Viele trauen es sich in der Sprechstunde nicht zu fragen: Was passiert am Lebensende mit dem Herzschrittmacher? Schlägt das Herz dann einfach weiter und wird man dadurch eventuell an einem friedlichen Einschlafen gehindert? Hier die Experten-Antwort aus der Herzstiftungs-Sprechstunde.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Vor drei Jahren wurde mir ein Herzschrittmacher eingesetzt, mit dem es mir sehr gut geht. Kürzlich konnte ich meinen 82. Geburtstag feiern. Nur eine Frage beschäftigt mich seit geraumer Zeit immer mehr, die ich meinem Arzt bislang nicht zu stellen wagte: Was geschieht mit dem Herzschrittmacher, wenn man stirbt? Wird er mich, wenn es denn einmal soweit ist, in Frieden einschlafen lassen? (Manfred E., Dresden)
Experten-Antwort:
Die Frage, wie ein Herzschrittmacher reagiert, wenn der Träger verstirbt, bewegt viele Patienten. Leider wird diese Frage im Aufklärungsgespräch vor einer Schrittmacher-Implantation nicht immer ausreichend thematisiert. Und nicht selten bestehen auch Hemmungen, diese Frage dem Arzt später zu stellen, etwa bei einer der regelmäßigen Schrittmacher-Kontrollen.
Grundsätzlich muss man einen Herzschrittmacher als „Stimulator“ des Herzens verstehen: Über Sonden wird dem Herzen ein elektrischer Impuls übermittelt, den die Herzmuskeln mit einem „Herzschlag“ beantworten. Das Prinzip ist dabei fast identisch wie bei einem gesunden Herzen, bei dem die Elektroimpulse vom „Sinusknoten“ ausgehen, dem natürlichen Taktgeber des Herzens, der im Bereich des rechten Vorhofs im Sinus venarum cavarum liegt.
Wenn bei einem Menschen mit einem Schrittmacher das Herz nicht mehr schlagen kann – beispielsweise weil sehr viele Muskelzellen nach einem schweren Herzinfarkt unwiederbringlich zugrunde gegangen sind oder weil das Endstadium einer Herzschwäche vorliegt – wird der Elektroimpuls vom Herzmuskel nicht mehr beantwortet und der Patient verstirbt – wie ein Mensch ohne Schrittmacher.
Zusatz-Information
Die unterschiedlichen Typen moderner Schrittmacher unterscheiden sich vor allem in der Zahl ihrer Sonden: Es sind bis zu drei unterschiedliche Konfigurationen verfügbar, um eine möglichst natürliche und „synchrone“ Aktivierung der Herzkammern sicherzustellen. Alle Geräte können dabei so programmiert werden, dass sie nicht unnötig stimulieren und nur dann einen Impuls abgeben, wenn die Herzfrequenz zu niedrig wird. Mit anderen Worten: Solange die natürliche Herzfrequenz über der eingestellten Frequenz des Schrittmachers liegt, bleibt der Schrittmacher passiv: Er stellt nur sicher, dass eine minimale Taktrate des Herzens nicht unterschritten wird. Zwar kann keines der verfügbaren Geräte selbstständig erkennen, dass ein Patient verstorben ist, allerdings ist ein Weiterschlagen des Herzens aus dem oben genannten Grund nicht zu befürchten.
Hinweis: Eine Deaktivierung des Schrittmachers ist nur unter sehr seltenen Umständen tatsächlich sinnvoll, z. B. bei einer längeren Palliativtherapie im Rahmen einer Tumorerkrankung, also wenn keine Heilungschancen bestehen und die Belastung durch den Tumor sehr hoch ist. Die Deaktivierung kann dabei einer aktiven Verkürzung der Lebenszeit gleichkommen, was auf Wunsch rechtlich möglich ist. Allerdings muss dies individuell und sehr sorgfältig mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
Das passiert mit dem Schrittmacher nach dem Ableben
Eventuell ist noch folgender Hinweis wichtig: Jeder Schrittmacher oder implantierbare Defibrillator enthält zwar Metall und Batteriebestandteile. Doch die häufig geäußerte Sorge gilt als überholt, dass diese bei einer Bestattung nicht ins Erdreich gelangen dürfen und daher nach dem Ableben des Patienten der Schrittmacher mittels eines kleinen Eingriffs operativ entfernt werden muss. Meist erfragt der Bestatter allerdings, ob der Verstorbene ein implantiertes elektrisches Gerät trug.
Da es dazu allerdings keine bundeseinheitlichen RichtIinien seitens des Bundesverbandes Deutscher Bestatter gibt und die Friedhofssatzungen von Ort zu Ort verschieden sind, sind vereinzelt anderslautende Vorgaben dennoch nicht auszuschließen.
Auch eine Einäscherung ist in der Regel heute problemlos mit in der Brust verbliebenem Schrittmacher möglich, da die meisten Krematorien nicht mehr aus Schamott-Steinen gebaut sind und moderne Verbrennungstechniken verwenden.
Experte
Privatdozent Dr. med. Gerian Grönefeld, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Chefarzt der kardiologischen Abteilung der Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg. Zu den Schwerpunkten des Herzspezialisten zählen u. a. Herzrhythmusstörungen, spezielle Fragen der Blutverdünnung, Behandlung der koronaren Herzkrankheit sowie die Schrittmacher- und Defibrillatortherapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz.