Weltweit konsumieren schätzungsweise mehr als 192 Millionen Menschen Cannabis – sei es aus medizinischen Gründen oder zum Freizeitgebrauch. Dies ist zunehmend gesellschaftlich akzeptiert – auch durch die Legalisierung für den privaten Konsum in vielen Ländern, wie zum Beispiel in Deutschland.
Aus der Forschung ließ sich in der Vergangenheit wiederholt ein statistischer Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und akuten Ereignissen an den Herzkranzgefäßen ablesen, insbesondere bei jüngeren Konsumenten. Gründe dafür können Herzrhythmusstörungen sein oder sich verengende Gefäße. Meist wurde dies allerdings auf möglicherweise bereits vorhandene Herzschäden zurückgeführt. US-Wissenschaftler haben nun untersucht, welches Risiko konkret für herzgesunde junge Menschen besteht.
Viermal mehr Herzinfarkte bei Cannabiskonsumenten
Für die Auswertung wurden die Gesundheitsdaten von rund 4,6 Millionen US-Bürgern unter 50 Jahren genutzt, deren Cannabis-Gebrauch bekannt war. Knapp 100.000 Bürger waren Cannabis-Nutzer, der Rest konsumierte kein Cannabis. Alle Teilnehmer hatten zu Beginn der Studie keine bekannten Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Risiken wie Bluthochdruck, Diabetes oder hohe Cholesterinwerte. In den beiden Gruppen mit und ohne Cannabiskonsum wurde über die folgenden drei bis vier Jahre beobachtet, welche kardiovaskulären Erkrankungen neu auftraten.
Die absoluten Zahlen an Herzinfarkten und Schlaganfällen waren dem Alter der Studienteilnehmer entsprechend gering. So bekamen unter den Nichtnutzern von Cannabis lediglich 0,09 Prozent einen Herzinfarkt. In der Gruppe der Cannabis-Gebraucher waren es zwar auch nur 0,56 Prozent – doch das waren immerhin sechs Mal mehr.
Ähnlich war es beim Schlaganfall: Unter den Nichtnutzern bekamen ebenfalls nur 0,09 Prozent einen Schlaganfall. In der Gruppe der Cannabis-Gebraucher waren es mit 0,41 Prozent insgesamt 4,3-mal mehr Menschen.
Kein Freischein für Cannabiskonsum
Auch die Wahrscheinlichkeit für andere Herzereignisse wie Herzrhythmusstörungen, eine Stent-Implantationen in die Koronararterien oder für Bypass-Operationen war etwa drei Mal höher, wenn Cannabis konsumiert wurde, wie die Forscher ermittelten. Das Risiko für Herzschwäche war verdoppelt, das Sterberisiko um 50 Prozent erhöht – wohlgemerkt, bei gesundheitlich bislang unauffälligen Personen und bereits nach wenigen Jahren.
Ob es einen Unterschied macht, wie und in welcher Dosis Cannabis konsumiert wird, konnten die Forscher allerdings nicht sagen. Denn zur Häufigkeit und Menge des Konsums, ob es geraucht wurde oder in Form von Edibles (mit Hanf versetzte Lebensmittel) konsumiert worden ist und ob auch synthetisches Cannabis genutzt wurde, waren keine Angaben erhoben worden.
Transparenz: Daher beziehen wir unsere Infos
- Myocardial Infarction and Cardiovascular Risks Associated with Cannabis Use: A Multicenter Retrospective Study; JACC Adv.DOI: 10.1016/j.jacadv.2025.101698
Experte
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Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.
