Sprechstundenfrage

Was tun, wenn die Smartwatch einen zu niedrigen Puls anzeigt?

Die Kontrolle der Pulsfunktion mittels Smartwatch liegt voll im Trend. Wann sollte die Anzeige eines zu niedrigen Pulses nachkontrolliert werden?

Immer mehr Menschen verfolgen ihre Körperfunktionen mit einer modernen Smartwatch. Vor allem Bewegungsaktivität, Schlaf, Sauerstoffsättigung und der Puls werden regelmäßig aufgezeichnet und geprüft. Das ist einerseits hilfreich, um ungesunde Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Aber manchmal irritieren die Angaben auch, etwa wenn plötzlich der Puls als zu niedrig eingestuft wird. Hier erläutert unser Experte, wann ein Gang zum Arzt ratsam ist.

Die Sprechstundenfrage im Wortlaut

Seit einem knappen Jahr besitze ich (57 Jahre) eine Smartwatch, die auch als Medizinprodukt gekennzeichnet ist. Ich vertraue darauf, dass sie verlässlich meinen Puls kontrolliert, denn ich hatte vor einem Jahr eine heftige Vorhofflimmern-Attacke, die nur durch eine Kardioversion wieder in den Griff zu bekommen war. Seither habe ich meinen Alkoholkonsum auf Anraten des Arztes reduziert und bewege mich sehr regelmäßig. Inzwischen kann ich sogar am Halbmarathon teilnehmen. In letzter Zeit bin ich allerdings irritiert, da die Smartwatch mir mehrmals einen zu niedrigen Puls signalisierte hat mit 45 oder 49 Schlägen pro Minute. Muss ich das als Warnhinweis für mein Herz ansehen? (Susanne K. Darmstadt)

Experten-Antwort

Als Faustregel gilt, dass im Ruhezustand ein Puls mit 60 bis 80 Schlägen pro Minute normal ist. Bei sportlicher Betätigung darf er dann – je nach Alter und Gesundheitszustand – auf höhere Werte steigen. Als grobe Faustformel für die Maximalbelastung gilt hierbei die Formel 220 minus Lebensalter. Von niedrigen Werten (medizinisch Bradykardie) spricht man wiederum in der Regel bei einer Pulsfrequenz von unter 50 Schlägen pro Minute, so wie bei Ihnen.

Allerdings kann bei gesunden, besonders bei sportlich aktiven, Personen (vor allem Ausdauerathleten) ein langsamer Herzschlag durchaus normal sein. Das ist dann der Effekt des trainierten, kräftigen Herzens, das effizienter pumpt – das also für das Auspumpen von Blut und die ausreichende Versorgung des Körpers mit Sauerstoff weniger Schläge braucht. Und auch in der Nacht oder bei Einnahme von Betablockern treten häufig niedrige Pulswerte auf, die zunächst einmal nicht bedenklich sind. 

Solange Ihnen die Smartwatch nur hin und wieder niedrige Pulswerte anzeigt, und diese bei Aktivität dann auch wieder steigen, Sie sich wohlfühlen und keine Symptome auftreten wie Schwindel, Müdigkeit, Atemnot oder Ohnmacht, brauchen Sie sich daher keine Sorgen zu machen. Bei Beschwerden oder wenn der Puls dauerhaft niedrig zwischen 40 und 50 Schlägen bleibt, sollten Sie allerdings einen Arzt aufsuchen.

Überprüfen Sie vorher noch, ob Ihre Smartwatch richtig anliegt. Denn damit die Messung  präzise erfolgt, muss die Uhr eng genug an der Haut anliegen, ohne zu drücken. Außerdem müssen Handgelenk und Sensor der Uhr sauber sein.

Im Zweifel können Sie zudem immer ihren Puls selbst kontrollieren. Legen Sie dazu Zeige- und Mittelfinger an das Handgelenk der anderen Hand unterhalb des Daumenballens (die Daumenwurzel). Wenn Sie dann den Puls spüren, zählen Sie die Schläge innerhalt von 15 Sekunden und multiplizieren Sie die Zahl mal 4. So erhalten Sie die Pulsfrequenz und haben einen Gegencheck zur Smartwatch-Angabe.

Im Übrigen ist es sehr zu begrüßen, dass Sie regelmäßig Sport treiben. Behalten Sie dennoch auch hier das richtige Maß im Auge – gerade im Hinblick auf Vorhofflimmern. Denn bei Intensivsportlern, wie Marathonläufern, kann es eher zu einer Vorhofflimmern-Attacke kommen als bei Sportlern, die mit mittlerer Intensität trainieren.

Mein Tipp: Zum Ausgleich und zur Vorbeugung von Vorhofflimmern ruhig auch mal entstressen mit z.B.:

  • tiefen Atemübungen
  • Meditation & Yoga
  • Musik und Naturgeräuschen
  • einem warmen Bad
  • progressiver Muskelentspannung

Experte

Prof. Dr. KR Julian Chun
Bild von Prof. Chun

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