Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:
Ich habe einen angeborenen Herzfehler (Vorhofseptumdefekt, VSD) von circa 4,5 Millimetern Größe. Die letzte Kontrolluntersuchung liegt vier Jahre zurück. Damals hat mir mein Kardiologe vorgeschlagen, den Defekt mit einem sogenannten Schirmchen verschließen zu lassen. Da ich aber keine größeren Beschwerden oder Einschränkungen hatte, entschied ich mich dagegen. Vereinzelt waren Extrasystolen aufgetreten, die ich zwar bewusst wahrgenommen, nie aber als störend empfunden habe. Seit einer Woche habe ich nun durchgehend Extrasystolen – je nach „Stresslevel“ spüre ich sie mehr oder weniger stark. Sie sind allerdings in Ruhe ebenso spürbar wie bei Anstrengung. Das Elektrokardiogramm (EKG) beim Hausarzt zeigte zehn Extrasystolen innerhalb einer Minute, der Sinusrhythmus und die Blutwerte sind in Ordnung. Seit etwa fünf Tagen nehme ich eine Wirkstoffkombination zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen mit Kalium und Magnesium ein, verspüre aber leider keine Besserung. Die Blutwerte zeigen auch nicht, dass ein Mangel an Kalium oder Magnesium vorliegen würde. Bei meinem Kardiologen bekomme ich erst in etwa einem Monat einen Kontrolltermin, da es sich laut Hausarzt nicht um einen „Notfall“ handele. Ich mache mir nun aber doch Sorgen, dass aufgrund meiner Vorerkrankung mehr dahinterstecken könnte. (Klaus M., Landau)
Expertenantwort:
Mit einem Durchmesser von weniger als fünf Millimetern ist Ihr Kammerscheidewanddefekt (VSD) auch nach kardiologischen Kriterien als „klein“ einzustufen. Andererseits kommt es bei der Bewertung eines derartigen Defekts nicht allein auf seine Größe, sondern auch darauf an, wo er in der Kammerscheidewand (Septum) sitzt. Ist er beispielsweise hochsitzend, spitzennah oder hat er Kontakt mit einer Herzklappe? Davon kann eine (Langzeit-)belastung für das Herz wesentlich abhängen – und daraus kann sich unter anderem auch die Entscheidung für das weitere Vorgehen ergeben. Sitzt ein fünf Millimeter kleiner VSD mitten im muskulären Bereich des Septums und ist der Druck im rechten Herzen nicht erhöht, ergibt sich nach den heute gültigen Kriterien keine Notwendigkeit für einen Verschluss – weder chirurgisch noch interventionell, also mit einem Schirmchen. Beides würde an Ihrem Allgemeinzustand nichts verändern.
Extrasystolen sind der häufigste Grund für einen (gelegentlich) unregelmäßigen Herzschlag. Sie können viele unterschiedliche Ursachen haben. Jeder Mensch – ob mit oder ohne Herzfehler – kann von Extrasystolen immer einmal wieder betroffen sein. Es ist somit davon auszugehen, dass die von Ihnen beschriebene Erscheinung am ehesten nichts mit Ihrem angeborenen Herzfehler zu tun hat. Die nachgewiesene Häufigkeit der Extrasystolen (rund zehn pro Minute) ist allerdings in einer Größenordnung, die nicht ausschließen lässt, dass es in bestimmten Situationen zu bedeutenderen Störungen des Herzrhythmus kommen könnte. Eine Untersuchung bei einem Kardiologen, die ein Langzeit-EKG und beispielsweise eine Bestimmung der Schilddrüsenfunktion beinhalten sollte, halte ich daher für angezeigt. Mir persönlich wäre in dieser Situation ein Termin in rund einem Monat auch zu lange. Am besten ist es, Sie sprechen noch einmal bei Ihrem Kardiologen vor. Oder Sie lassen diese vergleichsweise einfachen Untersuchungen ausnahmsweise in einer Klinikambulanz für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler als sogenannte Zweitmeinung durchführen.
Experte
Prof. Dr. med. Herbert E. Ulmer, stv. Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung e. V. Der Mediziner baute das Zentrum für herzkranke Kinder in Heidelberg mit auf und war 18 Jahre lang als dessen Ärztlicher Direktor tätig. Mittlerweile ist er im Ruhestand.