Sprechstundenfrage

Wie verlässlich ist das EKG einer Smartwatch bei Defi-Trägern?

Erfahren Sie, ob der Stromfluss bei einer EKG-Messung per Smartwatch den Defibrillator stört oder ob dessen Batteriebetrieb das EKG verfälscht.

Die Sprechstundenfrage im Wortlaut

Ich (63) bin seit knapp einem Jahr Träger eines Defibrillators mit Herzschrittmacher-Funktion. Vor kurzem habe ich eine schicke Smartwatch geschenkt bekommen, mit der ich auch ein EKG aufzeichnen kann. Nun bin allerdings unsicher, ob es durch mein implantiertes Gerät Störungen/Artefakten bei der EKG-Aufzeichnung geben könnte. Außerdem möchte ich gerne wissen, ob umgekehrt das elektrische Feld der Smartwatch, die ich ja täglich lange Zeit tragen würde, sich ungünstig auf den Defibrillator auswirken könnte. Es wird ja immer mal wieder auch auf mögliche Risiken durch moderne Smartphones hingewiesen. Denn ich möchte eine unnötige Schockabgabe wirklich vermeiden. Im Internet und bei den Smartwatch-Anbietern habe ich leider keine vernünftigen Aussagen gefunden. Daher wende ich mich heute an die Herzstiftung, ob Ihre Experten mir vielleicht bei diesen kniffligen Fragen helfen können. (Frank S. , München)

Experten-Antwort

Das elektrische Feld einer Smartwatch ist deutlich geringer als das eines Brustgurtes, der bei machen Sportuhren zur Pulsmessung eingesetzt wird. Für letztere existieren ausreichend Daten, die belegen, dass ein Brustgurt nicht mit einem Herzschrittmacher oder Defibrillator (ICD) interagiert. Man kann also meines Erachtens auch sicher ausschließen, dass eine Smartwatch einen Herzschrittmacher stört oder einen ICD unnötig zum Schocken bringt. Sie können somit Ihre Smartwatch gefahrlos verwenden.

Nach meinen Erfahrungen sind zudem die EKG, die Patienten mit implantiertem Defibrillator über eine Smartwatch aufzeichnen, gut verwertbar. Den Schrittmacher-Impuls sieht man oft nicht, aber die übliche Erregungsausbreitung, die sogenannten QRS-Komplexe, sieht man wie bei anderen Smartwatch-Nutzern. Theoretisch könnte ich mir zwar vorstellen, dass automatische Algorithmen in Smartwatches (z. B. zur Erkennung von Vorhofflimmern) öfter mal den Rhythmus falsch einschätzen, aber die EKG sind trotzdem in der Regel gut verwertbar.

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass kein Risiko besteht, dass eine Smartwatch weder einen Herzschrittmacher oder ICD negativ beeinflusst noch umgekehrt ein ungünstiger Effekt durch Herzschrittmacher oder ICD auf die EKG-Qualität zu erwarten ist. Ich halte es sogar für sinnvoll, wenn Patienten mit Herzschrittmacher oder ICD eine Smartwatch zur EKG-Aufzeichnung nutzen, z. B. um Rhythmusstörungen zu dokumentieren, die sonst nicht im implantierten Gerät abgespeichert würden (etwa ventrikuläre Tachykardien – also Herzrasen, das von den Herzkammern ausgeht, aber noch unterhalb der Detektionsfrequenz des implantierten Gerätes liegt). Ebenso kann damit der Rhythmus zum Zeitpunkt von Symptomen dokumentiert werden und so zum Beispiel Schrittmacher-bedingte Ursachen festgestellt werden, wie eine sogenannte Schrittmacher-vermittelten Tachykardie oder eine Überreaktion (Oversensing).

Experte

Privatdozent Dr. med. Carsten Israel
Bild von Privatdozent Dr. Med. Israel

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