Pressemeldung

Frauenherzen in Gefahr: Wie schützen sie sich vor einer Herzschwäche?

Frauen sterben viel häufiger als Männer an Herzschwäche. Klinische Versorgung ist zu wenig auf Frauenherzen ausgerichtet.

(Frankfurt a. M., 15. Oktober 2020) Herzschwäche bei Frauen – ein oft verkanntes Problem. Dabei machen Frauen in Deutschland rund die Hälfte aller Betroffenen aus. Es sterben rund ein Drittel mehr Frauen als Männer daran. So starben im Jahr 2016 laut Deutschem Herzbericht 25.318 Frauen an Herzschwäche (Herzinsuffizienz) gegenüber 15.016 Männern. Ein Grund ist vermutlich, dass Frauen die Symptome nicht ernst nehmen. Sie leiden an Atemnot, wenn sie die Treppen hochsteigen, haben dicke Beine oder gar einen aufgedunsenen Bauch, sind müde, fühlen sich schwach und schwindelig. Dass ein schwaches Herz dahinterstecken kann, kommt vielen von ihnen nicht in den Sinn. „Herzschwäche ist bei Frauen sehr häufig, vor allem wenn gleichzeitig die Risikofaktoren Bluthochdruck, Übergewicht und eine Diabetes-Erkrankung vorliegen“, erklärt Prof. Dr. med. Vera Regitz-Zagrosek. Die Internistin und Kardiologin ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und rät Frauen beim Arztbesuch auf bestimmte Punkte zu achten, um sich vor leicht vermeidbaren Komplikationen ihrer Erkrankung zu schützen: Geraten Frauen etwa bei kleinen Belastungen in Atemnot und sind schnell erschöpft, sollten sie ihren Arzt bitten, einen Ultraschall des Herzens vorzunehmen (s. Infokasten). Die Deutsche Herzstiftung informiert über die Herzschwäche bei Frauen und viele weitere Aspekte der Herzinsuffizienz im Rahmen der bundesweiten Herzwochen unter Herzwochen2020 

Eine Herzinsuffizienz ist eine schwere Erkrankung. Das Herz schafft es nicht mehr, genügend Blut in den Körper zu pumpen. Das Herz pumpt über die linke Herzhälfte sauerstoffreiches Blut in die Blutgefäße, über die es in die Organe gelangt. Nach seinem Weg durch den Körper kommt das nun sauerstoffarme Blut wieder am Herzen an. Über die rechte Herzhälfte strömt es in die Lunge, wird wieder mit Sauerstoff angereichert und gelangt in die linke Herzhälfte. Der Kreislauf beginnt von neuem. Ist das Herz zu schwach, kann es entweder nicht mehr ausreichend Blut und damit Sauerstoff in die Lunge oder in den Körper pumpen (Systole) oder aber nicht mehr genug Blut aufnehmen (Diastole). Letzteres ist bei Frauen wesentlich häufiger als bei Männern der Fall, wie man heute weiß. Frauenherzen sind steifer und können sich somit weniger ausdehnen und mit Blut füllen. Die Experten sprechen von einer so genannten diastolischen Herzschwäche mit erhaltender Pumpfunktion.

Experten befürchten viele unerkannte Herzschwäche-Fälle bei Frauen

Mit zunehmendem Alter werden die Herzen von Frauen noch fester. Denn in den Wechseljahren (Menopause) kommt es infolge des Östrogenmangels zu erhöhtem Blutdruck sowie vermehrter Bildung von Bindewebe im Herzen. „Diese durch einen Mangel an körpereigenem Östrogen bedingte Herzschwäche, lässt sich nicht durch eine Hormontherapie ausgleichen“, betont Regitz-Zagrosek, die auch Seniorprofessorin an der Charité, Universitätsmedizin Berlin ist. Frauen haben nicht nur festere, sondern auch kleinere Herzen als Männer. Die geringere Größe wird dadurch ausgeglichen, dass ihre Herzen mit einer höheren Auswurffraktion, – wie man dieses Maß in der Fachsprache nennt – arbeiten als die der Männer. Die Auswurffraktion gibt an, wieviel Prozent des Blutes, das sich im Herzen befindet, mit jedem Schlag in den Körper gepumpt wird. Bei gesunden Männern sind das mindestens 55 Prozent des Blutes im Herzen, bei gesunden Frauen wohl mehr als 60 Prozent. „Bislang aber orientiert man sich bei Frauen an dem Mindestwert für Männer von 55 Prozent“, erklärt die Berliner Kardiologin. „Die Fachwelt diskutiert derzeit, dass der Mindestwert für Frauen wahrscheinlich höher ist als der für Männer.“ Dazu kommt: Die Auswurffraktion nimmt im Alter normalerweise zu, bei Frauen stärker als bei Männern, weil Herzgröße und -masse bei beiden Geschlechtern abnehmen. „Das könnte einmal mehr dazu beitragen, dass die Auswurffraktion insbesondere bei vielen älteren Frauen als normal angesehen wird, obwohl sie längst an einer Herzschwäche leiden“, meint die Expertin. So hat mittlerweile etwa die Hälfte aller Patienten mit Herzschwäche, die in Kliniken aufgenommen werden, eine vermeintlich normale Auswurffraktion. Der Großteil von ihnen sind Frauen.

