Interview

Corona-Impfung für Kinder und Jugendliche mit angeborenem Herzfehler

Sechs Fragen an Dr. Jens Bahlmann, Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler e.V.

Kind bekommt mit Mundschutz eine Impfung
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Seit Ende Dezember 2020 werden in Deutschland Erwachsene gegen das neuartige Coronavirus geimpft. Vor dem Hintergrund der zweiten Pandemiewelle und der Entdeckung neuer Varianten des Coronavirus fragen sich betroffene Familien, ob und wann die Corona-Impfung für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit angeborenem Herzfehler (EMAH) kommt. Dr. Jens Bahlmann, beantwortet der Kinderherzstiftung wichtigste Fragen.

Was sollten Eltern zum Thema Corona-Impfung für Kinder wissen?

Dr. Jens Bahlmann: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Impfstoffe für sie müssen aus Sicherheitsgründen separat erforscht werden. Für frühe Testphasen sind Kinder zudem allein schon aus ethischen Gründen nicht vorgesehen. Derzeit werden Menschen mit einem Wirkstoffprinzip geimpft (mRNA-Impfstoff), welches es so noch nie zuvor gegeben hat! Dieser neuartige Impfstoff muss also zunächst im gesetzlich vorgeschriebenen Zulassungsverfahren bei den Erwachsenen erprobt werden und hierdurch seine Wirksamkeit, aber auch seine möglichen Nebenwirkungen wie Impfreaktionen und eventuelle Allergien gegen Impfstoffbestandteile zeigen.

Wann ist in Deutschland mit einem Impfstoff für junge Menschen zu rechnen?

Dr. Jens Bahlmann: Nach den derzeitigen Entwicklungen frühestens im Spätsommer 2021. Nach Zulassung des mRNA-Impfstoffes für Erwachsene wird eine Zulassungsstudie für Kinder und Jugendliche starten. Erst nach Abschluss der Studie kann der Impfstoff auch für Menschen unter 16 Jahren die Zulassung erhalten. Ob Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren geimpft werden, ist derzeit noch unklar. Die Ständige Impfkommission Deutschlands, STIKO, hat am 17. Dezember 2020 eine Empfehlung veröffentlicht, wer in Deutschland zu welchem Zeitpunkt eine Impfung gegen das neuartige Coronavirus erhalten soll.

Die Rede ist gleichzeitig von weiteren Impfstoffen.

Dr. Jens Bahlmann: Derzeit befinden sich weitere Impfstoffe in der Entwicklung. Hierunter finden sich auch Impfstoffe, die von ihrem Wirkprinzip im Kindesalter schon erprobt sind und die so ähnlich funktionieren, wie die bekannten Aktivimpfstoffe für Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken.

Werden Menschen mit angeborenem Herzfehler bei der Impfreihenfolge möglicherweise bevorzugt behandelt?

Dr. Jens Bahlmann: Die STIKO hat im Rahmen ihrer Empfehlung zur COVID-19-Impfung Personengruppen definiert, die in unterschiedlichen Stufen geimpft werden sollen. Hier gehören Menschen mit Trisomie 21 zur Stufe 2, Personen mit Vorerkrankungen und einem hohen Risiko zur Stufe 3 und Personen mit Vorerkrankungen und einem moderat erhöhten Risiko zur Stufe 4. Die kardialen Risikofaktoren wurden in der Veröffentlichung der STIKO vor allem bei arteriellem Hypertonus, Herzinsuffizienz, Arrhythmie oder Vorhofflimmern sowie koronarer Herzkrankheit gesehen. Angeborene Herzfehler (AHF) wurden nicht speziell aufgeführt.

Sind Empfehlungen in der Diskussion?

Dr. Jens Bahlmann: Ja, es gibt Empfehlungen und Positionspapiere der Deutschen und Europäischen Kinderkardiologischen und Kardiologischen Fachgesellschaften bezüglich der Risikogruppen bei Menschen mit AHF. Wir gehen davon aus, dass grundsätzlich zuerst die EMAHs geimpft werden, welcher EMAH dann aber zu welcher Risikogruppe gehört und wann geimpft wird, ist noch nicht entschieden.

Was können besorgte Eltern tun, um ihre Kinder in dieser Übergangsphase zu schützen?

Dr. Jens Bahlmann: Die Kinder erhalten über die Impfung der Erwachsenen bereits einen gewissen Schutz. Denn, wenn möglichst viele Menschen geimpft sind, geht das Infektionsgeschehen zurück und weniger Personen infizieren sich. Ansonsten heißt es abwarten und weiterhin die bekannten und wichtigen AHA+A+L-Regeln einhalten: Abstand halten, Hygienemaßnahmen beachten, Alltagsmaske tragen, Corona-Warn-App nutzen und in geschlossenen Räumen konsequent regelmäßig lüften. Dazu kommt eine gesunde Ernährung, Bewegung an der frischen Luft und die von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen für Kinder. Wir raten außerdem zu der für die Risikogruppen empfohlenen Grippeimpfung und zur Impfung gegen Pneumokokken.

Die Fragen stellte Martina Hinz. Aktualisierung am 8. Januar 2021.

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