Wenn Ärzte ihre Patienten nach der Diagnose „Vorhofflimmern“ beraten, spielen viele Themen eine Rolle. In erster Linie wollen die Patienten wissen, wie die nächsten Behandlungsschritte aussehen. Doch es gibt noch zwei weitere sehr wichtige Fragen, die Patienten beschäftigen: „Wie konnte es bei mir überhaupt zu Vorhofflimmern kommen? Und was kann ich tun, um weitere Vorhofflimmernanfälle zu verhindern?
Wie entsteht Vorhofflimmern?
Bei einem gesunden Herzen unterstützen die Vorhöfe die Arbeit der Herzkammern. Zunächst ziehen sich die beiden Vorhöfe zusammen, und das Blut strömt in die Herzkammern. Kurz darauf ziehen sich auch die beiden Herzkammern zusammen und pumpen das Blut in den Lungen- bzw. Körperkreislauf. Gesteuert wird dieser Prozess durch elektrische Impulse, die in spezialisierten Herzzellen erzeugt werden.
Mit zunehmendem Alter oder durch verschiedene Vorerkrankungen kann dieser Prozess gestört werden, sodass unkoordinierte elektrische Impulse entstehen. Diese stören den normalen, rhythmischen Ablauf, die Vorhöfe “flimmern” nur noch, anstatt sich koordiniert zusammenzuziehen. Gleichzeitig kommt es dazu, dass Vorhofmuskelzellen viel zu rasch wieder elektrisch erregt werden.
Diese sogenannten kreisenden elektrischen Erregungen begünstigen, dass mit der Zeit das Vorhofflimmern auch chronisch wird. Das “Störfeuer” hat auch Folgen für die Herzkammern, denen dadurch die Kraft fehlt, ausreichend Blut in den Körperkreislauf zu pumpen.
Warum ist Vorhofflimmern gefährlich?
Das Vorhofflimmern entsteht fast immer an der Einmündung der Lungenvenen (Pumonalvenen) in den linken Herzvorhof durch Muskelzellen, die dort eine gesteigerte elektrische Aktivität besitzen. Zudem kommt es zu zellulären Veränderungen, die die mechanische Kraft der Vorhofzellen und die Blutflussgeschwindigkeit in den Vorhöfen verringern. Die Folgen:
- Stark erhöhtes Risiko für Schlaganfälle: Hierbei spielt v.a. eine Ausstülpung im linken Vorhof („Vorhofohr“) eine besondere Rolle, da sich dort das langsamer fließende Blut besonders leicht stauen und verklumpen kann. Blutgerinnsel (Thromben) können mit dem Blutstrom ins Gehirn gespült werden.
- Auf Dauer: Vergrößerung (Dilatation) der Vorhöfe mit weiteren strukturellen Umbauprozessen. Dies sorgt dafür, dass das Vorhofflimmern schwieriger zu behandeln ist.
- Akut wie auch auf Dauer: reduzierte Durchblutung der Herzkammern. Die Herzkraft lässt nach, eine Herzschwäche entsteht, die ihrerseits Vorhofflimmern fördert.
- Vorbestehende Herzklappenundichtigkeiten, vor allem der Mitralklappe, können sich deutlich verschlechtern.
- Beeinträchtigung anderer Organe, etwa des Gehirns und der Nieren.
- Einschränkung der Lebensqualität.
Vorhofflimmern: beeinflussbare und nicht beeinflussbare Risikofaktoren
Das Entstehen von Vorhofflimmern wird durch viele Risikofaktoren begünstigt. Grundsätzlich zu unterscheiden sind Risikofaktoren, die man selbst beeinflussen kann, etwa der individuelle Lebensstil. Hinzu kommen Grunderkrankungen, die Vorhofflimmern begünstigen und die daher gut behandelt werden sollten.
Andere Risikofaktoren entziehen sich der Einflussnahme, etwa Alter oder erbliche Veranlagung. Das weibliche Geschlecht hat als Risikofaktor inzwischen seine Bedeutung medizinisch verloren. Dafür ist umso deutlicher: Je älter wir werden, desto wahrscheinlicher wird es, dass man an Vorhofflimmern erkrankt. Bei unter 50-Jährigen liegt die Häufigkeit noch bei deutlich unter 1 %, bei den über 60-Jährigen liegt sie bei 4 – 6 % und bei den über 80-Jährigen bei 9 – 16 %. Ab 75 Jahren ist ca. jeder 10. von Vorhofflimmern betroffen.
