(Frankfurt am Main/Update vom 13. April 2020) Angesichts der Infektionsfälle mit dem neuartigen Coronavirus (SARS-CoV-2/Covid-19) in allen Bundesländern herrscht bei Menschen mit angeborenen und erworbenen Herz- und Kreislauferkrankungen derzeit Verunsicherung über Risiken und zu ergreifende Maßnahmen. Grundsätzlich gilt: Es ist Vorsicht geboten. Es besteht jedoch kein Anlass zur Panik. Eine große Sammelstatistik aus China ergab eine Gesamtsterblichkeit von 1,4 %, wobei die Sterblichkeit bei leichten nicht so schweren Verläufen deutlich unter 1 % betrug. In Deutschland liegt aktuell die Sterblichkeitsrate laut RKI bei rund 0,4 %. Ein Medikament zur gezielten Virusbekämpfung von COVID-19 gibt es derzeit noch nicht, es wird jedoch intensiv an einem entsprechenden Wirkstoff geforscht.
Ansteckung
Das Coronavirus ist von Mensch zu Mensch übertragbar. Es besteht vermutlich eine Inkubationszeit von im Mittel 5-6 Tagen (WHO). Eine Ansteckung bei Erkrankten ist offenbar möglich, auch wenn diese nur leichte oder unspezifische Krankheitszeichen zeigen. Die Übertragung erfolgt laut RKI vorwiegend über Sekrete der Atemwege. Eine Infektion kann auch indirekt über die Hände erfolgen, die dann mit der Mund- oder Nasenschleimhaut sowie der Augenbindehaut in Kontakt gebracht werden. Ob das neuartige Coronavirus auch über den Stuhl übertragen werden kann, ist noch nicht geklärt.
Symptome
In einer großen Studie aus China mit 1.099 Patienten* waren bei den stationär behandelten Patienten die häufigsten Symptome Fieber (88,7 %) und Husten (67,8 %). Seltenere Symptome waren Kopfschmerzen, Halsschmerzen, Durchfall und eine verstopfte Nase. Schwerstkranke Patienten klagten über hohes Fieber und Husten. Einen schweren Verlauf (intensivmedizinische Versorgung/maschinelle Beatmung) hatten ca. 6 % der eingelieferten Patienten. Berichten von Medien und Ärzten zufolge kommt es bei einigen Covid-19-Patienten auch zu Störungen des Geruchs- und Geschmackssinns, möglicherweise als Frühsymptom der Erkrankung.** Von Coronavirus-Infektionen, die gänzlich ohne Symptome verlaufen, wird in einer Studie zu rund 700 SARS-CoV-2-Infektionen berichtet.***
Risikopatienten
Ein erhöhtes Risiko bei einer COVID-19-Erkrankung haben Menschen, die älter als 60 Jahre sind und neben Lungenerkrankungen auch an anderen chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen leiden. Bezüglich der jüngeren Erwachsenen sowie Kinder mit unbehandelten, teil-behandelten oder komplexen angeborenen Herzfehlern verweisen wir in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) unter www.kinderkardiologie.org und auf die Seite des Kompetenznetzes Angeborene Herzfehler unter www.kompetenznetz-ahf.de
Das neuartige Coronavirus scheint nach Einschätzung der Amerikanischen Kardiologie-Gesellschaft (ACC) auf Basis von Fallberichten aus China gerade für Menschen mit Grunderkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit einem höheren Sterblichkeits- und Komplikationsrisiko verbunden zu sein. Mögliche Parallelen aus früheren Coronavirus-Epidemien (SARS/MERS) lassen laut ACC darauf schließen, dass bei Infektion mit COVID-19 möglicherweise auch eine Herzbeteiligung auftreten kann. Generell stellen bakterielle oder virale Infektionen eine zusätzliche Belastung für das Herz-Kreislauf-System dar. Diese Zusatzarbeit kann ein durch Erkrankung geschwächtes Herz überfordern. Vielen älteren Menschen fehlen außerdem die Kraftreserven, um dieser enormen Belastung entgegenzuwirken.
Wie riskant eine COVID-19-Ansteckung bei bestehender Herz-Kreislauf-Erkrankung werden kann, ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Ein erhöhtes Risiko dürfte – unter Betrachtung des Gefährdungspotenzials bei anderen Virusinfektionen – insbesondere gelten für:
- Patienten mit einer eigenständigen Erkrankung der Atemwege (z. B. Lungenentzündung, Lungenemphysem, Asthma, COPD, Hochdruck im Lungenkreislauf)
- Patienten, die als Folge einer Herzerkrankung eine Funktionseinschränkung der Atemwege haben (z. B. Blutstauung im Lungenkreislauf als Folge der Herzschwäche)
- Patienten, die eine voneinander unabhängig bestehende Atemwegs- und Herzerkrankung haben (z. B. COPD und koronare Herzkrankheit)
- Patienten, die immunsupprimierende Medikamente einnehmen (z. B. nach Herztransplantation oder Verpflanzung eines anderen Organs)
Welche besonderen Vorkehrungen gelten für Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und angeborenem Herzfehler?
- Besonders hellhörig werden sollten ältere, Menschen, die Husten und Fieber haben. Bei Ihnen muss das Vorliegen einer COVID-19 Infektion bedacht werden.
- In einer solchen Situation ist die konsequente Einnahme der ärztlich verordneten Medikamente ganz besonders wichtig.
