Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Ich habe eine Fallot’sche Tetralogie, die 1994 – ich war damals schon 56 Jahre alt – operativ korrigiert wurde. Nach der OP ging es mir sehr gut. Ende 2004 bekam ich ventrikuläre Tachykardien (von den Herzkammern ausgehendes Herzrasen). 2005 erhielt ich deswegen einen implantierbaren Cardioverter-Defibrillator (ICD). Wegen Vorhoftachykardien sollte 2009 eine Kardioversion erfolgen, die aber wegen zu hoher Risiken angesichts meiner Vorgeschichte unterblieb. Ich nehme diverse Medikamente, darunter auch einen Betablocker, Amiodaron, L-Thyroxin und Medikamente gegen Herzmuskelschwäche. Die Ärztin, die mich am Uni-Klinikum betreut, rät nun zu einer Ablation, um von Amiodaron wegzukommen.
Ich bin alle 6 Monate in augenärztlicher Kontrolle – bisher ohne Befund. Auch meine Blutwerte werden regelmäßig bestimmt und sind in Ordnung. Nach dem, was ich selbst herausgefunden habe, besteht bei meiner Vorgeschichte ein erhöhtes Risiko bei einer Ablation, und die Erfolgsquote ist angeblich gering. Wie schätzen Sie in meinem Fall die Risiken und Erfolgsaussichten einer Ablation ein? (Erich P., Würzburg)
Expertenantwort:
Ihre Anfrage ist nicht leicht zu beantworten, weil es nur wenige Erfahrungen in Fällen wie Ihrem gibt. Die meisten Patienten mit Fallot’scher Tetralogie werden schon im Kindesalter und nicht erst mit 56 Jahren operiert. Das liegt bei Ihnen aber auch schon fast 20 Jahre zurück, sodass man auch bei Ihnen von einem Langzeitverlauf sprechen kann. Bei Ihnen besteht also folgende Situation:
- Herzrhythmusstörungen im Langzeitverlauf nach Operation einer Fallot’schen Tetralogie sind keine Seltenheit.
- Auch das gemeinsame Vorkommen der häufigeren Kammertachykardien und der Vorhoftachykardien, meist in Form von Vorhofflattern, ist nicht so selten.
- Seit 8 Jahren ist es bei Ihnen unter der Einnahme von Amiodaron und unter dem Schutz eines ICDs nicht zu einer bedrohlichen Komplikation gekommen.
- Offensichtlich besteht aber eine permanente Vorhoftachykardie, die mit inzwischen aufgetretenen Zeichen einer Herzschwäche in Verbindung gebracht wird.
- Mit der Katheterablation, die man Ihnen nun vorgeschlagen hat, soll versucht werden, durch die Synchronisation von Vorhof- und Kammeraktion die Auswurfleistung des Herzens zu verbessern und von der nicht unproblematischen Dauerbehandlung mit Amiodaron wegzukommen.
Hierzu kann ich aus meiner Erfahrung Folgendes sagen:
- Die geplante Katheterablation ist in Ihrem Fall nicht einfach und sicher mit einem höheren Risiko behaftet als bei einem Routinefall mit Vorhoftachykardie.
- Die wenigen Beobachtungen, die für einen mit Ihnen vergleichbaren Fall vorliegen, zeigen, dass nach einer erfolgreichen Ablation die zuvor durch die Herzrhythmusstörung verursachten Beschwerden zumindest vorübergehend deutlich gelindert werden können und sich die allgemeine Lebensqualität bessert.
- In etwa der Hälfte der Fälle muss aber damit gerechnet werden, dass die Vorhoftachykardie innerhalb von 2 Jahren wieder auftritt.
- Auf Ihre Neigung zu Kammertachykardien hat die Ablation keinen Einfluss. Daher muss auch nach einer erfolgreichen Ablation die medikamentöse Behandlung dieser Rhythmusstörung fortgeführt werden. Auf jeden Fall empfehle ich Ihnen vorab ein persönliches Gespräch mit dem verantwortlichen Arzt der für die Durchführung einer Ablation vorgesehenen speziellen Herzklinik.
Dabei könnte auch die Möglichkeit besprochen werden, z. B. die Stimulationsfrequenz Ihres jetzigen Schrittmachers etwas höher einzustellen, was sicher auch eine gewisse Entlastung für Ihre rechte Herzkammer mit sich bringen würde. Auch über einen evtl. Austausch des Defibrillator-Schrittmacher-Aggregats sollte nachgedacht werden.
Experte
Prof. Dr. med. Herbert E. Ulmer, stv. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V. Der Mediziner baute das Zentrum für herzkranke Kinder in Heidelberg mit auf und war 18 Jahre lang als dessen Ärztlicher Direktor tätig. Mittlerweile ist er im Ruhestand.