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Gerd-Killian-Fonds 2021

Fallot’sche Tetralogie: Welche Rolle spielen krankhafte Zellvorgänge im embryonalen Herzen?

Preisträger Dr. Muhannad Alkassar, Klinik für Herzchirurgie, Universitätsklinikum Erlangen.
© UK Erlangen Preisträger Dr. Muhannad Alkassar, Klinik für Herzchirurgie, Universitätsklinikum Erlangen.

2021 wurde das Projekt von Dr. rer. nat. Muhannad Alkassar, Universitätsklinikum Erlangen, für den Gerd-Killian-Fonds ausgewählt, das die Rolle einer veränderten Kraftentwicklung einzelner Herzmuskelzellen aus der rechten Herzkammer bei Patienten mit Fallot-Tetralogie untersucht. Hierfür kommt ein neues von der Arbeitsgruppe entwickeltes Verfahren zur Messung der Kraft von Herzzellen auf zellularer Ebene sowie der damit verbundenen Erhöhung der Calcium Konzentration zum Einsatz.

Fallot’sche Tetralogie: Welche Rolle spielen krankhafte Zellvorgänge im embryonalen Herzen?

Die embryonale Entwicklung des Herzens unterliegt einem strengen zeitlich und räumlich aufeinander abgestimmten Ablauf und ist leicht durch Störfaktoren beeinflussbar. Fehlentwicklungen im anatomischen Aufbau und in der Funktionsfähigkeit von Herzstrukturen können die Folge sein. Ein gutes Beispiel dafür ist die sogenannte Fallot’sche Tetralogie. Von diesem Herzfehler weiß man, dass die zeitlich genau abgestimmte Wanderung und Vermehrung kardialer Vorläuferzellen in der embryonalen Entwicklungsphase gestört sind. Hierbei kommt es zu einer Einnistung von „falschen“ kardialen Vorläuferzellen in den Ausflussbereich der rechten Herzkammer, was zu einer Verdickung der Muskulatur in diesem Bereich nach sich zieht. Dies wiederum verhindert in der weiteren embryonalen Entwicklung den vollständigen Verschluss der Herzscheidewand, so dass nach der Geburt diese Kinder die Kombination eines Herzscheidewanddefektes (Loch zwischen beiden Herzkammern) sowie einer Engstelle im Bereich des Ausflussbereichs des rechten Herzens in die Lungengefäße aufweisen. Obwohl im ersten Lebensjahr die operative Korrektur in der Regel problemlos möglich ist, weisen diese Patienten oft auch noch im Erwachsenenalter eine verdickte Muskulatur im rechten Herzen auf, häufig mit der Folge von Herzrhythmusstörungen.

Lichtmikrospische Aufnahme eines Kardiomyozyten kurz nach seiner Isolation aus einem Patienten-Gewebeschnitt.
© Dr. M. Alkassar, Erlangen Lichtmikrospische Aufnahme eines Kardiomyozyten kurz nach seiner Isolation aus einem Patienten-Gewebeschnitt.

Forscher testen Medikament gegen gestörtes Zellverhalten

Insbesondere Herzmuskelzellen aus dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt weisen sowohl im Säuglingsalter als auch später im Erwachsenenalter eine deutliche Verdickung im Vergleich zu gesunden Zellen auf. Diese Veränderungen bedingen zudem eine Zunahme an krafterzeugenden Sarkomerstrukturen – kleinste funktionelle Einheiten innerhalb eines Muskels. Wissenschaftler konnten bei diesen Zellen eine Veränderung beim Ca++-Ionen-Transporter SERCA feststellen. Aus bereits vorliegender Literatur lässt sich somit die Hypothese aufstellen, dass die Zellen des rechtsventrikulären Ausflusstraktes bei der Fallot’schen Tetralogie eine höhere Kontraktionskraft und eine länger anhaltende Kontraktionsdauer aufweisen, sich also stärker und länger zusammenziehen können.

Ziel der experimentellen Studie der Erlanger Forscher um Dr. Alkassar ist die Überprüfung dieser Hypothese, indem sie den Patienten bei der Korrekturoperation der Fallot’schen Tetralogie einzelne Herzmuskelzellen entnehmen und auf ihre Kraftentwicklung sowie der damit korrelierenden Calcium-Freisetzung hin austesten. Darüber hinaus soll untersucht werden, wie die Herzmuskelzellen auf die Gabe von Medikamenten im Vergleich zu einer Probe gesunder rechtsventrikulärer Herzzellen reagieren.

Bestätigt sich die Hypothese einer verlängerten und verstärkten Kontraktion von Herzzellen aus dem rechten Herzen von Fallot-Patienten, lassen sich in Zukunft Medikamente zur gezielten Entspannung dieser Muskulatur entwickeln. Hierzu kann das von der Arbeitsgruppe etablierte Setting der Kraftmessung von Herzzellen genutzt werden. Darüber hinaus eröffnet dieses Verfahren die Möglichkeit zur routinemäßigen Charakterisierung der zellulären Herzkraft verschiedenster angeborener Herzfehler, was zum einen das Verständnis der zugrundeliegenden Ursachen verbessert und zum anderen eine individuelle Behandlungsmöglichkeit eröffnet.

Zur Durchführung dieser Studie wurden bereits umfängliche Vorarbeiten geleistet und die experimentelle Struktur für das beantragte Forschungsvorhaben etabliert.

Gerd Killian-Fonds: Forschung für Kinder mit angeborenem Herzfehler

Die Gerd Killian-Projektförderung wird jährlich von der Deutschen Herzstiftung gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK) vergeben. Doris Killian hat sich nach dem viel zu frühen Tod ihres Sohnes Gerd entschieden, ihr Vermögen der Herzstiftung zu vermachen. Sie verfügte in ihrem Testament, dass die Erträgnisse aus ihrem Vermächtnis der Forschung für Kinder mit angeborenem Herzfehler zugutekommen. Ihrem Willen entsprechend hat die Herzstiftung die Gerd Killian-Projektförderung errichtet, mit der jährlich ein patientennahes Forschungsvorhaben unterstützt wird.

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Kind auf Schaukel
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Mehr erfahren

  1. Gerd Killian-Projektförderung 2020 für Dr. Anja Hanser, Kinderkardiologin in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsklinikum Tübingen
  2. Durch die Forschungsförderung trägt die Kinderherzstiftung zu einer verbesserten medizinischen Versorgung und besseren Lebensqualität bei. 
  3. Um den medizinischen Fortschritt weiter voranzutreiben, engagiert sich die Deutsche Herzstiftung e.V. selbst intensiv in der Forschungsförderung.