Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Seitdem ich vor 2 Wochen einen schweren grippalen Infekt durchgemacht habe, der auch mit Antibiotika behandelt wurde, ist mein Blutdruck zu niedrig. Ich leide unter Müdigkeit und ständiger Schwäche in den Beinen. Bei Spaziergängen und bei der Hausarbeit muss ich jetzt Ruhephasen einlegen.
Seit mehreren Jahren nehme ich morgens und abends je 1 Beloc Zok mite und 1 Valsartan 80 mg. Damit habe ich gute Blutdruckwerte und wenig Herzstolpern. Ich bin 77 Jahre alt, normalerweise recht aktiv, spiele noch Tennis-Doppel und besuche einen Yogakurs. Zurzeit macht mir aber sogar die Treppe zu unserer Wohnung große Schwierigkeiten.
Der jetzige Zustand ist für mich ungewöhnlich. Ich dachte zuerst, es sind die Folgen des Infekts. Aber könnte nicht mein Herz betroffen sein? Leider habe ich erst in zwei Monaten wieder einen Termin bei meinem Kardiologen. (Sabine L., Bad Bertrich)
Experten-Antwort:
Es ist gut möglich, dass Sie von dem Virusinfekt noch geschwächt sind und es sich dabei um die üblichen Nachwirkungen handelt. Dennoch sollten Sie unbedingt jetzt sofort bei Ihren Ärzten einen Termin erbitten, um eine Herzbeteiligung nicht zu übersehen.
Es muss untersucht werden, ob bei Ihnen eine Herzmuskelentzündung (Myokarditis) vorliegt, die möglicherweise für die Schwäche verantwortlich ist. Dazu dienen in erster Linie EKG, Ultraschall (Herzecho), Laborwerte und gegebenenfalls eine Kernspintomographie des Herzens (MRT).
Sollten diese Untersuchungen die Vermutung einer Herzmuskelentzündung erhärten, ist eine Herzmuskelbiopsie, d. h. eine Probenentnahme aus dem Herzmuskel, am besten geeignet, die Diagnose zu sichern, was heutzutage in vielen Fällen unkompliziert mit einem Katheter möglich ist, der über eine Armvene eingebracht wird. Dabei ist eine Biopsie immer dann sinnvoll, wenn es sich um eine akute Entzündung handelt und durch die Biopsie auch tatsächlich ein Hinweis auf die richtige Therapie zu erwarten ist. Im Falle eines geschwächten Herzmuskels empfehle ich Ihnen dann auch, sich den Herzstiftungs-Ratgeber zur Herzschwäche zu besorgen, der wichtige Informationen zum Umgang mit einer Herzschwäche enthält.
Wichtig:
Eine vermehrte Abgeschlagenheit nach einem grippalen Infekt sollte man insbesondere dann ärztlich abklären lassen, wenn sich klinische Hinweise auf eine Herzbeteiligung zeigen. Dazu zählen z. B. neu aufgetretene Wasseransammlungen in den Beinen (=Ödeme), ein Druckgefühl in der Brust, ein unregelmäßiger Puls oder dass man auf einmal bereits bei geringen Belastungen und deutlich schneller als gewohnt außer Atem gerät. Zudem sollte man wissen, dass die Gefahr für eine Herzmuskelentzündung vor allem dann hoch ist, wenn man sich bei einer Virusinfektion, sei es eine Grippe oder ein Darminfekt, nicht so lange schont, bis man sich wieder ganz gesund fühlt.
Experte
Dr. med. Vinzenz Graf von Kageneck, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie.

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