Gefahr durch Schwangerschafts-Kardiomyopathie und Broken-Heart-Syndrom

Bei Frauen kommen noch weitere besondere Formen der Herzschwäche vor. So kann im letzten Drittel der Schwangerschaft und etwa ein halbes Jahr nach der Geburt eine lebensbedrohliche so genannte Peripartale Kardiomyopathie (PPCM) auftreten. Alarmzeichen sind plötzliche Atemnot, Schwäche oder Flüssigkeitsansammlungen im Körper. Schon bei den ersten Signalen sollte man sofort einen Arzt aufsuchen.

Das Broken-Heart-Syndrom ist eine Herzschwäche, die fast nur bei Frauen nach den Wechseljahren auftritt. Sie ist oftmals eine Folge von massivem emotionalem Stress. Die Symptome sind ähnlich einem Herzinfarkt: Atemnot, Engegefühl in der Brust, starke Schmerzen. „Das Herz kontrahiert an der Basis stärker als an der Spitze“, erläutert Regitz-Zagrosek. „Durch dieses Ungleichgewicht im Kontraktionsablauf wird zu wenig Blut ausgeworfen und der Körper nicht ausreichend versorgt.“ Dieser Zustand ist ebenfalls lebensgefährlich. Betroffene sollten unverzüglich den Notarzt (Notruf 112) alarmieren.

Achten Sie auf Ihr Herz – Prof. Vera Regitz-Zagrosek rät Frauen:

  • Geraten Sie bei kleinen Belastungen in Atemnot und sind Sie schnell erschöpft, bitten Sie Ihren Arzt, einen Ultraschall des Herzens vorzunehmen.
  • Lassen Sie regelmäßig Blutdruck, Blutzucker, Körpergewicht und Blutfette kontrollieren.
  • Erbitten Sie beim Arzt eine Blutuntersuchung. Eisenmangel kann ein Indiz für eine Herzschwäche sein. Außerdem sind bei der Herzschwäche zwei wichtige Marker, die natriuretischen Peptide ANP und BNP, erhöht. Wichtig: Bei Frauen sind auch leicht erhöhte Werte Warnzeichen.
  • Frauen benötigen niedrigere Dosen von ACE-Hemmern und Betablockern als Männer. Digitalis verursacht möglichweise mehr Komplikationen. Die Gabe von Arzneien gegen Herzrhythmusstörungen sollte gut mittels EKG überwacht werden. Fragen Sie Ihren Arzt, ob die empfohlene Arznei an Frauen erprobt worden ist und ob spezielle Dosierungen angeraten sind.
  • Ändern Sie bei möglichen Nebenwirkungen eines Medikamentes nicht auf eigene Faust die Dosis oder setzen es ab, sondern sprechen Sie mit Ihrem Arzt.
  • Frauen profitieren sehr von einer Resynchronisationstherapie, bei der das Herz mit speziellen Schrittmachern dazu gebracht wird, sich synchron zusammenzuziehen. Lehnen Sie ein solches Angebot nicht von vornherein ab.
  • Achten Sie auf Bewegung an frischer Luft, gesunde Ernährung, verzichten Sie auf Alkohol und Zigaretten.
2020-Broschuere-Herz

Tipp: Der Experten-Ratgeber „Das schwache Herz“ (180 S.) kann kostenfrei per Tel. unter 069 955128-400 (E-Mail: [email protected]) angefordert werden. Leicht verständlich informieren Herzexperten über Ursachen, Vorbeugung sowie aktuelle Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten der Herzschwäche. Weitere Infos auch zur Herzschwäche bei Frauen unter Herzwochen2020 

Bildmaterial zu der Pressemeldung

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Hintergrundinformationen Herzwochen

Die Herzwochen stehen unter dem Motto „Das schwache Herz“ und richten sich an Patienten, Angehörige, Ärzte und alle, die sich für das Thema Herzschwäche interessieren. An der Aufklärungskampagne beteiligen sich Kliniken, niedergelassene Kardiologen, Krankenkassen und Betriebe. Infos zu Online-Vorträgen, Telefonaktionen und Ratgeber-Angeboten sind unter Herzwochen2020 abrufbar oder per Tel. 069 955128-333 zu erfragen.

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Pressestelle: Michael Wichert und Pierre König