Vorhofflimmern lässt sich heute in vielen Fällen mit einer Katheter-Ablation erfolgreich beseitigen. Oft müssen dann nach einer Übergangszeit von drei Monaten keine Rhythmus-Medikamente mehr eingenommen werden und die Leistungsfähigkeit steigt spürbar. Wichtig ist es allerdings, dass man für den Eingriff eine geeignete Klinik auswählt und sich vergewissert, ob die behandelnden Ärzte die geforderte Mindestzahl an Ablationen pro Jahr durchführen, wie die folgende Antwort aus der Herzstiftungs-Sprechstunde genau erläutert.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Vor zwölf Jahren erhielt ich fünf Bypässe. Vor zwei Jahren wurde bei mir die Diagnose „persistierendes Vorhofflimmern“ gestellt, bereits zweimal musste eine elektrische Kardioversion erfolgen. Dennoch ist bei mir immer wieder Pulsrasen aufgetreten. Ich nehme regelmäßig den Betablocker Sotalol ein. Falls es unter der Sotalol-Therapie erneut zu Vorhofflimmern kommen sollte, sagten mir meine Ärzte, sei eine sogenannte Pulmonalvenenisolation notwendig. Soweit ich es verstanden habe, werden dabei bestimmte Regionen im Herz elektrisch verödet und dann hören die Rhythmusstörungen auf. Der Blutdruck liegt aktuell bei circa 130/65 mmHg, der Puls bei 102 Schlägen pro Minute. Gerne würde ich wissen, ob eine Pulmonalvenenisolation bei einem Puls von 102 ratsam ist. An welches Krankenhaus könnte ich mich wenden? Gibt es neben dem Medikament Sotalol noch andere Möglichkeiten, den Puls zu senken. Ich bin 85 Jahre alt und ansonsten gesund. (Hermann F., Berlin)
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Experten-Antwort:
Ein Ruhepuls, der dauerhaft über 100 Schlägen/Minute liegt, ist aus medizinischer Sicht meist nicht als akzeptabel anzusehen.
Ob allerdings eine Pulmonalvenenisolation zu empfehlen ist, die oft auch einfach als Katheter-Ablation bezeichnet wird, hängt nicht nur von den Pulswerten ab. Wichtig ist z. B. die Frage, ob das Vorhofflimmern zu ausgeprägten Beschwerden führt, wie etwa einer deutlich verringerten Leistungsfähigkeit oder stärkeren Luftnot, inkl. der wichtigen Frage, ob das Vorhofflimmern dafür auch tatsächlich der Hauptgrund ist.
Hinweis: Bei der Behandlung von Vorhofflimmern gibt es zwei grundsätzlich zu unterscheidende Therapie-Ansätze, die man als Patient erklärt bekommen sollte:
- Beseitigung des Vorhofflimmerns und Wiederherstellung des normalen Herzrhythmus, was von Ärzten als »Rhythmus-Kontrolle« bezeichnet wird.
- Ledigliche Senkung der hohen Herzfrequenzen und Belassen des Vorhofflimmerns, wofür sich der Begriff »Frequenz-Kontrolle« etabliert hat.
1. Rhythmus-Kontrolle:
Bei diesem Ansatz wird der sogenannte »Sinus-Rhythmus« wiederhergestellt, was die Bezeichnung für den normalen Herzrhythmus ist. Wichtig ist, dass der Sinus-Rhythmus anschließend auch tatsächlich dauerhaft bestehen bleibt und das Herz nicht wieder ins Vorhofflimmern zurückspringt, wofür z. B. eine regelmäßige Medikamenten-Einnahme sinnvoll sein kann.
Hintergrund-Info I: Der Name »Sinus-Rhythmus« hat nichts mit der mathematischen Beschreibung einer Sinus-Kurve zu tun, sondern geht auf den Sinus-Knoten zurück, der im Bereich des rechten Vorhofs im sogenannten Sinus venarum cavarum liegt und der Taktgeber des Herzens ist.
Hintergrund-Info II: Wenn die Erregung des Herzmuskels vom Sinus-Knoten gesteuert wird, wie dies bei Gesunden der Fall ist, ziehen sich alle Teile des Herzmuskels geordnet in der richtigen Reihenfolge zusammen und es kommt zu einem guten Pumpstoß. Dagegen geht bei Vorhofflimmern die Erregung des Herzmuskels von krankhaft veränderten Zellen außerhalb des Sinus-Knoten aus, was den Nachteil hat, dass sich die Vorhofwände nicht mehr gleichzeitig zusammenziehen, sondern völlig wirr flimmern. Die flimmernden Vorhöfe tragen dabei nicht mehr richtig zum Pumpvorgang bei, was die verringerte Leistungsfähigkeit erklärt, die Betroffene oft spüren.
