Pressemeldung

Nicht nur lästiges Herzstolpern: Was man über Vorhofflimmern wissen muss

Portrait von Prof. Voigtländer

Tückische Volkskrankheit: Bleibt Vorhofflimmern unerkannt, drohen Schlaganfall und Herzkomplikationen. Herzstiftungs-Experten zeigen zum Weltherztag, worauf es bei der Risikovorsorge ankommt.

(Frankfurt a. M., 23. September 2021) Herzrhythmusstörungen sind für Betroffene meist mit Ängsten und hohem Leidensdruck verbunden. Das Tückische an Rhythmusstörungen: Je nach Ursache, Ursprung im Herzen und Schweregrad, können sie entweder harmlos oder akut lebensbedrohlich, sogar tödlich sein. Vorhofflimmern, die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung mit ca. 1,8 Millionen Betroffenen in Deutschland, kann gerade beim ersten Anfall auch Angst machen und Panik auslösen, wenn das Herzstolpern plötzlich einsetzt und es zu heftigen Schlägen bis in den Hals hinauf, Druckgefühl im Brustkorb und Luftnot kommt. Das Herz schlägt dann meistens völlig unregelmäßig und schnell mit einem Puls von bis zu 160 Schlägen pro Minute. „Vorhofflimmern ist eine ernst zu nehmende Herzrhythmusstörung, die manchmal aber auch ohne größere Symptome auftritt. Unbemerkt und unbehandelt kann Vorhofflimmern zur lebensbedrohlichen Gefahr bis hin zu Herzschwäche und Schlaganfall werden“, warnt Herzspezialist Prof. Dr. med. Thomas Voigtländer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Deutschen Herzstiftung, anlässlich des Weltherztags. Über Ursachen, Diagnose und Therapie von Herzrhythmusstörungen informiert deshalb die Herzstiftung mit nützlichen Ratgeber-Infos und dem neuen Herzstiftungs-Podcast „imPULS. Wissen für Ihre Gesundheit“ unter www.herzstiftung.de/weltherztag „Mit Hilfe der Pulsmessung beim Arztbesuch, in der Apotheke oder einfach zu Hause, lässt sich ganz leicht ein unregelmäßiger Herzschlag feststellen und lassen sich somit ein Schlaganfall und andere Herz-Komplikationen aufgrund von unentdecktem Vorhofflimmern verhindern. Genau dafür sensibilisieren wir“, betont Voigtländer. Infos zur Pulsmessung unter www.herzstiftung.de/puls-messen

Risiko für Vorhofflimmern steigt mit Alter und Begleiterkrankungen

In Deutschland ist Vorhofflimmern für 20 bis 30 % der ischämischen Schlaganfälle und Fälle von Herzschwäche (Herzinsuffizienz) verantwortlich. Vorhofflimmern kommt bei Personen über 60 Jahre und bei Patientinnen und Patienten mit Bluthochdruck gehäuft vor. Bluthochdruck liegt bei zirka 60 % aller Patienten mit Vorhofflimmern vor. „Besonders diese Personen sollten regelmäßig ihren Blutdruck und Puls messen, um dadurch unbemerktes Vorhofflimmern zu vermeiden“, rät Voigtländer, der als Kardiologe und Intensivmediziner am Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) in Frankfurt a. M. tätig ist. Das Risiko für einen Schlaganfall durch Vorhofflimmern steigt mit dem Lebensalter und mit zusätzlichen Erkrankungen. Neben Bluthochdruck fallen darunter insbesondere die koronare Herzkrankheit (KHK), Herzschwäche, Diabetes, Schilddrüsenerkrankungen, COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) und Fettleibigkeit/Übergewicht. Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt besonders Herzkranken und Senioren ab 60, bei Routinekontrollen beim Arzt ihren Herzschlag mittels Pulsmessung prüfen zu lassen. Eine Hilfe können auch „Wearables“ oder „Smartwatches“ mit Pulsmess- und EKG-Funktion oder Apps fürs Smartphone mit diesen Funktionen sein. „Die EKG-Dokumentation durch die Wearables sollte allerdings unbedingt durch den Arzt beurteilt werden, um die richtige Diagnose zu stellen“, gibt der Herzstiftungs-Vorstand zu bedenken. Infos unter: www.herzstiftung.de/smartwatches-herzpatienten

