Wenn Sie zu den Menschen gehören, die hin und wieder unter Angina pectoris-Beschwerden leiden (anfallsartige Schmerzen im Brustraum), wird Sie unsere heutige Sprechstunden-Anfrage interessieren, die wir kürzlich bereits in der Zeitschrift HERZ HEUTE abgedruckt haben und hier noch einmal aufgreifen wollen. Die interessante Frage lautete, ob man bei einer Angina pectoris statt Nitrotabletten wegen der Bildung freier Radikale lieber Calciumantagonisten einnehmen sollte?
Die Sprechstunden-Frage im Wortlaut:
Nach einer Bypass-Operation im Jahre 1987 und mehreren Stentbehandlungen wurde ich seit vielen Jahren mit langwirkenden Nitraten versorgt: Corangin 30 mg morgens/mittags und Corvaton 8 mg abends. Bei der letzten Routineuntersuchung hat mein neuer Kardiologe seine Bedenken geäußert, dass die Nitrotabletten freie Radikale bilden könnten, und geraten, diese probeweise durch Calciumantagonisten zu ersetzen. Er schlug Amlodipin vor. Nun meine Frage: Liegen Ihnen Untersuchungsergebnisse oder Erkenntnisse vor, die einen Wechsel von Nitropräparaten auf Calciumantagonisten ratsam erscheinen lassen? (Jonas S., Plessa)
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Experten-Antwort:
In der Therapie der chronischen koronaren Herzerkrankung gemäß den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie sowie der European Society of Cardiology sind sowohl Nitrate als auch Calciumantagonisten zur Vorbeugung von Angina pectoris-Anfällen geeignet. Sie verbessern allerdings nicht die Prognose.
Bei der Langzeittherapie mit Nitraten kann es jedoch zu einer Gewöhnung kommen, welche als Nitrattoleranz bezeichnet wird. Der genaue Mechanismus ist noch nicht aufgeklärt: Vermutet wird u. a. eine vermehrte Bildung von freien Radikalen in den Gefäßen, welche die gefäßerweiternde Wirkung der Nitrate abschwächt. Die Nitrattoleranz ist für alle Medikamente in der Gruppe der Nitrate beschrieben, ebenso, wenn auch etwas weniger ausgeprägt, für Molsidomin*. Um diese Gewöhnung zu vermeiden, wird von den Fachgesellschaften empfohlen, eine tägliche Nitratpause von etwa 12 Stunden einzuhalten.
* Wagner F et al., Differences in the antiischaemic effects of molsidomine and isosorbide dinitrate (ISDN) during acute and shortterm administration in stable angina pectoris. Eur Heart J. 1991 Sept; 12(9): 994–999
Leichter Vorteil für Amlodipin bei Angina pectoris
In einer klinischen Studie wurden Isosorbidmononitrat (20–25 mg/Tag) und Amlodipin direkt verglichen (5–10 mg/Tag). Hier zeigte sich ein leichter Vorteil der Therapie mit Amlodipin im Bezug auf die Häufigkeit von Angina pectoris-Anfällen**.
** Hall R., Chong C., A double-blind, parallel-group study of amlodipine versus long-acting nitrate in the management of elderly patients with stable angina. Cardiology. 2001; 96(2): 72–77
Fazit:
Der Wechsel von Nitraten auf den Calciumantagonisten ist demnach durchaus empfehlenswert, insbesondere, da die von Ihnen beschriebene Gabe von Corangin 30 mg morgens/mittags und Corvaton 8 mg abends – auch wenn dies übliche Praxis ist - die Nitratpause nicht sicher gewährleistet***.
*** T. Eschenhagen, Herztherapeutika. In: Arzneiverordnungs-Report 2007, Springer Berlin Heidelberg 2008
Experte
Prof. Dr. med. Rainer Böger Institutsdirektor vom Institut für Klinische Pharmakologie und Toxikologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf.
Hatte in 2008 Bypass Op. In 2009 waren von 4 Bypässen 3 verschlossen. Habe Ranexa bekommen. 2x täglich 750 mg. Und Nitroglyzerin Spray zur Vorsorge.Hatte noch nie Angina Pectoris. In der Zwischenzeit habe ich 1x Ranexa von 2 Tabletten abgesetzt. Die eine Ranexa soll ich auch noch absetzen.Hatte Herzinfarkt, Bluthochdruck, Diabetes , Stoffwechsel und Polyneuropathie Nervenentzündung in den Beinen hier bekomme ich Medikationen. Insgesamt 10 Tabletten täglich.
Habe bei Belastung Schmerzen im oberen Brustbereich. Hatte 2014 eine Bypass-OP. Nehme bei Schmerzen Nitrospay und Ranexa früh und abends je eine. Gibt es dazu Alternativen?
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Für Fragen zu diesem Thema können Sie am einfachsten die Sprechstunde der Herzstiftung nutzen, da unsere Herzexperten an dieser Stelle keine Nachfragen beantworten können. Alles Gute und herzliche Grüße! Ihre Deutsche Herzstiftung