Eine lebenslustige Frau Anfang 50 bricht nach dem Einkaufen in der Wohnung zusammen, kaum dass sie ihre Taschen abgestellt hat. Es folgt eine Not-Operation, weil sich ein Teil der Gefäßwand der Körperschlagader (Aorta) aufgespalten hat. Wodurch kommt es zu solchen dramatischen Gefäßwandschäden, medizinisch spricht man von Aortendissektionen oder auch „Wühlblutung“? Wie kann man sich schützen? Und was ist anders als bei einem Aneurysma? Das erläutert in dieser Podcast-Folge die Hamburger Gefäßspezialistin Prof. Sigrid Nikol.
Eine akute Aortendissektion mit dem typischen plötzlich einsetzenden Vernichtungsschmerz ist ein lebensbedrohlicher Notfall. Hier muss sofort behandelt werden. Rufen Sie bei solchen Symptomen sofort einen Notarzt (112)!
Unterschied: Aortendissektion / Aneurysma
Grob gesagt, handelt es sich bei einem Aneurysma um eine Aussackung oder Ausbeulung der Gefäßwand, bei einer Dissektion um eine Aufspaltung der Gefäßwand. In beiden Fällen hängt es vom Ort und von der Größe des Gefäßdefekts ab, wie gefährlich dieser ist.
Bei einer klassischen Aortendissektion reißt die innerste Schicht (Intima) der aus verschiedenen Schichten aufgebauten Gefäßwand der Hauptschlagader (Aorta) ein. Dadurch dringt Blut zwischen die darunter liegenden Wandschichten und "wühlt" sich vor. Die Wandschichten trennen sich weiter auf und es entsteht ein neuer mit Blut gefüllten Gefäßinnenraum. Drückt dieser wichtige Gefäße ab oder blockiert ein Gewebefetzen im Inneren den Blutfluss in der Aorta – und damit die Versorgung von Herz oder Gehirn –, kann dies zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall mit bleibenden Schäden oder gar zum Tod führen.
Besonders gefährlich ist dabei die sogenannte Typ-A-Aortendissektion. Hier beginnt die Einblutung bereits im aufsteigenden Anteil der Aorta (Aorta ascendens) und kann sich über die gesamte Länge der Aorta ausbreiten. Daher muss sehr schnell gehandelt werden. Gerade in den ersten 48 Stunden ist die Sterblichkeit sehr hoch ist – vor allem, wenn die äußerste Aortenwand aufreißt, weil sie dem Druck der Einblutung nicht mehr standhält. Diese Aortenruptur führt in der Regel zum sofortigen Tod.
Im Gegenzug zu diesem akuten Notfall schreitet bei einer Typ-B-Aortendissektion, die erst im absteigenden Teil der Aorta auftritt (nach dem Abgang der Schlüsselbeinarterie), das weitere Aufreißen in der Regel langsam voran (chronische Dissektion). Das Risiko einer plötzlichen Ruptur ist geringer.
Mehr als nur ein Blutgefäß
Die Aorta, auch Hauptschlagader genannt, stellt seit dem Jahr 2024 ein eigenständiges Organ dar. Dies haben die neuen Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Herz-Thorax-Chirurgie (EACTS) und der US-amerikanischen Society of Thoracic Surgeons (STS) definiert.
Die Aorta als größte Arterie in unserem Körper transportiert sauerstoffreiches Blut vom Herzen in den gesamten Körper: etwa 5 Liter pro Minute. Dazu nutzt sie auch weiter abzweigende Gefäße. Bei Erwachsenen hat die Aorta einen Durchmesser von etwa 2,5–3,5 Zentimeter und eine Länge von insgesamt 30–40 Zentimeter. Ihre Form ähnelt einem Spazierstock: ein kurzer Anstieg mit einem Bogen, der nachfolgend dann gerade nach verläuft bis in den Beckenbereich. Der gesamte obere Teil wird auch Brustaorta genannt.
Experte
Professor Dr. med. Sigrid Nikol ist Angiologin und Kardiologin. Sie arbeitet als Chefärztin an der Abteilung Klinische und Interventionelle Angiologie der Asklepios Klinik St. Georg in Hamburg. Zudem ist sie Past-Präsidentin der European Society for Vascular Medicine.
Hören Sie mehr
Newsletter
Lesen Sie mehr
Jetzt spenden!
Sorgen Sie für eine bessere Zukunft
Als Herzstiftung ist es unser wichtigstes Anliegen, den medizinischen Fortschritt weiter voranzutreiben. Mit Ihrer großherzigen Spende tragen Sie dazu bei, dass uns das gelingt.
EACTS/STS Guidelines for Diagnosing and Treating Acute and Chronic Syndromes of the Aortic Organ; https://doi.org/10.1016/j.athoracsur.2024.01.021