Wenn bei einem implantierten Defibrillator (ICD) eine Schockabgabe erfolgt, bekommen Betroffene von ärztlicher Seite oft ein Fahrverbot auferlegt. Die Dauer des Fahrverbots hängt dabei wesentlich vom Auftreten erneuter Rhythmusstörungen ab, wie der folgenden Sprechstunden-Antwort zu entnehmen ist.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Mir wurde wegen Herzschwäche vor sechs Jahren ein Defibrillator (ICD) eingesetzt. Nach zwei Jahren löste er einen Schock aus. Auf Anraten der Ärzte fuhr ich danach ein halbes Jahr lang kein Auto. Nach Ablauf dieser autofreien Zeit erhielt ich bei der vierteljährlichen Defi-Kontrolle vom Kardiologen die Erlaubnis, wieder Auto zu fahren. Gibt es Regelungen, dass ein Defi-Träger nach dem Auslösen eines Schocks nicht mehr oder nur noch eingeschränkt Auto fahren darf? (Emanuele C., Köln)
Die Experten-Antwort:
Bei Menschen mit einem implantierten Defibrillator hängt die Fahrtauglichkeit wesentlich von der Einschätzung ab, wie groß das Risiko für einen Bewusstseinsverlust aufgrund erneuter Herzrhythmusstörungen ist. Da bei Patienten mit einem Defibrillator diese Gefahr in der Regel erhöht ist, dürfen Betroffene in einer Vielzahl der Fälle z. B. nicht als Berufskraftfahrer ein Fahrzeug im Straßenverkehr führen. Für Privatfahrer existieren dagegen abweichende Empfehlungen. Nach einer Rhythmusstörung mit Schockabgabe muss in aller Regel eine Fahrpause von mindestens drei Monaten eingelegt werden. Danach kann der behandelnde Kardiologe individuell entscheiden, ob der Patient wieder Auto fahren darf. Bei stabiler Situation ohne weitere Rhythmusstörungen kann dies problemlos möglich sein.
Fahrverbot kann verlängert werden
Besteht dagegen eine instabile Situation, kann es erforderlich sein, das Fahrverbot aufrechtzuerhalten. Dies wäre z. B. der Fall, wenn sich im ICD-Speicher gehäuft Rhythmusstörungen finden, die zwar zu keiner Schockabgabe geführt haben, aber sich nicht als unbedenklich einstufen lassen. Aus medizinischer Sicht ist es dringend zu empfehlen, die Fahrpause ernst zu nehmen, auch wenn der Führerschein bzw. die Fahrerlaubnis nicht offiziell von Amts wegen entzogen wird und auch in Deutschland keine Meldung von ärztlicher Seite an die Behörden erfolgen muss (Schweigepflicht ist meist das höherwertige Gut). Denn solange die Situation noch nicht als stabil zu bewerten ist, kann es je nach Art der Herzrhythmusstörung trotz des implantierten Defibrillators zu einer Bewusstlosigkeit kommen.
Bewusstlosigkeit am Steuer: Achtung Fremdgefährdung!
Grundsätzlich sollte man bedenken, dass eine Bewusstlosigkeit aufgrund von Herzrhythmusstörungen so plötzlich auftreten kann, dass man nicht mehr am Fahrbahnrand anhalten kann und dort einfach wartet, bis alles wieder in Ordnung ist. Dabei ist nicht nur an die Eigengefährdung zu denken, sondern auch an die Gefahr anderen Verkehrsteilnehmern bei einem Unfall erhebliche Schäden zuzufügen. Sollte es zu einem Unfall kommen und das von ärztlicher Seite erteilte Fahrverbot bekannt werden, ist außerdem davon auszugehen, dass von Versicherungs-Seite versucht wird, die Übernahme des Schadens zu verweigern. Darüber hinaus möchte ich an dieser Stelle nicht darüber spekulieren, in welchen Fällen von juristischer Seite die Eröffnung eines strafrechtlichen Verfahrens drohen könnte.
Fazit & Empfehlung:
Wenn es bei einem implantierten Defibrillator zu einer Schockabgabe gekommen ist, darf bei Autofahrern das Thema Fahrverbot im Gespräch mit dem Arzt nicht fehlen. Wird eine Fahrpause festgelegt, ist dies unbedingt ernst zu nehmen. Um ein Fahrverbot nicht unnötig lange in Kauf zu nehmen, sollte die Situation allerdings ärztlich überprüft werden, z. B. nach jeweils drei Monaten.
Experte
Prof. Dr. med. Bernd Nowak, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Arzt im Cardioangiologischen Centrum Bethanien in Frankfurt am Main. Zu den klinischen und wissenschaftlichen Schwerpunkten des Kardiologen zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen und die Implantation von Herzschrittmachern.