürfen. Darüber sind wir sehr enttäuscht. (Annett M., Bremen-Delmenhorst)
Expertenantwort:
Die Auskunft, die Sie vom Kinderherzzentrum bekommen haben, ist korrekt. Der „Arbeitskreis Blut“, der laut Transfusionsgesetz die zuständigen Behörden des Bundes und der Länder in diesen Fragen berät, hat sich in einer Stellungnahme gegen „Verwandtenspenden“ bzw. allgemein gegen „gerichtete Blutspenden“ ausgesprochen. Eine gerichtete Blutspende liegt vor, wenn, im Gegensatz zur üblichen anonymen Spende über einen Spendedienst, Blut von einem bestimmten Spender für einen bestimmten Empfänger gespendet wird. Meistens steht hinter dem Wunsch, Blut für eigene Angehörige zu spenden, die Sorge vor der Übertragung einer Infektion durch Fremdblut. Heute ist jedoch Fremdblut in dieser Hinsicht sehr sicher und sicherer als Blut von Verwandten. Das liegt daran, dass Menschen, die für einen Spendedienst spenden, meistens Mehrfachspender sind, d. h. sie spenden regelmäßig Blut und man weiß daher sehr genau über ihren Gesundheitszustand Bescheid. Menschen, die für Verwandte Blut zur Verfügung stellen wollen, sind dagegen oft Erstspender. Die Gefahr, dass eine Infektion bereits erfolgt ist, sich aber in den Bluttests noch nicht nachweisen lässt, ist daher deutlich größer. Ein weiterer Grund, der gegen die Verwandtenspende spricht, ist das Risiko einer Abstoßungsreaktion besonderer Art: Während üblicherweise das Immunsystem des Empfängers fremdes Gewebe angreift, kommt es hier zur umgekehrten Reaktion, d. h. Abwehrzellen im Spenderblut greifen den Empfänger an. Diese sog. Graft-versus-host-Reaktion (Spenderorgan gegen den Empfänger) geht meist tödlich aus. Um die Reaktion zu verhindern, muss Blut aus einer Verwandtenspende mit einer hohen Dosis (30 Gy) bestrahlt werden, um enthaltene Abwehrzellen des Spenders auszuschalten.
Experte
Prof. Dr. med. Gregor Bein, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V. Direktor des Zentrums für Transfusionsmedizin und Hämotherapie, Universitätsklinikum Gießen und Marburg.