Ursache Nummer eins: Bluthochdruck
Vorhofflimmern tritt vermehrt bei Menschen auf, die bereits Herzprobleme oder andere Erkrankungen haben. Hier nimmt der Bluthochdruck eine herausragende Rolle ein. Ein erstes Zeichen, dass das Herz durch Bluthochdruck geschädigt ist, ist eine Erweiterung des linken Vorhofs. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für Vorhofflimmern. Rund 60 % der Patienten mit langjährigem Bluthochdruck haben auch Vorhofflimmern.
Vorhofflimmern Ursachen: Weitere Begleit- und Vorerkrankungen
Neben Bluthochdruck gelten noch folgende Erkrankungen als Risikofaktor für Vorhofflimmern:
- Herzschwäche
- Herzklappenfehler
- Koronare Herzkrankheit
- Schilddrüsenüberfunktion
- entzündliche Erkrankungen wie Rheuma, chronische Lungenleiden
- chronische Funktionsstörungen der Nieren
- Schlafapnoe-Syndrom
- Diabetes mellitus
Risikofaktor Lebensstil
Häufig ist das Auftreten von Vorhofflimmern auch mit einer bestimmten Lebenssituation oder dem Lebensstil verknüpft:
Alkohol & üppiges Essen
Forscher fanden heraus, dass bestimmte Lebensmittel Vorhofflimmern auslösen können. Übermäßiger Alkoholkonsum zum Beispiel stört den Mineralstoffhaushalt. Bereits ein einmaliger Alkoholexzess kann selbst bei noch jungen Menschen kurzfristig Vorhofflimmern auslösen (sogenanntes „Holiday- Heart-Syndrom“). Regelmäßiger Alkoholkonsum, selbst bei nur moderaten Alkoholmengen, erhöht in jedem Fall das Risiko, Vorhofflimmern zu bekommen. Ebenso können üppige Mahlzeiten, die für den Körper schwerer zu verdauen sind, Vorhofflimmern auslösen.
Rauchen:
Wer regelmäßig raucht, hat ein deutlich erhöhtes Risiko, im Laufe seines Lebens an Vorhofflimmern zu erkranken. Das Risiko steigt mit der Anzahl der Zigaretten. Je stärker geraucht wurde, desto mehr „wertloses“ Bindegewebe sammelt sich in den Herzvorhöfen an. Dieser Gewebeumbau, das konnten Studien zeigen, legt die Basis für Vorhofflimmern.
Übergewicht:
Übergewicht erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Vorhofflimmern kommt. Wenn Vorhofflimmern gepaart mit zu viel Körpergewicht auftritt, ist es zudem schwieriger, Vorhofflimmern zu kontrollieren beziehungsweise zu beenden. Große Studien konnten zeigen, dass durch eine Verringerung des Gewichts und regelmäßige körperliche Aktivität Vorhofflimmern oftmals gut in den Griff zu bekommen ist. Und; eine entsprechende Lebensstiländerung verbessert nach einer Katheterablation die Erfolgsaussichten.
Stress & Burnout
Stress alleine ist nur selten die Ursache für Vorhofflimmern. Es gibt aber Hinweise, dass Zeitdruck und psychische Belastungen Vorhofflimmern auslösen oder verstärken können. Mit kurzfristigem Stress kann der Körper noch recht gut umgehen, dauerhafte Anspannung aber begünstigt Schlafstörungen und kann zu Herzproblemen wie Vorhofflimmern führen. Auch das Burnout-Syndrom (ein Zustand völliger körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung) erhöht das Risiko, an Vorhofflimmern zu erkranken. Die chronische Erschöpfung, so vermuten Wissenschaftler, erhöht die Entzündungsbereitschaft des Körpers und verstärkt physiologische Stressreaktionen. Beides zusammen schädigt den Herzmuskel.
Löst Kaffee Vorhofflimmern aus?
Nach den derzeit vorliegenden Daten gibt es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Kaffeegenuss und Vorhofflimmern: Mediziner vom renommierten schwedischen Karolinska-Institut konnten auch bei einem Kaffeekonsum von mehreren Tassen pro Tag bei Erwachsenen kein erhöhtes Vorhofflimmernrisiko feststellen. Eine Studie, an der nahezu 300.000 Kaffeetrinker teilgenommen haben, stellte unlängst sogar statistisch fest: Der tägliche Konsum einiger Tassen Kaffee geht mit einem leicht verringerten Risiko für Herzrhythmusstörungen einher.
