Einige Studien hatten in der Vergangenheit vermuten lassen, dass die Umstellung auf Sommer- oder Winterzeit das Herz belastet. Besonders die „verlorene“ Stunde Schlaf im Frühjahr galt als möglicher Auslöser für mehr Herzinfarkte. Die Ergebnisse einer aktuellen Untersuchung entkräften diesen Verdacht nun deutlich: Die Zeitumstellung – egal ob im Frühjahr oder Herbst – hat demnach keine messbaren Auswirkungen auf die Häufigkeit oder den Verlauf von Herzinfarkten.
Große US-Studie mit fast 170.000 Menschen
Ein Forschungsteam der US-amerikanischen Duke University wertete für ihre Studie die Daten aus dem National Cardiovascular Data Registry aus – einer der größten Herzinfarkt-Datenbanken weltweit. Untersucht wurden die Informationen zu 168.870 Patientinnen und Patienten, die zwischen 2013 und 2022 wegen eines Herzinfarkts in Kliniken behandelt wurden. Die Forschenden verglichen, wie häufig Herzinfarkte eine Woche vor, während und eine Woche nach der Zeitumstellung auftraten – sowohl im Frühjahr (Einführung der Sommerzeit) als auch im Herbst (Rückkehr zur Winterzeit).
Ergebnis: Kein Anstieg der Herzinfarkte
Das Resultat, das sie vor kurzem publizierten, ist eindeutig: Es gab keine relevanten Unterschiede in der Zahl der Herzinfarkte zwischen den Wochen der Zeitumstellung und den Vergleichswochen davor oder danach.
- Während der Frühjahrsumstellung wurden 28.678 Herzinfarkte registriert – nahezu gleich viele wie in der Woche davor (28.596) oder danach (28.169).
- Auch bei der Herbstumstellung blieb die Zahl konstant: 27.942 Fälle während der Umstellungswoche, verglichen mit 27.365 in der Vorwoche und 28.120 in der Woche danach.
Ebenso zeigten sich keine Unterschiede in der Sterblichkeit oder in Komplikationen wie Schlaganfällen, Reanimationen oder notwendigen Gefäßeingriffen (z. B. Stents, Bypassoperationen).
Warum widersprechen die neuen Daten früheren Studien?
Ältere Untersuchungen hatten noch einen Anstieg von bis zu 24 Prozent bei Herzinfarkten direkt nach der Zeitumstellung beobachtet. Die Autoren der neuen Studie vermuten, dass diese Unterschiede vor allem auf kleinere Fallzahlen in diesen Studien zurückzuführen sind. Die neue Untersuchung umfasst hingegen zehn Jahre und fast 170.000 Fälle. Außerdem habe sich die Herzinfarktbehandlung in den letzten Jahren stark verbessert und der veränderte Lebensrhythmus vieler Menschen – etwa durch Homeoffice oder flexiblere Arbeitszeiten – könne ebenfalls dazu beitragen, dass der Körper sich leichter an die Zeitumstellung anpasse, vermuten die Wissenschaftler.
Lediglich im Frühjahr 2020 stieg auch in der neuen Studie die Zahl der Herzinfarkte vorübergehend um rund 20 Prozent. Dieser Zeitraum fiel jedoch genau mit dem Beginn der COVID-19-Pandemie zusammen und wird daher nicht der Zeitumstellung zugeschrieben.
Fazit für Herzpatientinnen und -patienten
Die aktuelle Analyse liefert beruhigende Nachrichten: Die Umstellung auf Sommer- oder Winterzeit beeinflusst weder das Risiko für einen Herzinfarkt noch die Überlebenschancen im Krankenhaus. Dennoch bleibt der Rat, in den Tagen nach der Zeitumstellung auf den Körper zu hören – vor allem, wenn ungewohnte Beschwerden auftreten. Und: Ein regelmäßiger Schlafrhythmus bleibt für die Herzgesundheit wichtig.
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Daylight Savings Time and Acute Myocardial Infarction; JAMA Network Open 2025; doi:10.1001/jamanetworkopen.2025.30442
Experte
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Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.