Die Sprechstundenfrage im Wortlaut
Ich (73) habe aufgrund meiner starken Herzschwäche (nach einer Myokarditis) und Rhythmusstörungen einen Defibrillator implantiert bekommen. Der Defi hat mich bislang nur minimal gestört und auch gottseidank nur einmal in gut sieben Jahren ausgelöst. Nun bin ich allerdings nach einem Gespräch mit einem Bekannten verunsichert. Er fragte meinte, ob man mit einem Defibrillator in der Brust eigentlich normal eingeäschert werden könne. Das sei doch ein elektrisches Gerät, das im Krematorium explodiere. Das hat mich jetzt stark verunsichert. Ist das wirklich so? Was muss man dann tun? Das ist zwar hoffentlich eine Frage für die entferntere Zukunft. Es würde mich aber beruhigen, wenn ich schon heute mehr dazu wissen könnte. (Karl M. , Hamburg)
Experten-Antwort
Zur Frage der Bestattung: Es gibt in Deutschland keine gesetzliche Norm zur Entfernung von ICD oder Schrittmachern vor einer Erd- (See-) oder Feuerbestattung. In der Literatur und aus der Praxis existieren einzelne alte Fallbeschreibungen von kleinen Explosionen bei der Feuerbestattung, die alle lange her sind. Auch das Entfernen von „radioaktiven“ Implantaten ist historisch, da diese Aggregate seit Jahrzehnten nicht mehr implantiert werden.
In den Hamburger Krematorien werden zum Beispiel Implantate nur noch an zwei von neun Standorten entnommen und an den sieben anderen ist (auch) noch nie etwas passiert. Alle Verstorbenen werden in Hamburg vor einer Feuerbestattung noch einmal durch eine gerichtsmedizinische Leichenschau untersucht. Wenn auf besonderen Wunsch ein Implantat entfernt werden soll, geschieht das direkt während der Krematoriums-Leichenschauen gegen eine geringe Gebühr fachkundig durch den Gerichtsmediziner.
Teilweise wird auch im übrigen Bundesgebiet (oder in Österreich und der Schweiz) von Seiten der Krematorien noch eine Implantat-Entfernung gewünscht, dies ist aber weder gesetzlich noch medizinisch noch zum Schutz vor Explosionen zwingend erforderlich. Da häufig zudem nach einer möglichen Umwelt-Belastung durch die Implantate gefragt wird, hierzu ebenfalls der Hinweis: Es gibt bislang keine systematischen Untersuchungen, entsprechend bislang auch keine Verordnung, die eine Erd- oder anderweitige Bestattung mit Defibrillator oder Schrittmacher verhindert.
Und weil auch das häufig für Verunsicherung sorgt: Entgegen der landläufigen Meinung ist es möglich, mit einem implantierten Defibrillator „natürlich“ zu sterben. Denn wenn am Ende des Lebens der Herzmuskel zu pumpen aufhört, kann dies auch ein Defibrillator nicht verhindern. Wer gänzlich ausschließen möchte, dass es während der unmittelbaren Sterbephase eventuell doch noch zu einer Schockabgabe kommt, kann die Schockfunktion des Geräts deaktivieren lassen. Das sollte im Vorfeld ausführlich mit dem behandelnden Arzt besprochen und schriftlich dokumentiert werden.
Experte
Privatdozent Dr. med. Gerian Grönefeld, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Chefarzt der kardiologischen Abteilung der Asklepios Klinik Barmbek, Hamburg. Zu den Schwerpunkten des Herzspezialisten zählen u. a. Herzrhythmusstörungen, spezielle Fragen der Blutverdünnung, Behandlung der koronaren Herzkrankheit sowie die Schrittmacher- und Defibrillatortherapie bei Patienten mit Herzinsuffizienz.
Unser Informationsmaterial
-
Leben mit Rhythmusstörung (2021)
PDF: 1,54 MB