Mit einer modernen Smartwatch lässt sich mittlerweile ein ziemlich genaues Elektrokardiogramm (EKG) erstellen und Vorhofflimmern erkennen. Die Aussagekraft der Auswertungen ist für die Nutzer jedoch nicht immer leicht erkennbar, weshalb zur Risikokontrolle – gerade bei Herzkranken – es ratsam ist, immer auch dem behandelnden Arzt die Smartwatch-Auswertung zu zeigen, wie der Herzexperte Prof. Dr. med. Thomas Meinertz in einer aktuellen Sprechstunden-Antwort noch einmal ausdrücklich betont.
Die Sprechstunden-Frage:
Ich habe eine Frage zum Thema Vorhofflimmern und Smartwatch. Sie haben in einer anderen Sprechstundenantwort ausgeführt, dass mit der Smartwatch ein Elektrokardiogramm erstellt werden könne, welches Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern erkennen kann. Möglicherweise ist Ihnen die Cardio-Fit Studie aus Australien (Universität Adelaide) bekannt, deren Ergebnissen zufolge eine Gewichtsreduktion und/oder körperliche Betätigung zu einer signifikanten Abnahme von Vorhofflimmern-Episoden führen kann. Nun möchte ich wissen: Kann die von Ihnen genannte Messmethode mit der Smartwatch nicht nur für die Feststellung des Vorhofflimmern, sondern auch zur Feststellung etwaiger Abnahme von dessen Episoden verwendet werde? Hintergrund meiner Frage ist der Umstand, dass ich zwar meine Gewichtsreduktion und Fitness subjektiv feststellen kann, jedoch die objektive Abnahme von Vorhofflimmern-Episoden für mich nicht auf Anhieb feststellbar ist. (Margarete M., Leverkusen)
Die Experten-Antwort:
Die Cardio-Fit-Studie ist mir gut bekannt. Die bereits vor einigen Jahren veröffentlichte Studie (J Am Coll Cardiol. 2015 Sep, 66 (9) 985–996) hat sehr eindrücklich gezeigt, wie sich mit einem individuellen Trainingsprogramm bei übergewichtigen Probanden das Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern senken lässt. Dabei wurden sowohl die durch Vorhofflimmern verursachten Beschwerden als auch ein durchgehender Sinus-Rhythmus in einem über sieben Tage aufgezeichneten Langzeit-EKG ausgewertet. Bei 66 % der Probanden mit schon zu Beginn gutem Trainingszustand als auch 12 % der Probanden mit anfangs schlechtem Trainingszustand ließen sich im Laufe von vier Jahren die Beschwerden durch die Rhythmusstörung vermeiden.
Natürlich kann eine Smartwatch auch dazu genutzt werden, eine solche Abnahme der Häufigkeit der Anfälle von Vorhofflimmern zu dokumentieren. Der Zusatznutzen digitaler Systeme ist inzwischen anerkannt und wird sogar explizit in den neuen ärztlichen Leitlinien zur Diagnose und Therapie von Vorhofflimmern erwähnt. Zur Verminderung der Häufigkeit dieser Anfälle kommt es allerdings nicht unmittelbar während oder nach der Gewichtsreduktion, sondern erst im Laufe von Monaten. Zu bedenken ist auch, dass eine Gewichtsabnahme nicht bei allen Patienten die Zahl der Vorhofflimmern-Anfälle mindert. Zur Beurteilung ihrer Vorhofflimmer-Situation – etwa ob sich die Anfallhäufigkeit verändert hat und was sich daraus für die Therapie ableiten lässt, sollten Sie daher auch immer ihren behandelnden Arzt mit einbeziehen.
Experte
- 60323 Frankfurt am Main
- info@herzstiftung.de
- www.kardiologie-meinertz-jaeckle.de/
Prof. Dr. med. Thomas Meinertz ist Kardiologe und Pharmakologe in Hamburg. Zu den Schwerpunkten des ehemaligen Vorsitzenden der Herzstiftung und langjährigen Direktors der Klinik und Poliklinik für Kardiologie und Angiologie des Universitären Herzzentrums Hamburg zählen insbesondere Herzrhythmusstörungen, die koronare Herzkrankheit und Herzklappen-Erkrankungen. Neben mehreren hundert wissenschaftlichen Fachpublikationen, die Prof. Meinertz für nationale und internationale Fachzeitschriften verfasst hat, ist der renommierte Kardiologe Chefredakteur der Herzstiftungs-Zeitschrift "HERZ heute" und Autor mehrerer Publikationen im Online-Bereich der Herzstiftung.