Bei diesen Beschwerden zum Arzt

Vorhofflimmern wird durch elektrische Fehlreize im Reizleistungssystem des Herzens ausgelöst, deren Ursprung meist in den Lungenvenen liegt. Diese münden in den linken Vorhof. Wegen des unregelmäßigen Herzschlags ziehen sich Herzkammern und Herzvorhöfe nicht mehr koordiniert zusammen: die Vorhöfe zucken rasch und unkoordiniert, wodurch sich Blutgerinnsel in einer Ausbuchtung des Vorhofs bilden können. Werden diese ausgeschwemmt und gelangen über Arterien mit dem Blutstrom in den Kopf, verstopfen sie möglicherweise ein Hirngefäß („arterielle Embolie“): ein Schlaganfall ist die Folge. Auf welche Symptome sollte man achten? Dauert das Vorhofflimmern mehrere Stunden oder Tage, spüren Betroffene häufig eine allgemeine Leistungsschwäche. Für manche Patientinnen und Patienten sind die Beschwerden sehr beunruhigend. Herzstolpern und Herzrasen sind oft verbunden mit

  • innerer Unruhe und Angst
  • einer Neigung zu schwitzen
  • Atemnot
  • Leistungsschwäche
  • Schwindelattacken
  • Brustschmerzen
  • kurzzeitige Bewusstlosigkeit

Bei Herzpatienten, deren angeschlagenes Herz die Rhythmusstörung schlechter verträgt, sind Atemnot, Brustschmerzen und Schwindel besonders häufig. „Bei diesen Symptomen sollte man sofort den Arzt aufsuchen!“, warnt der Rhythmologe Prof. Dr. med. Andreas Götte vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung, Leiter der Kardiologie am St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn. „Der Arzt kann mit einem EKG, Langzeit-EKG oder Ereignis-Rekorder klären, ob das Herzstolpern nur eine harmlose Unregelmäßigkeit des Herzschlags ist oder ob Vorhofflimmern vorliegt.“ Infos: www.herzstiftung.de/vorhofflimmern-symptome

Portrait von Prof. Andreas Götte
© St. Vincenz-Krankenhaus GmbH in Paderborn Prof. Dr. med. Andreas Götte vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung, Leiter der Kardiologie am St. Vincenz-Krankenhaus in Paderborn

Wie bestimmt man sein Schlaganfallrisiko?

Um Vorhofflimmer-Patienten vor einem Schlaganfall zu schützen, müssen konsequent gerinnungshemmende Medikamente („Blutverdünner“) gegeben werden: entweder klassische Medikamente wie die sogenannten Vitamin-K-Antagonisten aus der Wirkstoffgruppe der Cumarine (z. B. Marcumar oder Falithrom) oder neuere Direkte Orale Antikoagulantien (DOAKs). Welches Medikament – alter oder neuer Wirkstoff – für Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern das bessere Wahl ist, wird im Einzelfall entschieden. Diese vorbeugende Therapie wird nicht per se bei Vorhofflimmern verordnet, sondern auf Grundlage des individuellen Schlaganfallrisikos der betroffenen Person mit Hilfe des sogenannten CHA2DS2-VASc-Score bestimmt. Risikorelevante Punkte sind z. B. Herzschwäche, Bluthochdruck, Diabetes, fortgeschrittenes Alter, frühere Thromboembolien. „Je mehr Punkte sich aufgrund des Scores ergeben, umso höher ist das Schlaganfallrisiko und desto dringlicher ist die Einnahme gerinnungshemmender Medikamente“, erklärt Götte. „Umgekehrt gilt aber: Keine Gerinnungshemmer bei niedrigem Risiko, dafür engmaschige Nachkontrolle nach vier bis sechs Wochen.“

Ursachen behandeln: Was steckt hinter dem Vorhofflimmern?