Um den Sinus-Rhythmus wiederherzustellen bzw. dauerhaft zu erhalten, kommen verschiedene Verfahren in Frage, u. a. die oben in der Sprechstunden-Frage genannte Pulmonalvenenisolation. Dabei werden mit einem Herzkatheter fehlerhafte Erregungszentren, die typischerweise in den angrenzenden Pulmonalvenen anzutreffen sind und oft die Ursache für Vorhofflimmern darstellen, von den Vorhöfen elektrisch isoliert. Der Sinus-Knoten kann dann wieder ungestört als Taktgeber arbeiten und für einen normalen Herzschlag sorgen.
Eine weitere Möglichkeit sind Medikamente, mit denen sich fehlerhafte Erregungszentren oft „beruhigen“ lassen, sodass der normale Herzrhythmus nicht wieder verloren geht und nicht erneut Vorhofflimmern auftritt. Zudem ist eine elektrische Kardioversion möglich, bei der in Kurznarkose ein Stromstoß von außen über die Brustwand verabreicht wird, um für einen Reset der Herzströme zu sorgen und ein Vorhofflimmern zu beenden. Welche der Möglichkeiten die beste ist, hängt vom Einzelfall ab, z. B. von der Häufigkeit des Vorhofflimmerns oder wie viele Jahre das Vorhofflimmern bereits besteht, da beispielsweise mit zunehmender Dauer die Erfolgsrate einer Ablation sinken kann.
2. Frequenz-Kontrolle:
In vielen Fällen ist es sinnvoll, das Vorhofflimmern zu belassen und lediglich für einen langsameren Puls zu sorgen, was bei Vorhofflimmern unter dem Therapie-Ansatz der Frequenz-Kontrolle zusammengefasst wird. Der Vorteil dieser reinen Frequenz-Kontrolle gegenüber der Wiederherstellung des Sinus-Rhythmus sind die oft geringeren Nebenwirkungen der Medikamente, die dafür erforderlich sind. Der Nachteil ist, dass sich die Pumpfunktion des Herzens aber oft nicht so gut verbessert wie bei der Wiederherstellung des Sinus-Rhythmus. Die Frequenz-Kontrolle ist daher vor allem sinnvoll, wenn unter Vorhofflimmern keine starken Beschwerden auftreten, wie etwa ausgeprägte Luftnot oder eine deutlich eingeschränkte körperliche Belastbarkeit.
Wichtig: Auf keinen Fall darf bei Vorhofflimmern das Thema Gerinnungshemmung vergessen werden. Denn unter Vorhofflimmern kommt es in den Vorhöfen typischerweise zu massiven Änderungen der Strömungsverhältnisse, woraufhin Blutgerinnsel auftreten können, die das Risiko für einen Schlaganfall erhöhen. Je nach Art des Vorhofflimmerns ist daher unbedingt die Einnahme von gerinnungshemmenden Medikamenten zu empfehlen, was in der Sprechstunde nicht vergessen werden darf.
Meine Empfehlung: Falls Sie sich mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt für eine Katheter-Ablation entscheiden, um den Sinus-Rhythmus wiederherzustellen, dann lassen Sie den Eingriff in einem Krankenhaus vornehmen, das pro Jahr mindestens 75 Prozeduren dieser Art durchführt. Diese Untergrenze wird von der »Deutschen Gesellschaft für Kardiologie« empfohlen und nach dieser Zahl können Sie in jeder Klinik auch problemlos fragen. Damit Sie die Antworten besser einschätzen können: Größere Zentren führen jährlich 300 bis über 1.000 Pulmonalvenenisolationen durch. Dementsprechend groß ist dann auch die Erfahrung der Ärzte mit diesem Verfahren und im Umgang mit eventuellen Komplikationen, was bei medizinischen Eingriffen ein wichtiger Punkt ist.
Falls die Entscheidung dagegen auf eine ausschließliche Frequenz-Kontrolle fallen sollte, könnte der von Ihnen eingenommene antiarrhythmische Wirkstoff Sotalol, der manchmal mit vermehrten Nebenwirkungen verbunden ist, beispielsweise auf einen anderen Betablocker umgestellt werden, wie etwa Metoprolol oder Bisoprolol oder auf den früher häufig verordneten Kalziumantagonisten Verapamil. Diese Präparate gehen in vielen Fällen mit einem besseren Nebenwirkungsprofil einher. Wichtig ist, dass Sie die von mir genannten Punkte mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt durchsprechen, da es sich immer um eine individuelle Entscheidung handelt, bei der die Vor- und Nachteile der verschiedenen Therapie-Ansätze sorgfältig abgewogen werden sollten.
Experte
Privatdozent Dr. med. Gerian Grönefeld, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Chefarzt der kardiologischen Abteilung der Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg. Zu den Schwerpunkten des Herzspezialisten zählen u. a. Herzrhythmusstörungen, spezielle Fragen der Blutverdünnung, Behandlung der koronaren Herzkrankheit sowie die Schrittmacher- und Defibrillatortherapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz.