Infolge unserer zunehmenden Lebenserwartung ist die Verkalkung der Aortenklappe (Stenose) im höheren Lebensalter die mit Abstand häufigste und lebensbedrohlichste Herzklappenerkrankung. Bislang gab es keine Möglichkeiten, das Fortschreiten dieser Klappenerkrankung mit Medikamenten aufzuhalten. Wissenschaftler haben nun untersucht, ob Wirkstoffe aus der Gruppe der Gliflozine (SGLT-2-Hemmer) hier wirksam könnten.
In einer rückblickenden Analyse wurden dazu die Untersuchungsbefunde von über 11.000 Patienten über im Mittel fünf Jahre ausgewertet. Zu Beginn der Studie wiesen zwei Drittel der Patienten im Herzultraschall eine Aortenklappensklerose auf, rund 23 Prozent hatten bereits eine leichte und etwa zehn Prozent eine mittelschwere Verkalkung.
Von den Patienten erhielten 458 einen SGLT2-Hemmstoff, der bereits zur Behandlung vom Typ 2-Diabetes und Herzinsuffizienz seit einiger Zeit genutzt wird. Diese Patienten hatten häufiger eine Auswurfleistung des Herzens (LVEF) von unter 40 %, einen höheren Body-Mass-Index und sie litten häufiger an Diabetes, chronischer Nierenerkrankung und koronarer Herzkrankheit – alles Faktoren, die das Entstehen einer Aortenstenose begünstigen. Die übrigen 11.240 Patienten, ebenfalls mit einer beginnenden Aortenklappenstenose, erhielten im Behandlungsverlauf keinen SGLT-2-Hemmer.
Ermutigendes Ergebnis
Die Wissenschaftler stellten bei der Auswertung der Daten fest, dass die mit SGLT2-Hemmstoffen behandelten Patienten deutlich seltener eine schwere Aortenklappenstenose entwickelt hatten als solche, die ohne diese Medikamente behandelt wurden. Rechnerisch war die Wahrscheinlichkeit einer schweren Aortenklappenstenose unter Gliflozin-Medikation um fast 40 Prozent reduziert. Das Risiko sank zudem mit zunehmender Einnahmedauer des Medikaments.
Mit aller Vorsicht schließen die Forscher aus ihren Befunden: Die Behandlung mit einem SGLT2-Hemmstoff kann möglicherweise das Fortschreiten einer Aortenklappenstenose verlangsamen. Eine Erklärung könnte die antifibrotische, antioxidative und potenziell entzündungshemmende Wirkung der SGLT2-Hemmer sein, die einen chronischen Myokardumbau, der auch die Aortenklappe betrifft, vorteilhaft beeinflusst. Diese Annahme müsse nun allerdings auch in größeren, sogenannten prospektiven Studien – also Studien, die von Beginn an eine Medikamenteneinnahme begleiten und mit einer Nichteinnahme vergleichen – bestätigt werden.
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- Effect of Sodium-Glucose Cotransporter-2 Inhibitors on the Progression of Aortic Stenosis; J Am Coll Cardiol Intv. 2025 Mar, 18 (6) 738–748; https://www.jacc.org/doi/10.1016/j.jcin.2024.11.036
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Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.
