Moderate Ausdauerbewegung, zu der auch Schwimmen gehört, wird zum Beispiel Patienten mit Vorhofflimmern explizit empfohlen, da es die Anfallshäufigkeit reduzieren kann. Wie aber ist dann zu erklären, dass es beim Baden im Meer plötzlich zu Extraschlägen kommt, wie es einem Patienten passiert ist? Lesen Sie dazu die Antwort unseres Experten.
Die Sprechstundenfrage im Wortlaut
Seit meiner Jugend leide ich (64) unter Extraschlägen des Herzens, die laut Arzt aber medizinisch nicht bedeutend sind. Nun waren wir allerdings kürzlich im Urlaub am Meer. Nachdem ich mich langsam an die noch kühle Wassertemperatur herangetastet hatte und mich auf das Baden freute, musste ich meinen Schwimmversuch abrupt abbrechen. Ich bekam plötzlich und unterbrochen Extrasystolen, die mich doch sehr verängstigt haben. Sobald ich allerdings aus dem Wasser war, und sei es nur mit dem Oberkörper, war der Spuk wieder vorbei. Ich habe es dann noch einige Male versucht. Aber es war jedes Mal das Gleiche: Sobald ich mit der Brust unter Wasser war, fing mein Herz an zu stolpern und schließlich zu rasen. Interessanterweise passiert das unter der kalten Dusche nicht. Wie gefährlich sind nun diese Rhythmusstörungen beim Baden für mich? (Konrad W., Coburg)
Experten-Antwort
Das von Ihnen beschriebene Phänomen hat vermutlich mit der niedrigen Temperatur in Kombination mit dem Druck des Wassers – dem sogenannten hydrostatischen Druck – auf Ihren Körper zu tun. Dieser steigt, je mehr Partien Ihres Körpers unter die Wasseroberfläche gelangen. Der Druck sorgt dafür, dass es zu einem deutlich verstärkten Rückstrom venösen Blutes aus der Peripherie des Körpers in die Mitte führt – also zum Herzen. Das muss dann entsprechend mehr arbeiten. Das kalte Wasser bewirkt darüber hinaus, dass sich die peripheren Gefäße (in Armen und Beinen) zusammenziehen und das verstärkt den Rückfluss des Blutes noch zusätzlich. Ausgleichsmechanismen des Organismus werden nahezu verhindert, solange sich der Körper im kalten Milieu befindet.
Zunächst sollten Sie sich von dem Erlebten nicht verunsichern lassen, solange Herzbeschwerden oder Herzrasen nicht auch in anderen Situationen auftreten. Bei Ihrer nächsten kardiologischen Untersuchung sollten Sie dennoch einmal zur Sicherheit überprüfen lassen, wie die rechte Herzhälfte arbeitet und ob sich Stauungszeichen vor der rechten Herzhälfte im Ultraschall darstellen lassen. Denn auch dies wäre eine Erklärung für die heftigen Extrasystolen. Bei diesem Besuch lässt sich dann zugleich prüfen, ob sich neben den harmlosen Extrasystolen möglicherweise auch Vorhofflimmern entwickelt hat. Denn mit zunehmendem Alter treten leider häufiger Vorhofflimmeranfälle auf. Eine heftige Attacke, die ganz plötzlich beim Schwimmen etwa im Meer auftritt und mit Atemnot und einem Schwächeanfall einhergeht, kann dann nämlich durchaus kritisch werden.
Grundsätzlich sollten Sie sich jedoch das Schwimmen nicht nehmen lassen, wenn Ihnen der Arzt grünes Licht gibt. Vielleicht reicht es ja schon, wenn Sie es einmal vorsichtig in etwas wärmerem Wasser versuchen, da dies das Herz-Kreislauf-System weniger belastet.
Wichtig zu wissen: Thermalwasser ist meist schon wieder zu warm und kann die Herzleistung gerade bei einem ohnehin geschwächten Herzen ungünstig beeinflussen
Experte
Dr. med. Vinzenz Graf von Kageneck, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie.