Stellungnahme

Wie wird das Cardioband-System in Deutschland genutzt?

Nach Medienberichten über Probleme mit dem Herzklappen-Implantat „Cardioband“ haben sich Patienten besorgt gemeldet. Lesen Sie mehr zum Verfahren.

In den vergangenen Wochen wurden erneut in verschiedenen Medien Vorwürfe erhoben, dass der von 2016 bis 2020 am Universitätsspital Zürich tätige Chefarzt der Herzchirurgie, Francesco Maisano, aufgrund finanzieller Interessen Krankenunterlagen und wissenschaftliche Berichte gefälscht haben soll. Dabei wurden von Patienten berichtet, bei denen es im Rahmen des Eingriffs zu teils erheblichen Komplikationen bei der Implantation des Cardioband-Systems gekommen ist. 

In der Folge haben sich viele Patienten, die in der Vergangenheit mit einem Cardioband versorgt wurden, mit großer Sorge an die Herzstiftung gewandt. Wir können zu den Vorkommnissen in Zürich nicht Stellung nehmen, da uns dazu keine näheren Informationen vorliegen. Mit dieser Stellungnahme soll jedoch das Verfahren nochmals näher erklärt werden, um so Sorgen zu verringern.

Wenn die Trikuspidalklappe nicht richtig schließt

Die Trikuspidalklappe ist die Herzklappe zwischen rechter Herzkammer und rechtem Herzvorhof. Wird sie undicht, kommt es teilweise zum Rückfluss des Blutes Richtung Körper. In den meisten Fällen entsteht eine solche Undichtigkeit (Insuffizienz) durch Erweiterung der rechten Herzkammer, die zur Überdehnung des Klappenrings führt.

Eine Undichtigkeit dieser Herzklappe ist häufig und kann bei 65-85 Prozent der Bevölkerung nachgewiesen werden. Eine leichtgradige Insuffizienz bei normaler Klappenstruktur ist unproblematisch. Doch schon eine mittelgradige Undichtigkeit ist mit einer erhöhten Krankheitslast und Sterblichkeit verbunden. 

Eine Trikuspidalinsuffizienz geht typischerweise mit Symptomen der Herzschwäche, insbesondere in Form von Atemnot, Müdigkeit, und Wasseransammlungen um die Lunge und in den Beinen einher. Die Diagnose wird meist durch eine Herzultraschalluntersuchung festgestellt.

Da die Undichtigkeit allerdings oft erst spät erkannt wird, wirken Medikamente häufig nicht mehr gut und das Risiko für eine operative Korrektur der Klappe ist dann zu hoch. Lange Zeite blieben daher etliche Patienten mit dieser Erkrankung unbehandelt. 

Welche Verfahren stehen heute bei einer Undichtigkeit der Klappe zur Verfügung?

Insbesondere Patienten mit deutlicher Trikuspidalklappeninsuffizienz sind meist Hochrisikopatienten, deren Behandlung besonders komplex ist. Prinzipiell basieren die zur Verfügung stehenden Techniken auf den bereits etablierten Verfahren zur perkutanen Therapie der Mitralinsuffizienz. Die Möglichkeit, auch die Trikuspidalklappe kathetergestützt zu behandeln, hat die Situation von Patienten in den letzten Jahren erheblich verändert. 

In Europa sind dabei drei Verfahren zum routinemäßigen Einsatz zugelassen:

  • die Reparatur mit einem Clip, der an den Klappensegeln ansetzt,
  • die Anuloplastie, also Korrektur des Klappenrings mit dem Cardioband und
  • der Ersatz der Klappe mit einer Prothese. 

Mit aktuell über 4.000 Eingriffen pro Jahr in Deutschland ist die „Clip“-Reparatur das bei weitem am häufigsten eingesetzte Verfahren. Während die beiden anderen Verfahren in deutlich geringerem Umfang (jeweils zwischen 100 und 200 Prozeduren  pro Jahr) eingesetzt werden.

Wie funktioniert das Cardioband-System?

Beim Cardioband-System handelt es sich um ein zusammenziehbares Band, welches über die Leistenvene eingebracht und mit mehreren Schraubankern im Herzmuskelgewebes des Ringes der Trikuspidalklappe befestigt wird. Nach Implantation wird das Band dann ebenfalls über einen Katheter zusammengezogen. Dadurch wird die Klappe quasi gerafft, wodurch sich die einzelnen Segel der Klappe aufeinander zu bewegen. So wird die Dichtigkeit der Herzklappe wiederhergestellt.

