Es gibt Tage, da können Gelenkschmerzen so stark sein, dass sie nur mit Schmerzmedikamenten auszuhalten sind. Doch nicht alle gebräuchliche Schmerzmittel wie Diclofenac oder Ibuprofen sind auch für jeden Betroffenen gleichermaßen geeignet. Gerade Herzpatienten sollten besonders vorsichtig sein, da die meisten gängigen, rezeptfreien Schmerzmedikamente das Risiko für Herzbeschwerden erhöhen. Erfahren Sie daher in der Herz-Sprechstunde, was Herzpatienten tun können und wann eine Kombination aus Gerinnungshemmern und Schmerzmedikamenten strikt verboten ist.
Ihre Sprechstunden-Frage
Nach einem Herzinfarkt muss ich regelmäßig Herzmedikamente einnehmen, darunter wegen meines Vorhofflimmerns auch den Gerinnungshemmer Eliquis. Ich weiß, dass ich sehr vorsichtig mit Schmerzmitteln umgehen muss, da sie das Herz weiter schädigen können. Doch welche Medikamente kann ich ohne Bedenken einnehmen, wenn es nicht anders geht? Ich hatte bereits mehrere Bandscheibenvorfälle und habe immer wieder starke Schmerzen. Bisher habe ich immer Ibuprofen eingenommen, doch kann ich das mit meinem Gerinnungshemmer kombinieren? Bitte helfen Sie mir. (Marianne H, Wiesbaden)
Experten-Antwort
Viele gängige und bekannte Schmerztabletten, die in der Apotheke ohne Rezept gekauft werden können, bergen Risiken für das Herz. Besonders Medikamente mit Wirkstoffen aus der Klasse der NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) wie Ibuprofen oder Diclofenac sind potenziell schädigend. Hintergrund ist, dass diese Substanzen ein bestimmtes Enzym (Cyclooxigenase-2) hemmen, wodurch vermehrt ein anderer Stoff im Körper namens Thromboxan A2 produziert wird. Das kann wiederum zu einem verstärkten Zusammenklebung der Blutplättchen und zu einer Verengung der Arterien führen. Diese Vorgänge sind die Erklärung dafür, dass Patienten mit einer eindeutigen Herzschwäche, durchaus aber auch Patienten mit Bluthochdruck und Arteriosklerose gefährdet sind, dass sich unter Einnahme solcher Substanzen die Herz-Situation verschlechtert.
Unter diesen Medikamenten gibt es auch einige, die den Wirkstoff Naproxen enthalten. Dieser hat zumindest nach einer Studie, die vor einigen Jahren durchgeführt wurde, unter diesen Substanzen wohl noch die geringsten Herz-Nebenwirkungen. Allerdings sollten Sie auch Naproxen zurückhaltend anwenden. Bei sehr starken Schmerzen könnten Sie z.B. mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen, ob Sie Naproxen (in allenfalls mittlerer Dosis) und im Wechsel mit dem Schmerzmedikamenten Novaminsulfon einnehmen dürfen.
Novaminsulfon hat gute schmerzstillende Eigenschaften, ist aber gegen die bei Gelenkbeschwerden häufig auftretenden Schwellungen deutlich weniger wirksam. Deswegen ist zur Schmerz- und abschwellenden Therapie im Akutfall die Einnahme eines NSAR nahezu unumgänglich, es sollte jedoch die Dosierung niedrig gehalten werden, was durch eine Kombination der Einnahme von Novaminsulfon im Wechsel mit niedrigdosierten NSAR am besten gelingt. Novaminsulfon muss der Arzt auf Rezept verordnen.
Bei starken Schmerzen ist zudem die Verordnung von Tilidin eine Option.
Auch die Kombination zwischen Gerinnungshemmern und Ibuprofen ist nicht strikt verboten. Allerdings ist zu bedenken, dass unter Ibuprofen, wenn es längere Zeit und/oder in höher Dosis eingenommen wird, häufiger Magenblutungen auftreten, die bei Einnahme eines Gerinnungshemmers dann gefährlich sein können. Das Risiko für Blutungskomplikationen erhöht sich zusätzlich mit dem Alter des Patienten und wenn bereits Verletzungen der Magenschleimhaut vorliegen. Da natürlich auch Patienten, die auf die Einnahme von Gerinnungshemmer angewiesen sind, nicht vor rheumatischen Erkrankungen oder schmerzhaft aktivierten Arthrosen geschützt sind, stehen Betroffene häufig vor dem Problem: Was tun? Eine Vorgehensweise unter Abwägen aller Risiken ist in solchen Fällen, Ibuprofen für 2-3 Tage in möglichst niedriger Dosis einzunehmen und auch hier zusätzlich das Schmerzmittel Novaminsulfon anzuwenden. Außerdem sollten Sie während der Zeit der Ibuprofen-Einnahme zum Magenschutz unbedingt Pantoprazol einnehmen.
Experte
Dr. med. Vinzenz Graf von Kageneck, Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie.
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Gerinnungshemmer (2022)
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