Bei der Mehrheit der Vorhofseptumdefekte (ASD) ist heute keine Operation am offenen Herzen mehr erforderlich. Oft genügt ein kurzer Kathetereingriff, der vielfach nicht länger als 30 Minuten dauert. Immer wieder beeindruckend ist dabei, wie anschließend die körperliche Leistungsfähigkeit ansteigt und die erhöhte Infektanfälligkeit zurückgeht, die bei diesem Herzfehler häufig auftritt. Wichtig: Auch wenn akut keine Beschwerden vorhanden sind, bringt die Behebung des Defekts langfristig oft enorme Vorteile.
Was ist ein Vorhofseptumdefekt?
Bei einem Vorhofseptumdefekt findet sich zwischen den beiden Vorhöfen eine Öffnung, was wie bei den meisten angeborenen Herzfehlern auf einer Fehlentwicklung in der Frühschwangerschaft beruht (Vorhofseptum = Trennwand zwischen den beiden Vorhöfen). Wegen dieser fehlerhaften Öffnung kann Blut vom linken in den rechten Vorhof fließen. Je nach Größe der Öffnung wird das sauerstoffreiche Blut, das aus der Lunge kommt, dann nicht vollständig in den großen Blutkreislauf zur Versorgung der Organe gepumpt, sondern ein Teil des Blutes fließt fälschlicherweise unverbraucht durch den Defekt über den rechten Vorhof zur Lunge zurück, was schwerwiegende Folgen haben kann
Oft ist zum Beispiel wegen des nicht vollständigen Blutflusses in den großen Kreislauf die maximale körperliche Leistung im Vergleich zu Gleichaltrigen deutlich geringer. Zudem kann der zusätzliche Blutstrom in die Lunge einen gefährlichen Lungenbluthochdruck verursachen, der auf Dauer die empfindlichen Lungenäderchen schädigt. In vielen Fällen geht die Überdurchblutung der Lungenblutbahn auch mit einer vermehrten Neigung zu Atemwegsinfekten einher.
In welchen Fällen ein Vorhofseptumdefekt verschlossen werden sollte, hängt unter anderem von der Größe des Defekts ab. Wichtig ist vor allem, dass ein notwendiger Verschluss nicht unnötig hinausgezögert wird. Denn mit jedem Jahr, das verstreicht, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein wegen des Defekts aufgetretener Lungenhochdruck Spuren an den feinen Lungengefäßen hinterlässt. Bei der Entscheidung für einen möglichst zeitnahen Verschluss sollte zudem nicht vergessen werden, dass es kaum einen angeborenen Herzfehler gibt, der sich vom jüngsten Kindes- bis zum fortgeschrittenen Erwachsenenalter in so vielen Fällen problemlos und schonend beheben lässt wie ein Vorhofseptumdefekt.
Vorhofseptumdefekt auf welche Art verschließen lassen?
Die Art der Behandlung hängt bei einem Vorhofseptumdefekt vor allem davon ab, welche Unterform des Vorhofseptumdefekts vorliegt. Handelt es sich zum Beispiel um einen sogenannten Secundum-Typ, der mit 60 bis 70 Prozent die häufigste Variante aller Vorhofseptumdefekte darstellt, ist in den meisten Kliniken, die auf angeborene Herzfehler spezialisiert sind, der schonende Verschluss per Katheter die Therapie der ersten Wahl (soweit nicht gleichzeitig ein weiterer Herzfehler vorhanden ist oder andere medizinische Gründe dagegensprechen).
In welchen Fällen ist eine OP am offenen Herz erforderlich?
Ein Verschluss per Katheter kommt in der Regel nur bei einem Vorhofseptumdefekt vom Secundum-Typ in Frage. Handelt es sich dagegen um eine der übrigen drei Unterformen (Primum-, Sinus venosus- oder Sinus coronarius-Typ), bei denen der Defekt am Rand des Vorhofseptums liegt, ist wegen der daher schlechteren Befestigungsmöglichkeiten des Schirmchens am Vorhofseptum eine Operation am offenen Herzen erforderlich.
Bei einer solchen OP erfolgt der Verschluss des Defekts fast immer mit einem Patch (= kleiner Gewebelappen), wofür entweder körpereigenes Gewebe verwendet wird (zum Beispiel ein Teil des Herzbeutels = Perikard-Patch) oder gegebenenfalls auch ein dünnes Läppchen aus Kunststoff. Tipp: Bei der Operation muss nicht unbedingt eine Durchtrennung des Brustbeins erfolgen, ebenso kann der Zugang von der rechten Brustkorb-Seite stattfinden, wo die Narbe später weniger auffällt.
Wie viele Jahre hält der Verschluss eines Vorhofseptumdefekts?
Die Schirmchen, die bei einem Katheterverschluss eingesetzt werden, sind ebenso wie der chirurgische Patch-Verschluss auf einen lebenslangen Einsatz ausgelegt, das heißt, ein Wechsel und ein neuerlicher Eingriff sind praktisch nie erforderlich. Dies gilt auch, wenn der Eingriff im Kindesalter stattfindet, da ein Defekt, wenn er erst mal verschlossen ist, auch bei einem größer werdenden Herz nicht mitwächst. Früher wurden ab und zu Materialermüdungen beobachtet, woraufhin neue Schirmchen-Systeme entwickelt wurden, die nun einen anderen Aufbau haben und hierzulande mittlerweile fast ausnahmslos zum Einsatz kommen. Eine erwähnenswerte, wenn auch seltene Frühkomplikation ist das Scheuern des Schirmchen-Randes an benachbarten Strukturen, insbesondere an der Hauptschlagader (Aorta), was zu Einblutungen in den Herzbeutel führen kann und chirurgisch behandelt werden muss (tritt allerdings nur bei deutlich weniger als ein Prozent der Eingriffe auf).
Experte
Prof. Dr. med. Herbert E. Ulmer, stv. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V. Der Mediziner baute das Zentrum für herzkranke Kinder in Heidelberg mit auf und war 18 Jahre lang als dessen Ärztlicher Direktor tätig. Mittlerweile ist er im Ruhestand.