Wie ernst ist der Herzfehler, der kürzlich bei einem unserer Enkelkinder festgestellt wurde?
Die Sprechstunden-Frage im Wortlaut:
Unsere drei Enkelkinder wurden vor Kurzem in der 32. Schwangerschaftswoche geboren. Die Drillinge – drei Jungen, davon ein Einling und zwei Zwillinge – sind noch im Kinderkrankenhaus, aber für ihr Alter gut entwickelt. Bei einem der Zwillinge (Geburtsgewicht 1960, jetzt 2300 Gramm) wurde nun folgende Diagnose gestellt: 5 Perimembranöser Ventrikelseptumdefekt (VSD, Loch in der Kammerscheidewand) mit einem Durchmesser von vier bis sechs Millimetern. Ärztlich wurde eine medikamentöse Therapie zur Herzentlastung vorgeschlagen und für die Zeit nach dem Klinikaufenthalt eine fachkardiologische Betreuung empfohlen. 5 Ein kleiner offener Ductus arteriosus Botalli, der nach ärztlicher Aussage unbedeutend sei und sich auswachse. 5 Mitralklappeninsuffizienz Grad I, nach ärztlicher Aussage ebenfalls unbedeutend. Können Sie uns Ratschläge zum weiteren Vorgehen geben? Sollten wir eine Zweitmeinung einholen? (Manfred K., München)
Experten-Antwort:
Die Wahrscheinlichkeit, dass angeborene Herzfehler auftreten, ist bei Mehrlingen, insbesondere nach künstlicher Befruchtung (In-vitro-Fertilisation, IVF), tatsächlich etwas höher als bei Einlingen. Den Ratschlägen und Empfehlungen, die Sie bezüglich des Herzbefundes bei einem der Zwillinge bekommen haben, möchte ich mich in vollem Umfang anschließen. Ein kleiner Ductus arteriosus Botalli bei einem kleinen Neugeborenen wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit in den ersten vier Lebenswochen spontan schließen. Eine Mitralklappeninsuffizienz Grad I ist in diesem Zusammenhang nicht als separater Herzfehler zu betrachten, sondern eine funktionelle Begleiterscheinung der vorliegenden Situation am Herzen. Eine spezielle Therapie ist hier nicht erforderlich. Der perimembranöse VSD ist mit einem Durchmesser von vier bis sechs Millimetern allerdings nicht so klein – das könnte für das Herz ohne unterstützende medikamentöse Therapie tatsächlich eine bedeutende Belastung darstellen. Der Verlauf muss vor allem anfangs kinderkardiologisch engmaschig kontrolliert werden, damit die Behandlung schnell an veränderte Verhältnisse angepasst werden kann. Über das weitere Vorgehen wird der Verlauf entscheiden, der allerdings nicht vorhersagbar ist. Da ein VSD der häufigste aller angeborenen Herzfehler ist, liegen hierzu zahlreiche verlässliche Erfahrungen vor. Mein Rat: Vertrauen Sie den Aussagen der Klinik und Ihres zukünftigen Kinderkardiologen. Eine Zweitmeinung müssen Sie meines Erachtens in diesem Fall nicht einholen.
Experte
Prof. Dr. med. Herbert E. Ulmer, stv. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V. Der Mediziner baute das Zentrum für herzkranke Kinder in Heidelberg mit auf und war 18 Jahre lang als dessen Ärztlicher Direktor tätig. Mittlerweile ist er im Ruhestand.