Weitere Auslöser für Vorhofflimmern
Extremer Ausdauersport
Sehr intensive Ausdauerbelastungen, beispielsweise Marathonlauf oder Rennradfahren, können einigen Studien zufolge Vorhofflimmern auslösen. Dies gilt möglicherweise auch für andere extreme Belastungen, etwa ausgedehnte Hochgebirgstouren oder Triathlon. Auch Mannschaftssportarten wie Fußball oder Rugby waren, wie Analysen ergaben, mit einem höheren Vorhofflimmerrisiko verbunden. Die Ursache ist nicht ganz klar. Eine Erklärung ist, dass intensiver Ausdauersport zu einer Vergrößerung der Herzvorhöfe führt. Auch ein vermehrtes Ausschütten von Adrenalin beim Training oder Wettkampf könnte Vorhofflimmern begünstigen, ebenso Flüssigkeitsverluste mit Elektrolytverschiebungen. Für Belastungen mit niedriger oder mittlerer Intensität, wie sie im Freizeitsport üblich ist, gibt es hingegen keinerlei Hinweise für ein vermehrtes Auftreten von Vorhofflimmern. Im Gegenteil: Körperliche Aktivität schützt vor Vorhofflimmern, Inaktivität hingegen begünstigt Vorhofflimmernanfälle.
Störungen im Mineralhaushalt (Kalium- und Magnesiummangel)
Auch Störungen des Salzhaushalts (Elektrolyte) mit einem Mangel von Kalium und Magnesium können Vorhofflimmern begünstigen.
Ursachen von Vorhofflimmern behandeln
Zwar lässt sich Vorhofflimmern durch Medikamente oder mit einer Katheterablation therapieren. Für einen dauerhaften Behandlungserfolg ist es aber ebenfalls wichtig, auch die Risikofaktoren und Ursachen konsequent zu behandeln. Als Patient können Sie viel tun, um die Faktoren auszuschalten, die Rhythmusstörungen auslösen oder verstärken:
- Beugen Sie Krankheiten vor, die Vorhofflimmern verursachen (Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Diabetes, Übergewicht, Schlaf-Apnoe) oder sorgen Sie dafür, dass sie rechtzeitig erkannt und behandelt werden,
- Rauchstopp: Rauchen ist ein Hauptrisikofaktor für alle Herz- und Gefäßerkrankungen,
- Nur mäßiger Konsum von Alkohol,
- Ausreichend Bewegung: Empfohlen wird eine moderate körperliche Aktivität, etwa längere Spaziergänge, Nordic Walking-Runden oder auch ein entspannter Dauerlauf. Ziel sollte es sein, sich pro Woche für 150 – 300 Minuten entsprechend zu bewegen (WHO-Empfehlung für über 65-Jährige).
- Mediterrane Ernährung: Mit einer gesunden Ernährung lässt sich sowohl das allgemeine Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung wie auch das für Vorhofflimmern senken. Als herzgesunde Ernährungsweise gilt die sogenannte mediterrane Kost mit viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, eher Fisch als Fleisch und mageren Milchprodukten. Die Ernährung von Vorhofflimmernpatienten sollte zudem salzarm sein: Zu viel Salz in der Nahrung erhöht das Risiko für Vorhofflimmern.
- Wichtig ist es, sich trotz eines Alltags mit viel Stress, immer wieder Zeit für Dinge zu nehmen, die Freude machen, sei es Sport oder Musizieren, Freunde treffen oder ein kreatives Hobby ausüben. Auch Yoga oder Autogenes Training können hilfreich sein.
Experte
Professor Dr. Daniel Steven ist Leiter der Elektrophysiologie in der Klinik für Innere Medizin der Universitätsklinik Köln.
Unser Informationsmaterial
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Zurück in den Takt: Vorhofflimmern (2022)
PDF: 6,22 MB -
Prävention: Was Sie selbst tun können (2022)
PDF: 134,34 KB -
Blutdruck-Pass
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Kalium und Magnesium bei Herzrhythmusstörungen
PDF: 1,14 MB