- Grippeschutzimpfung: Besonders Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten den üblichen Impfempfehlungen (Influenza- und Pneumokokkenimpfung) folgen, um etwa eine Doppelinfektion von Influenza und Covid-19 oder einer anderen Lungenkrankheit zu vermeiden. Achtung: Besteht jedoch – beispielsweise aufgrund von Erkrankungsfällen im eigenen Umfeld – die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung am Coronavirus, sollte man sich nicht impfen lassen.
Wie kann man sich vor dem Coronavirus schützen? Wichtige Hygiene-Regeln
- Bei Verdacht auf COVID-19-Erkrankung nicht unangemeldet in eine Arztpraxis gehen, sondern sich vorher telefonisch beim örtlichen Gesundheitsamt oder beim ärztlichen Notdienst (116117) oder beim Hausarzt melden. Ein begründeter Verdacht auf eine Infektion mit COVID-19 liegt nach RKI-Angaben insbesondere vor bei akuten Symptomen wie Atemnot, Husten, Fieber und Erkältungssymptomen sowie Kontakt zu einem bestätigten COVID-19-Fall bis max. 14 Tage vor Erkrankungsbeginn.
- In der aktuellen Coronavirus-Epidemie ist die Telemedizin eine Alternative zum Besuch einer Arztpraxis: eine Beratungs- und Behandlungsoption in den eigenen vier Wänden ohne zusätzliches Ansteckungsrisiko. Außerdem werden die Arztpraxen vor Ort entlastet. Verdachtsfälle und Patienten (z. B. Herz-Kreislauf-Patienten) mit Beratungsbedarf sollten daher telemedizinische Sprechstundenangebote nutzen.
- Wegdrehen beim Niesen oder Husten. Zwischen sich selbst und der anderen Person mindestens einen Meter Abstand halten.
- Beim Husten und Niesen die Armbeuge vor Mund und Nase halten. Papiertaschentücher nur einmal benutzen und umgehend in einem Mülleiner mit Deckel entsorgen.
- Wichtig: Gründliches Händewaschen (mindestens 20 Sekunden) nach dem Naseputzen, Niesen oder Husten – mit einem Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis oder mit Wasser und Seife.
- Desinfektionsmittel benutzen, gerade nach Kontakt mit Gegenständen, die von vielen anderen auch berührt wurden (z. B. Türgriffe, Haltegriffe in öffentlichen Verkehrsmitteln, Einkaufswagen, Geländer, Tasten im Aufzug, ...).
- Große Menschenansammlungen meiden. Deutschlandweit gelten Leilinien der Bundesregierung zur Beschränkung sozialer Kontakte im alltäglichen Miteinander.
- Besondere Risikopatienten (s. o.), die sich noch nicht durch eigenverantwortliches Handeln schützen können, durch besondere Aufmerksamkeit und Einhaltung sämtlicher Hygienemaßnahmen (siehe hier vor allem die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts) vor einer Ansteckung bewahren.
- Auf mögliche Engpässe und Einschränkungen während einer intensiven Übertragungswelle vorbereiten, durch - eine ausreichende Monatsmenge an notwendigen verschreibungspflichtigen Medikamenten, - Sicherstellung der Betreuung von a) chronisch herzkranken und damit besonders gefährdeten Familienmitgliedern sowie von b) bereits Infizierten durch Isolierung.
Informieren Sie sich bei den Gesundheitsbehörden regelmäßig über die aktuelle Nachrichtenlage:
Weitere Informationen
Informationen für Bürger, darunter Hygienetipps und Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ), stellt die BZgA zur Verfügung.
Informationen für die Fachöffentlichkeit über das neuartige Coronavirus sind auf den Seiten des Robert Koch-Instituts abrufbar.
Das BMG, einige Bundesländer und Krankenkassen haben Hotlines für Bürger geschaltet. Infos des BMG unter:
Ansprechpartner
- 60323 Frankfurt am Main, Bockenheimer Landstr. 94-96
- 069 955128 114/-140
- presse@herzstiftung.de
Leitung Pressestelle: Michael Wichert
Pressereferent: Pierre König
Unsere Quellen:
- Robert Koch-Institut (RKI):
- www.rki.de/SharedDocs/FAQ/NCOV2019/FAQ_Liste.html
- www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html
- www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktreduzierung.html
- DGPK: www.kinderkardiologie.org
- *New England Journal of Medicine: W. Guan et al.,„Clinical Characteristics of Coronavirus Disease 2019 in China“, DOI: 10.1056/NEJMoa2002032, **https://hms.harvard.edu/news/clue-infection
- ***Nature 580, 18 (2020),doi: 10.1038/d41586-020-00885-w und: www.nature.com/articles/d41586-020-00885-w
- DOI: 10.1056/NEJMc2001899
- ACC Clinical Bulletin „Cardiac Implications of Novel Wuhan Coronavirus (COVID-19)“ (Update vom 6. März 2020):
- www.acc.org/~/media/665AFA1E710B4B3293138D14BE8D1213.pdf
- Medscape: „SARS-CoV-2: Auch eine Gefahr für das Herz? Und: Welche Wirkstoffe in Erprobung sind“:
- deutsch.medscape.com/artikelansicht/4908688?nlid=134431_3181&src=WNL_bren_200310_MSCPEDIT_DE&uac=244886HT&faf=1
- World Health Organization (WHO)
- European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC)
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