Anfänglich wurde das System für die Mitralklappe, also die Herzklappe, die zwischen linker Herzkammer und linkem Herzvorhof liegt, entwickelt. Anders als bei der Trikuspidalklappe spielen hier jedoch Veränderungen der Klappensegel oder der beschädigte Zug an den Klappensegeln durch in der Herzkammer befestigte Sehnenfäden eine entscheidende Rolle für die Klappenundichtigkeit und weniger die Aufweitung des Klappenringes. Aus diesem Grund wird das Cardioband-System für die Mitralklappe aktuell auch nicht mehr eingesetzt. 

Was ist wichtig zu wissen über das Cardioband-Verfahren?

Zur Einordnung der Berichterstattung ist es wichtig zu verstehen, dass die beschriebenen Komplikationen ganz überwiegend aus der Frühphase der Verwendung des Cardioband-Systems stammen. Da das System das erste verfügbare System dieser Art war, waren hier die Erfahrungen für die kathetergestützte Behandlung der Trikuspidalklappe insgesamt limitiert.

So ist beispielsweise die Ultraschall-gestützte Darstellung der Klappe und der Katheter für alle Prozeduren von entscheidender Wichtigkeit. Hier haben sich die Darstellungstechniken im Vergleich zur Anfangsphase erheblich weiterentwickelt. Weiterhin wurde in der Anfangsphase nicht erkannt, dass es verschiedene Schweregrade und Formen der Trikuspidalklappenundichtigkeit gibt. Mittlerweile sind diese klar definiert und man weiß: Nicht für alle Formen ist das Cardioband geeignet. 

Diese und viele andere Erkenntnisse haben dazu geführt, dass Cardioband-Implantationen heute weitaus sicherer und effizienter als in der Anfangsphase durchführbar sind. Das zeigt eine Vielzahl wissenschaftlicher Publikationen. Dennoch haben die anfänglichen Erfahrungen auch in der Ärzteschaft zu einer gewissen Zurückhaltung gegenüber dem System geführt. Die weitere fundierte wissenschaftliche Untersuchung der im Vergleich zur Frühphase erheblich weiterentwickelten neuen Version des Cardiobands, die voraussichtlich ab dem nächsten Jahr zugelassen sein wird, muss daher nun zeigen, welche Rolle dem System künftig zukommen wird.

Welche Konsequenzen ergeben sich für Patienten, die mit einem Cardioband therapiert wurden? 

Nachvollziehbarerweise stellt der Ausriss der Anker im Herzmuskelgewebe, wie er in der Berichterstattung beschrieben wird, ein für betroffene Patienten schreckliches Szenario dar. Alle verfügbaren Daten weisen jedoch darauf hin, dass diese Ausrisse sich in der Regel noch während oder früh nach der Implantation ereignen und dann von der implantierenden Klinik auch festgestellt werden. Bei der überwiegenden Mehrheit der Patienten zeigen die Daten jedoch eine anhaltende, sichere Reduktion der Klappenundichtigkeit nach Implantation eines Cardiobands. 

So wie es für alle Herzkranken mit durchgeführten Klappeneingriffen gilt, sollten auch Patienten mit einem implantierten Cardioband, die sich in einer stabilen klinischen Situation befinden, regelmäßig kardiologische Kontrolluntersuchungen durchführen lassen. Das empfehlen ja auch stets die behandelnden Kardiologen. Sollte ein Problem mit dem Cardioband bestehen, kann dies durch eine routinemäßige Ultraschalluntersuchung des Herzens festgestellt werden. Ist hier alles in Ordnung, ergibt sich keine Notwendigkeit für weitere Maßnahmen. Sollte sich ein verdächtiger Befund ergeben, erfolgt in der Regel eine Überweisung an die implantierende Klinik. Notfallsituation sind die absolute Ausnahme. 

Fazit: routinemäßige empfohlene kardiologische Nachsorge ausreichend

Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich aus der aktuellen Berichterstattung keine Notwendigkeit für akute oder außerplanmäßige Maßnahmen ergibt und die routinemäßige empfohlene kardiologische Nachsorge ausreichend ist.

  1. Ochs, L. et al. 2023. Comparison of transcatheter leaflet-approximation and direct annuloplasty in tricuspid regurgitation. Clin Res Cardiol.
  2. Körber, M. I. et al. 2021. Transcatheter Treatment of Secondary Tricuspid Regurgitation With Direct Annuloplasty: Results From a Multicenter Real-World Experience. Circ Cardiovasc Interv 832-842.
  3. Davidson, C. J. et al. 2021. Early Feasibility Study of Cardioband Tricuspid System for Functional Tricuspid Regurgitation. JACC: Cardiovascular Interventions 14, 41-50.

Experte

Prof. Dr. med. Volker Rudolph
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Experte

Prof. Dr. med. Jan Gummert
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