Vorhofflimmern ist die häufigste Form einer Herzrhythmusstörung mit insgesamt mehr als 1,5 Millionen Betroffenen. Typisch sind die zumeist anfallsartigen schnellen und unregelmäßigen Herzschläge. Das EKG zeigt dabei ein typisches Bild und kann eine Verdachtsdiagnose aufgrund der Symptome dann bestätigen. Neben den beängstigenden Vorhofflimmernattacken und einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle wird das Herz auf Dauer zudem durch die zu schnellen Herzschläge überlastet. Es kann nicht mehr so kräftig pumpen, es droht eine Herzschwäche – vor allem wenn das Vorhofflimmern zu einem Dauerzustand wird. Daher wird versucht, bei Beschwerden frühzeitig diesen Zustand zu beseitigen.
Dazu hat sich bei Patienten mit Vorhofflimmern inzwischen eine Katheterablation als ein gängiges Therapieverfahren etabliert, um die Herzrhythmusstörung möglichst dauerhaft zu beseitigen. Areale im Bereich der Vorhöfe des Herzens, von denen die elektrische Fehlsteuerung ausgeht, werden dabei meist mit Kälte oder Hitze verödet. Gestützt wird dieses Vorgehen auch durch die aktuellen Europäischen Leitlinien. Doch bei einigen Betroffenen funktioniert das nicht oder nur kurzzeitig und es kommt erneut zum Vorhofflimmern. In einem aktuellen Forschungsprojekt untersuchen nun Forscher aus Leipzig, ob sich das Risiko eines Rückfalls mit einem KI-unterstützten Verfahren individuell vorhersagen lässt, um so eine optimale Auswahl an Patienten zu treffen.
Gibt es bei Vorhofflimmern verschiedene EKG-Muster?
In Deutschland wurden 2021 über 103.000 solcher Ablationseingriffe durchgeführt. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung und Anwendung des Verfahrens wird es zugleich immer wichtiger, möglichst schon vorab zu erkennen, bei wem die Ablation zu scheitern und ein Rückfall droht. Das Forschungsprojekt „ACCELERATE“ am Herzzentrum Leipzig und dem Helios Health Institute in Berlin soll dazu nun beitragen und damit zugleich die Sicherheit und Lebensqualität der Patienten verbessern. Ein weiterer Vorteil: Die vorhandenen Ressourcen könnten effektiver genutzt werden. Die Deutsche Herzstiftung fördert diese patientennahe Forschung mit 92.800 Euro.
Konkret wollen die Leipziger Forscher vorhandene Untersuchungsdaten und Künstliche Intelligenz (KI) nutzen, um aus den EKG der Vorhofflimmern-Patienten Muster zu erkennen, die bisher nicht beachtet wurden. Ziel ist es, so individuellere Behandlungsentscheidungen für Patienten mit Vorhofflimmern treffen zu können sowie frühzeitig verlässliche Hinweise zu erhalten, ob sich krankhafte Umbauprozesse am linken Vorhof entwickeln, ein sogenannte linksatriales Remodeling eine ermöglichen.
Risikobewertung für Umbauprozesse in den Vorhöfen
Denn in der Vergangenheit wurden zwar auch schon verschiedene klinische Werte hinsichtlich der Vorhersagekraft von Vorhofflimmern-Rezidiven ermittelt. So hat sich das Vorhandensein sowie das Ausmaß eines atrialen Remodelings – gekennzeichnet sowohl durch strukturelle (Dilatation des linken Vorhofs) als auch elektrische (linksatriale low-voltage-Areale im elektroanatomischen Mapping) Veränderungen des linken Vorhofs – als Prädiktoren für die langfristige Effektivität des Rhythmuserhalts nach Katheterablation von Vorhofflimmern herausgestellt. Darüber hinaus wurden im Sinne einer individualisierten Risikoanalyse verschiedene genetische Faktoren identifiziert. Dennoch ist bislang die Vorhersagekraft all dieser Prädiktoren in Zusammenhang mit einem EKG noch unzureichend.
Da nun die Auswertungsgenauigkeit von 12-Kanal-EKG mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) bzw. Modellen des maschinellen Lernens (ML) in den vergangenen Jahren zunehmend besser geworden ist, erhoffen sich die Forscher unter der Leitung von Dr. Sebastian König und Prof. Dr. Dr. Andreas Bollmann vom Einsatz dieser Technologien auch einen neuen Weg, um das Risiko eines Vorhof-Remodelings und damit den Erfolgs einer Katheterablation besser absehen zu können.
Die für eine KI-basierte Auswertung nötigen Datenmengen werden dabei aus vorhandene Registerdaten des Herzzentrums Leipzig mit Routinedaten aus der klinischen Versorgung mit weiteren Datenquellen, wie einer digitalen EKG-Datenbank (Leipzig Heart Center Atrial Fibrillation Ablation Registry) kombiniert. Die daraus abgeleiteten Vorhersagemodelle sollen dann unter anderem in Zusammenarbeit mit der amerikanischen Vanderbilt Universität in Nashville nochmals überprüft werden. Sollten sich die neu entwickelten Modelle dann als verlässlich und genau bestätigen, würde dies einen wichtigen Schritt hin zu einer individualisierten Therapieentscheidung für Patienten mit Vorhofflimmern bedeuten, für die eine schmerzfreie, günstige und überall verfügbare Basisdiagnostik ausreicht.
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