Ist die Diagnose Vorhofflimmern gesichert, besprechen Kardiologe und Patient die Therapiemöglichkeiten. Dabei rückt neben der Schlaganfall-Vorbeugung durch Gerinnungshemmer und den Verfahren zur Behandlung der Rhythmusstörung (frequenzregulierende oder rhythmuserhaltende Therapie mit Medikamenten, interventionelle/operative Verfahren) die Therapie der Grunderkrankungen und Risikofaktoren in den Fokus. „Oft ist es sinnvoll, Vorhofflimmern bei seltenen Anfällen, die nur ein- bis dreimal im Monat auftreten und nur wenige Sekunden dauern, zunächst nicht zu behandeln, sondern nur die Grunderkrankung, die die Rhythmusstörung verursacht“, erklärt Götte. Aufgabe des Kardiologen ist es, mit Untersuchungen (Blutdruckmessung, Laborwerte, EKG, bildgebende Verfahren wie Herzecho, Kardio-MRT) Ursachen wie Bluthochdruck, KHK, Herzschwäche oder COPD etc. aufzudecken und konsequent mit Medikamenten zu behandeln. Ebenso wichtig ist es, auf einen gesunden Lebensstil zu achten: mit Ausdauertraining je 20-30 Minuten drei- bis fünfmal die Woche, Abnehmen bei Übergewicht, gesunder Ernährung und Rauchverzicht. Starkes Rauchen, chronischer Alkoholmissbrauch und eine erbliche Neigung gehen mit Vorhofflimmern einher. Gerade bei Herzkranken, aber auch bei Gesunden, gibt es Reize („Trigger“), die Vorhofflimmern auslösen können: Alkohol (selbst mäßiger Konsum von ca. 120 Millilitern Wein oder 330 Millilitern Bier pro Tag kann gefährliches Vorhofflimmern auslösen), Schlafentzug, extremer Stress, Rauchen sowie starker Koffeinkonsum. Auch Störungen des Salzhaushalts (Elektrolyte) mit einem Mangel an Kalium und Magnesium können Vorhofflimmern begünstigen.

Bewährte Therapieverfahren bei Vorhofflimmern

Heute stehen für die Behandlung von Vorhofflimmern viele spezielle Therapien zur Verfügung: Medikamente, nicht-medikamentöse Verfahren, bei denen die Katheterablation im Vordergrund steht, und operative Verfahren. Wenn etwa bei Patienten trotz der Behandlung mit Rhythmusmedikamenten erhebliche Beschwerden wie Atemnot, Herzrasen, Leistungsschwäche fortbestehen, ist eine Katheterablation von Vorhofflimmern zur Wiederherstellung des Sinusrhythmus sinnvoll. „Langfristig hat sich vor allem die Katheterablation bewährt: Dabei werden durch einen Eingriff per Katheter mittels Kälte, Hitze oder kleiner Stromstöße die Leitungspfade unterbrochen, die das Durcheinander der elektrischen Signale verursachen“, erläutert Götte. Wie wichtig eine frühzeitige Behandlung des Vorhofflimmerns ist, besonders dann, wenn neben Vorhofflimmern noch weitere Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestehen, belegt die internationale EAST-AFNET 4-Studie an 2.789 Patienten. Es zeigte sich, dass unter einer rhythmuserhaltenden Therapie – entweder durch Katheterablation oder durch Antiarrhythmika – deutlich weniger Komplikationen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt auftraten als bei einer klassischen frequenzerhaltenden Therapie. Die Studie wurde auch durch die Herzstiftung finanziell unterstützt.

Weitere Informationen und kostenfreie Ratgeber unter:

Bild der Vorhofflimmern-Broschüre

Tipp: Experten-Ratgeber

Der Ratgeber „Herz außer Takt: Vorhofflimmern“ der Deutschen Herzstiftung informiert über Ursachen, Diagnose und Behandlung von Vorhofflimmern. Der Band (136 S.) kann kostenfrei per Tel. 069 955128-400 oder unter www.herzstiftung.de/bestellung angefordert werden. Infos zu Vorhofflimmern bietet die Homepage der Herzstiftung www.herzstiftung.de/vorhofflimmern.

Titelbild der HERZ heute
© Adobestock/Damian; picturealliance/ imageBROKER

HERZ heute mit Themenschwerpunkt „Herzrhythmusstörungen“

Die Zeitschrift der Deutschen Herzstiftung HERZ heute widmet sich in ihrer Ausgabe 2/2021 mit dem Titel „Zurück in den Takt – Elektrostimulation des Herzens“ den Rhythmusstörungen. Ein kostenfreies Probeexemplar ist unter Tel. 069 955128-400 oder unter www.herzstiftung.de/bestellung erhältlich.

Druckfähiges Bildmaterial erhalten Sie unter presse@herzstiftung.de oder unter Tel. 069 955128-114.

Kontakt

Pressestelle: Michael Wichert und Pierre König

Weltherztag

Frau fasst sich ans Herz
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Information
Am 29. September findet alljährlich der Weltherztag statt. Dieses Jahr wollen wir auf die Warnzeichen für schwere Herzereignisse aufmerksam