Wie wirkt sich Fußball-Stress auf das Herz aus?
Vergebener Elfer, brutale Fouls und rote Karten: Fußballspiele sind nicht nur für die Spieler auf dem Feld eine Herausforderung. Auch beim Zuschauen vor dem Fernseher kann es zu deutlichen Stressreaktionen kommen. Ärger, Bangen, Hoffnung, Enttäuschung, Freude – verschiedenste Emotionen liegen bei aufregenden Spielszenen meist dicht beieinander. Solche starken Gefühle lassen jedoch den Blutdruck und den Puls deutlich ansteigen. Für Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen kann dies problematisch werden.
Welche Herzpatienten sind beim Fußballschauen gefährdet?
Vor allem Zuschauer mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK) sollten beim Anfeuern ihrer Lieblingsfußballer besonders wachsam sein. Für diese Patientengruppe ist es wichtig, den Anstieg des Blutdrucks und der Stresshormone, wie er durch starke Emotionen hervorgerufen wird, möglichst gering zu halten. Denn diese können kleine Einrisse in den vorgeschädigten Gefäßwänden verursachen. Dort bilden sich wiederum Blutgerinnsel, die zur Verstopfung der Herzkranzgefäße führen. Der Herzmuskel wird dann nicht mehr ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt – es entsteht ein Herzinfarkt. Ebenso kann die mangelnde Blutversorgung des Herzmuskels Herzrhythmusstörungen verursachen und im Extremfall zu tödlichem Kammerflimmern, also zum plötzlichen Herztod führen.
So gelingt die entspannte Fußballübertragung
Aufs Fußballschauen verzichten muss dennoch niemand. Damit dies stressfrei gelingt, haben wir einige nützliche Tipps für Sie:
Generell sollten Menschen mit bekannten Herzproblemen darauf achten, gut auf ihre Medikamente eingestellt zu sein. Nutzen Sie das bevorstehende Ereignis als Anlass, um die Dosierung und Zusammenstellung Ihrer Arzneimittel von Ihrem Arzt überprüfen zu lassen. Eine praktische Hilfe, um dabei den Überblick zu behalten, ist der kostenlose Medikamenten-Pass der Deutschen Herzstiftung.
Stellen Sie sich vor, ein Fußball-Profi würde sich kurz vor einem wichtigen Spiel den Bauch mit einem Festmenü vollschlagen. Die Leistungsfähigkeit auf dem Platz würde stark abnehmen und der Spieler könnte das Spiel kaum durchstehen. Ähnliches gilt für das Zuschauen am Fernseher, wo fettreiche, schwer verdauliche Mahlzeiten den sowieso schon gestressten Körper zusätzlich strapazieren und das Herz-Kreislauf-System möglicherweise überlasten. Unser Ratschlag: Nutzen Sie die EM-Zeit für eine Ernährungsumstellung, mit der Sie Ihre Herzgesundheit verbessern können.
Bereiten Sie für den kleinen Hunger zwischendurch frisches Obst und Rohkost vor. Ein guter Tipp sind knackige Gemüseschnitze mit leckeren Dips aus der mediterranen Küche (zum Beispiel der frische Quark-Dip oder der Paprika-Dip aus dem Herzstiftungs-Kochbuch). Auf diese Weise können Sie während der Spiele genussvoll und abwechslungsreich knabbern, ohne Ihren Körper mit Salzbergen und unnötigen Kalorien zu belasten.
Bauen Sie in besonders spannenden Spielphasen eine innerliche Distanz zum Spielgeschehen auf. Sagen Sie sich bewusst, dass Fußball nur ein Spiel ist, auch wenn dies manch hartgesottener Fußballfan anders sehen mag. Setzen Sie sich während des Elfmeterschießens zum Beispiel symbolisch eine Reihe weiter nach hinten vom Fernseher weg.
Gerade in Stresssituationen neigt der Mensch zum Luftanhalten. Versuchen Sie daher, in spannenden Spielphasen ruhig und gleichmäßig zu atmen, was zur Entspannung und somit zur Senkung des Blutdrucks sowie der Herzfrequenz beitragen kann. Informationen zur Technik des kontrollierten Atmens und zu weiteren Entspannungsmethoden finden Sie in der Expertenschrift Entspannungstechniken bei hohem Blutdruck.
Auch wenn Bier und Fußball für viele Fans untrennbar miteinander verbunden sind – zu viel Alkohol kann den Blutdruck erhöhen. Der Herzmuskel muss das Blut dann gegen einen hohen Widerstand in die Blutgefäße pressen, was oft eine enorme Belastung für das Herz darstellt. Regelmäßiger Alkoholkonsum, selbst in geringen Mengen, steigert das Risiko für Vorhofflimmern – selbst bei gesunden Menschen ohne Vorerkrankungen. Schon geringe Mengen Alkohol können Zellen und Organe wie das Herz schädigen sowie das Entstehen von Krebs begünstigen. Wer Alkohol dennoch trinken mag, sollte dies daher selten (nicht täglich) und nur in kleinen Mengen tun. Alkohol zur kardiologischen Prävention - Stichwort "Rotwein fürs Herz" - sollte nicht mehr empfohlen werden.
Beteiligen Sie sich in der Halbzeitpause nicht an ausufernden Diskussionen darüber, ob der Schiedsrichter schlecht gepfiffen hat oder der Spielstand eigentlich schon viel höher sein müsste. Machen Sie stattdessen einen kurzen Spaziergang ums Haus und verringern Sie so die Anspannung.
Mangelnde Bewegung zählt zu den größten Risikofaktoren für Herzinfarkte und andere Herzerkrankungen. Nutzen Sie den Schwung der aktuellen Fußballspiele und machen Sie sich mit Ihren Freunden fit für die nächsten Spiele. Stellen Sie sich für jeden Tag ein interessantes Bewegungsprogramm zusammen. Wenn Sie zum Beispiel gerne mit Ausdauersport beginnen möchten, dann empfehlen wir Ihnen dafür unsere bewährten Tipps zum Einstieg in den Ausdauersport.
Im Notfall 112 rufen
Wenn Sie ein Fußballspiel in der Gruppe gucken und jemand während des Zuschauens Beschwerden im Brustraum bekommt, die auf einen Herzinfarkt hindeuten, dann rufen Sie sofort den Notarzt 112. Besonders gefährlich wird es, wenn der Betroffene zunächst abwarten will, ob die Beschwerden wieder von allein weggehen. Beim Herzinfarkt zählt jede Minute!
Experte
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Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.
Unsere Informationsmaterialien
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KHK und Herzinfarkt (2020)
PDF: 8,62 MB -
Psychischer und sozialer Stress (2021)
PDF: 2,71 MB -
Herz außer Takt: Vorhofflimmern (2022)
PDF: 6,22 MB