Sprechstundenfrage

Schneller Puls bei Kindern: Was steckt dahinter?

Ein beschleunigter Puls schon bei leichter Belastung kann auf Herzrhythmusstörungen hinweisen. Erfahren Sie, welche Untersuchungen sinnvoll sind.

Die Sprechstundenfrage im Wortlaut:

Unser zwölfjähriger Sohn hat seit ungefähr einem Jahr in unregelmäßigen Abständen wiederholt für 15 bis 30 Sekunden einen stark beschleunigten Puls. Dies passiert nach beziehungweise während leichter bis mittelschwerer körper­licher Belastung, zum Beispiel im Wohnzimmer den Ball hin- und herwerfen, im Garten Fußball spielen, Schulschwimmen oder 800-Meter-Lauf im Schulsport. Unser Sohn ist von einem Kinderkardiologen bereits mit Ruhe-, Belastungs- und 24-Stunden-EKG sowie Ultraschall ohne Befund untersucht worden. Trotzdem bleiben die Beschwerden und belasten unseren Sohn sehr. Auch sind wir sehr unsicher, ob dieser erhöhte Herzschlag ungefährlich ist und ob unser Sohn weiterhin Sport treiben kann. Er möchte unbedingt in einen Fußballklub eintreten. (Thilo S., Flöha)

Expertenantwort:

Die bei Ihrem Sohn auftretenden Symptome sind recht typisch für das Vorliegen einer Herzrhythmusstörung in Form eines kurzen Herzrasens, einer sogenannten Tachykardie, wie Ihnen Ihr Kinderkardiologe sicher bereits erklärt hat. Die körperliche Belastung, häufig auch die Phase der Erholung unmittelbar nach der Belastung, wirken als Auslöser für diese Zustände. Zur Tachykardie kommt es aber nur, wenn das Herz in diesem Augenblick bereit ist, auf den Auslöser in dieser Weise zu reagieren. Daher gelingt es manchmal nicht, ein EKG genau dann abzuleiten, wenn die Tachykardie auftritt. Ohne eine Darstellung im EKG lässt sich aber kaum eine zuverlässige Diagnose stellen und beurteilen, ob eine Behandlung nötig ist.
Hierzu gibt es jedoch eine Alternative. Sind die Zustände bei Ihrem Sohn subjektiv sehr belastend, beängstigend oder mit bedrohlichen Symptomen verbunden, kann in einem nächsten Schritt ein sogenannter Event-Loop-Recorder eingesetzt werden. Es handelt sich dabei um ein kleines elektronisches Gerät, etwa von der Größe eines kleinen, flachen USB-Sticks, das im Bereich des linken Brustmuskels unter die Haut eingebracht wird. Hierzu ist zwar ein kleiner Hautschnitt erforderlich, aber keine Drähte oder Kabel. Die Aktivitäten der Kinder sind dadurch nach ein bis zwei Tagen so gut wie nicht mehr eingeschränkt. Das kleine Gerät ist nur bei sehr grazilen Kindern als kleine Erhebung unter der Haut wahrzunehmen.
Dieser Event-Loop-Recorder kann kontinuierlich über Tage, Wochen oder Monate das EKG aufnehmen und zuvor festgelegte Auffälligkeiten abspeichern. Diese Speicherungen lassen sich jederzeit, zum Beispiel nach subjektiv empfundenen Ereignissen, von außen auslesen und als EKG schreiben. Ist die gesuchte Herzrhythmusstörung auf diese Weise diagnostiziert, kann über die Notwendigkeit und die Art einer Behandlung entschieden werden. Diese dia­gnostische Methode hat sich gerade bei Kindern und älteren Menschen als sehr hilfreich erwiesen. Danach kann der Event-Loop-Recorder auf einfache Weise wieder entfernt werden.
Ihr Kinderkardiologe hat von dieser Methode mit Sicherheit schon gehört. Vielleicht sprechen Sie ihn bei Ihrem nächsten Besuch darauf an.

Experte

Prof. Dr. med. Herbert E. Ulmer
Prof. Ulmer