Wer zu hohe Cholesterinwerte hat, kommt um die Einnahme von lipidsenkenden Medikamenten oft nicht herum. Doch was, wenn diese nicht gut vertragen werden und zum Beispiel Muskelbeschwerden verursachen? Da klingen Berichte über „natürliche Alternativen“, wie sie gerade im Internet viel zu finden sind, verlockend. Meist werden dann auch entsprechende Nahrungsergänzungsmittel angeboten. Bei solchen Präparaten ist zum Beispiel von Phytosterinen die Rede, die gegen das tierische Cholesterin wirken sollen. Ist das möglich? Hier die Antwort unseres Experten.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut
Ich habe mit hohen Cholesterinwerten zu kämpfen. Die Verschreibung und Einnahme von täglich 10mg Atorvastatin hilft zwar, meine Werte einigermaßen gut in den Griff zu bekommen. Doch die Therapie bereitet mir Muskelschmerzen im Bein und in Schulter und Oberarm. In Kürze werde ich deshalb wieder beim Hausarzt vorsprechen. Kürzlich habe ich nun von einem natürlichen Mittel erfahren. Es wird dabei argumentiert, dass eine entsprechende Einnahme von Pflanzensterinen einen positiven Effekt in Bezug auf die Senkung des Cholesterinspiegels hat. Es geht um die tägliche Einnahme von täglich 3 Kapseln mit 1.500mg also 1,5-3 g. Da ich keine entsprechende Ausbildung habe, kann ich die Wirkungsweise der Pflanzensterine nicht nachvollziehen. Ist da etwas dran? (Claudia T., Remscheid )
Antwort des Experten
Sie sollten als allererstes die Muskelbeschwerden beim Arzt nochmals ansprechen. Denn grundsätzlich ist das Problem ernst zu nehmen. Häufig - bei neun von zehn Patienten - entpuppen sich allerdings doch andere Ursachen als die Statineinnahme als Grund für die Schmerzen. Eventuell könnten Sie zum Beispiel mit Ihrem Arzt vereinbaren, das Statin für wenigstens vier Wochen einmal wegzulassen. Bleiben die Muskelschmerze bestehen, liegt es mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht am Medikament. Und sollte sich doch das Atorvastatin als mögliche Ursache abzeichnen, gibt es inzwischen gutwirksame medikamentöse Alternativen wie eine Kombinationstherapie aus verschiedenen cholesterinsenkenden Substanzen in niedriger und besser verträglicher Dosis. In gemeinsamer Absprache lässt sich so eigentlich immer ein guter Weg finden.
Von der Einnahme eines Nahrungsergänzungsmittel mit Phytosterinen rate ich ab. Zwar gibt es Untersuchungen, wonach durch phytosterinhaltige Nahrungsmittel bei Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten eine gewisse Cholesterinsenkung erreicht werden kann. Das Ausmaß ist jedoch nicht vergleichbar mit dem Effekt eines Statins.
Mit etwa ein bis zwei Gramm Pflanzensterinen täglich kann zwar ein Effekt erreicht werden. Für einen therapeutisch bedeutsamen Effekt müssten allerdings unphysiologische Mengen eines solchen Lebensmittels verzehrt werden. Bei hohen Verzehrmengen gibt es sogar Hinweise, dass cholesterinsenkende Lebensmittel möglicherweise das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Diese Daten zu Phytosterinen lassen sich zudem nicht auf Nahrungsergänzungsmittel übertragen, die sie über das Internet oder einen Drogeriemarkt beziehen können. Diese Produkte unterliegen sehr weichen Kriterien, was die Konzentration und Qualität der Inhaltsstoffe angeht. Wirksamkeitsnachweise müssen überhaupt nicht belegt werden, wie das für zugelassene Medikamente streng geregelt ist. Reine Internetangebote sind hier nochmals besonders kritisch zu betrachten, da man hier überhaupt nicht sicher sein kann, was man letztlich kauft und einnimmt. Oft genug enthalten solche Präparate Verunreinigungen und sind sogar gesundheitsschädlich.
Was sind Phytosterine?
Phytosterine kommen nur in Pflanzen vor und zählen zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe, die vor allem in fettreichen pflanzlichen Nahrungsmitteln wie Soja-, Mais- und Rapsöl, Nüssen und Samen wie Sonnenblumenkerne oder Sesam enthalten sind. Sie zeigen strukturelle Ähnlichkeit mit dem körpereigenen Cholesterin und dem Cholesterin, das über tierische Produkte aufgenommen wird. In Untersuchungen haben diese Pflanzensterine im Darm die Cholesterinaufnahme hemmen können und einen leichten cholesterinsenkenden Effekt gezeigt.
Pflanzensterine, die als Zutat für "cholesterinsenkende Lebensmittel" wie Margarinen verwendet werden, sind in der Regel Konzentrate aus Pflanzenölen. Lebensmittel mit zugesetzten Pflanzensterinen müssen auch besonders gekennzeichnet werden. Valide Studien zum cholesterinsenkenden Effekt von Nahrungsergänzungsmittel, die Phytosterine enthalten, und zum Beispiel in Kapselform angeboten werden, gibt es nicht.
Experte
Univ.-Prof. Dr. med. Ulrich Laufs ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung. Professur für Kardiologie an der Universität Leipzig und Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig.
Unser Informationsangebot
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Hohes Cholesterin: Was tun? (2023)
PDF: 2,91 MB