Patienten mit Typ-2-Diabetes und Übergewicht haben ein hohes Risiko, auch eine Herzschwäche zu entwickeln. Häufig liegt bei ihnen eine Herzschwäche mit erhaltener systolischer Funktion vor. Das heißt: das Herz kann zwar noch normal pumpen, aber es entspannt sich zwischen den Schlägen nicht richtig, sodass das Befüllen mit nachfließendem Blut nicht gut funktioniert.
Bisher gibt es für diese Form (abgekürzt in der Medizin mit HFpEF) allerdings keine zufriedenstellende medikamentöse Therapie. Die Patienten haben infolge der Herzinsuffizienz meist erhebliche Beschwerden und auch eine insgesamt verkürzte Lebenserwartung.
Derzeitige Therapie bei HFpEF
In den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC, 2023) werden zur Behandlung von Patienten mit HFpEF vor allem Diuretika und die SGLT2-Inhibitoren Dapagliflozin/Empagliflozin empfohlen, außerdem sollten vorhandene kardiovaskuläre und nicht-kardiovaskulären Begleiterkrankungen entsprechend behandelt werden.
Neue Studie weckt Hoffnung
Eine große US-amerikanische Studie, an der auch Wissenschaftler vom Deutschen Herzzentrum der TU München beteiligt waren, hat nun die Wirkung der Medikamente Semaglutid und Tirzepatid speziell bei Patienten mit HFpEF ausgewertet. Beide Substanzen gehören zu den modernen Wirkstoffklassen der sogenannten GLP-1-Rezeptoragonisten und dualen GLP-1-/GIP-Rezeptoragonisten. Diese wurden ursprünglich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt und werden heute auch beim Abnehmen eingesetzt. Für offizielle Empfehlungen zum Einsatz bei Herzschwäche-Patienten reichen die Daten bislang allerdings nicht aus.
Die Forschenden werteten für ihre Studie die Daten von insgesamt über 90.000 Menschen aus drei US-Versicherungsdatenbanken aus. Sie verglichen dabei zum einen die Wirkung bei Anwendung von Semaglutid und Tirzepatid mit der Wirkung bei Anwendung des Antidiabetikums Sitagliptin und zum anderen auch die beiden Rezeptoragonisten gegeneinander.
Die wichtigsten Ergebnisse in Kürze:
- weniger Krankenhausaufenthalte und Todesfälle: Patienten, die Semaglutid oder Tirzepatid erhielten, hatten ein um mehr als 40 Prozent niedrigeres Risiko, wegen der Herzschwäche ins Krankenhaus zu müssen oder zu sterben, verglichen mit Sitagliptin.
- ähnliche Wirksamkeit: Zwischen Semaglutid und Tirzepatid zeigte sich kein bedeutender Unterschied in der herzschützenden Wirkung.
- Verträglichkeit: Es zeigte sich kein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen. Die bekannten gastrointestinalen Beschwerden wie Übelkeit oder Erbrechen traten nicht häufiger auf als in der Kontrollgruppe.
Was bedeute das für Herzschwächepatienten?
Diese Studie könnte die Behandlung von Patienten mit HFpEF, Übergewicht und Diabetes grundlegend verändern. Die positiven kardiovaskulären Effekt waren bereits ab dem dritten Monat zu verzeichnen – noch bevor ein bedeutsamer Gewichtverlust eintrat. Die kardioprotektive Wirkung beider Medikamente Semaglutid und Tirzepatid war letztlich so ausgeprägt, dass die Substanzen eine Zulassungserweiterung erhalten könnten. Übergewichtige Patienten mit Typ-2-Diabetes und Zeichen der Herzinsuffizienz mit erhaltener systolischer Funktion könnten dann künftig bevorzugt mit einem dieser Medikamente behandelt werden.
Hinzu kommt: Auch übergewichtige Patienten mit HFpEF ohne Diabetes scheinen nach aktueller Studienlage von einer Behandlung mit diesen modernen Substanzen zu profitieren. Darauf deuten Ergebnisse der im Jahr 2024 veröffentlichten SUMMIT-Untersuchung (Tirzepatid) und der im Jahr zuvor publizierten STEP-HFpEF-Studie (Semaglutid).
- Semaglutide and Tirzepatide in Patients With Heart Failure With Preserved Ejection Fraction, JAMA August 2025, DOI:10.1001/jama.2025.14092
- Tirzepatide for Heart Failure with Preserved Ejection Fraction and Obesity, NEJM November 2024; DOI: 10.1056/NEJMoa241002
- Semaglutide in Patients with Heart Failure with Preserved Ejection Fraction and Obesity, NEJM August 2023, DOI: 10.1056/NEJMoa2306963
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Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.
